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Langfristdeckungsgrad: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei der notwendigen Aufbereitung der Daten für diese Kennzahl können auf bisherige Berechnungen aufgebaut werden. Das '''langfristige Fremdkapital''' kann zunächst für den Teil der Verbindlichkeiten direkt aus dem Verbindlichkeitenspiegel und der Pflichtangabe „über 5 Jahre Restlaufzeit“ entnommen werden. Schwieriger ist die Bestimmung bei den Rückstellungen, da hier Fristigkeitsangaben nicht im Abschluss gefordert werden. I.d.R. werden die Pensionsrückstellungen als langfristig, sonstige und Steuer-Rückstellungen als kurzfristig und passive latente Steuern als mittelfristig angesehen. Insbesondere die Klassifikation der sonstigen Rückstellungen kann jedoch falsch sein, da in bestimmten Branchen auch Rückstellungen für eventuelle Geldabflüsse zu bilden sind, die erst Jahre später eintreten, wie etwa Rückbauverpflichtungen. Daher ist hier eine genauere Aufteilung notwendig. Generell sind die aufbereiteten Werte bei der Berechnung zu verwenden, d. h. insbesondere die um stille Reserven/Lasten korrigierten Werte der Eigenkapital- und Gesamtvermögensaufbereitung sind zu verwenden. Es ergibt sich das Berechnungsschema:
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Bei der notwendigen Aufbereitung der Daten für diese Kennzahl können auf bisherige Berechnungen aufgebaut werden. Das '''langfristige Fremdkapital''' kann zunächst für den Teil der Verbindlichkeiten direkt aus dem Verbindlichkeitenspiegel und der Pflichtangabe „über 5 Jahre Restlaufzeit“ entnommen werden. Schwieriger ist die Bestimmung bei den Rückstellungen, da hier Fristigkeitsangaben nicht im Abschluss gefordert werden. I.d.R. werden die Pensionsrückstellungen als langfristig, sonstige und Steuer-Rückstellungen als kurzfristig und passive latente Steuern als mittelfristig angesehen. Insbesondere die Klassifikation der sonstigen Rückstellungen kann jedoch falsch sein, da in bestimmten Branchen auch Rückstellungen für eventuelle Geldabflüsse zu bilden sind, die erst Jahre später eintreten, wie etwa Rückbauverpflichtungen. Daher ist hier eine genauere Aufteilung notwendig. Generell sind die aufbereiteten Werte bei der Berechnung zu verwenden, d. h. insbesondere die um [[Stille_Reserve]]/[[Stille_Lasten]] korrigierten Werte der Eigenkapital- und Gesamtvermögensaufbereitung sind zu verwenden. Es ergibt sich das Berechnungsschema:
  
 
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Das '''langfristige Vermögen''' im Nenner ist ebenfalls zu Marktzeitwerten anzusetzen, was den Rückgriff auf die aufbereiteten Werte voraussetzt (Berechnung: Gesamtkapitalrentabilität). Zusätzlich zu den langfristigen Forderungen, die im Umlaufvermögen ausgewiesen sein können, sollten auch die langfristig betriebsnotwendigen Reserven an Vorräten und Kasse auch langfristig finanziert sein. Die konkrete Höhe der anzusetzenden Werte hängt von der Branche, der Schwankung des Kassenbestandes und eventueller Deckungszusagen der Banken ab.  
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Das '''langfristige Vermögen''' im Nenner ist ebenfalls zu Marktzeitwerten anzusetzen, was den Rückgriff auf die aufbereiteten Werte voraussetzt (Berechnung: [[Gesamtkapitalrentabilität]]). Zusätzlich zu den langfristigen Forderungen, die im Umlaufvermögen ausgewiesen sein können, sollten auch die langfristig betriebsnotwendigen Reserven an Vorräten und Kasse auch langfristig finanziert sein. Die konkrete Höhe der anzusetzenden Werte hängt von der Branche, der Schwankung des Kassenbestandes und eventueller Deckungszusagen der Banken ab.  
  
 
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Die häufig in [[Rating]]systemen verwendete Anlagendeckungsgrad (siehe auch [[Anlagendeckungsgrad_I]] bwz. [[Anlagendeckungsgrad_II]]) gibt an, in wie weit das Anlagevermögen durch langfristige Finanzierungsmittel gedeckt ist. Diese Kennzahl stellt auf die '''Fristenkongruenz''' der Finanzierung ab - die sogenannte Goldene Bilanzregel. Langfristig im Betrieb verbleibendes Vermögen sollte langfristig finanziert sein, sonst besteht die Gefahr, dass bei kurzfristigen Finanzierungsschwierigkeiten betriebsnotwendiges Anlagevermögen verkauft werden muss oder ggf. eine Liquiditätskrise eintritt.
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Die häufig in Ratingsystemen (vgl. [[Basel_II-Rating]]) verwendete Anlagendeckungsgrad gibt an, in wie weit das Anlagevermögen durch langfristige Finanzierungsmittel gedeckt ist (siehe auch [[Anlagendeckungsgrad_I]] bwz. [[Anlagendeckungsgrad_II]]). Diese Kennzahl stellt auf die '''Fristenkongruenz''' der Finanzierung ab - die sogenannte Goldene Bilanzregel. Langfristig im Betrieb verbleibendes Vermögen sollte langfristig finanziert sein, sonst besteht die Gefahr, dass bei kurzfristigen Finanzierungsschwierigkeiten betriebsnotwendiges Anlagevermögen verkauft werden muss oder ggf. eine Liquiditätskrise eintritt.
  
 
Problematisch ist, dass das HGB eine Trennung nach Fristigkeiten auf der Aktivseite der Bilanz nicht eindeutig vornimmt. Somit ist die Erwartung, dass das Anlagevermögen stets langfristig zu finanzieren sei, in der Praxis oft nicht notwendig. Dagegen ist aber auch die Erwartung, dass das Umlaufvermögen dementsprechend nur kurzfristig zu finanzieren ist, oft ebenso falsch, was schon an der Pflichtangabe der Forderungen mit einer Restlaufzeit über 5 Jahre deutlich wird. Daher erscheint es zumindest für die interne Betrachtung sinnvoller, den treffenderen Langfristdeckungsgrad zu ermitteln.
 
Problematisch ist, dass das HGB eine Trennung nach Fristigkeiten auf der Aktivseite der Bilanz nicht eindeutig vornimmt. Somit ist die Erwartung, dass das Anlagevermögen stets langfristig zu finanzieren sei, in der Praxis oft nicht notwendig. Dagegen ist aber auch die Erwartung, dass das Umlaufvermögen dementsprechend nur kurzfristig zu finanzieren ist, oft ebenso falsch, was schon an der Pflichtangabe der Forderungen mit einer Restlaufzeit über 5 Jahre deutlich wird. Daher erscheint es zumindest für die interne Betrachtung sinnvoller, den treffenderen Langfristdeckungsgrad zu ermitteln.

Version vom 8. Februar 2017, 15:20 Uhr

Definition

Langfristdeckungsgrad.jpg



Datenbeschaffung/Aufbereitung

Bei der notwendigen Aufbereitung der Daten für diese Kennzahl können auf bisherige Berechnungen aufgebaut werden. Das langfristige Fremdkapital kann zunächst für den Teil der Verbindlichkeiten direkt aus dem Verbindlichkeitenspiegel und der Pflichtangabe „über 5 Jahre Restlaufzeit“ entnommen werden. Schwieriger ist die Bestimmung bei den Rückstellungen, da hier Fristigkeitsangaben nicht im Abschluss gefordert werden. I.d.R. werden die Pensionsrückstellungen als langfristig, sonstige und Steuer-Rückstellungen als kurzfristig und passive latente Steuern als mittelfristig angesehen. Insbesondere die Klassifikation der sonstigen Rückstellungen kann jedoch falsch sein, da in bestimmten Branchen auch Rückstellungen für eventuelle Geldabflüsse zu bilden sind, die erst Jahre später eintreten, wie etwa Rückbauverpflichtungen. Daher ist hier eine genauere Aufteilung notwendig. Generell sind die aufbereiteten Werte bei der Berechnung zu verwenden, d. h. insbesondere die um Stille_Reserve/Stille_Lasten korrigierten Werte der Eigenkapital- und Gesamtvermögensaufbereitung sind zu verwenden. Es ergibt sich das Berechnungsschema:

Bilanzsumme (aufbereitet) (Berechnung: Eigenkapitalquote)
- Eigenkapital (aufbereitet) (Berechnung: Eigenkapitalquote)
- Sonstige Rückstellungen (soweit Erfüllung nicht > 5 Jahre) (aufbereitet)
- Steuer-Rückstellungen (soweit Erfüllung nicht > 5 Jahre) (aufbereitet)
- Verbindlichkeiten mit Restlaufzeiten bis 1 Jahr (aufbereitet)
- Verbindlichkeiten mit Restlaufzeiten 1 – 5 Jahr (aufbereitet)
- Rechnungsabgrenzungsposten
= Langfristiges Fremdkapital (aufbereitet)

Berechnungsschema für das langfristige Fremdkapital


Das langfristige Vermögen im Nenner ist ebenfalls zu Marktzeitwerten anzusetzen, was den Rückgriff auf die aufbereiteten Werte voraussetzt (Berechnung: Gesamtkapitalrentabilität). Zusätzlich zu den langfristigen Forderungen, die im Umlaufvermögen ausgewiesen sein können, sollten auch die langfristig betriebsnotwendigen Reserven an Vorräten und Kasse auch langfristig finanziert sein. Die konkrete Höhe der anzusetzenden Werte hängt von der Branche, der Schwankung des Kassenbestandes und eventueller Deckungszusagen der Banken ab.

Anlagevermögen
+/- Vermögenswirkung durch GFW-Nachaktivierung und Abschreibung mit ND 10 J. sowie durch Umstellung der GFW-Abschreibung auf ND 10 J.
+ nicht aktivierte selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 (2) HGB)
+ Stille Reserven in Grundstücken und Gebäuden
+ Aktivisch vorgenommene steuerliche Abschreibungen des GJ (§ 281 (2) HGB a.F.) (vor BilMoG bzw. bei Umstellung nicht aufgelöst)
+ Weitere stille Reserven in Technischen Anlagen und Maschinen
+ Weitere stille Reserven in anderen Anlagen und BGA
+ Stille Reserven in Finanzanlagen
+ Weitere stille Reserven im Anlagevermögen
- Bestandteile, die in weniger als 5 Jahren verkauft werden sollen
+ Forderungen mit einer Restlaufzeit über 5 Jahren
+ Langfristig betriebsnotwendige Reserven an Vorräten und Kassenbestand
= Langfristiges Vermögen (aufbereitet)

Aufbereitungsschema für das langfristige Vermögen



Interpretation

Die häufig in Ratingsystemen (vgl. Basel_II-Rating) verwendete Anlagendeckungsgrad gibt an, in wie weit das Anlagevermögen durch langfristige Finanzierungsmittel gedeckt ist (siehe auch Anlagendeckungsgrad_I bwz. Anlagendeckungsgrad_II). Diese Kennzahl stellt auf die Fristenkongruenz der Finanzierung ab - die sogenannte Goldene Bilanzregel. Langfristig im Betrieb verbleibendes Vermögen sollte langfristig finanziert sein, sonst besteht die Gefahr, dass bei kurzfristigen Finanzierungsschwierigkeiten betriebsnotwendiges Anlagevermögen verkauft werden muss oder ggf. eine Liquiditätskrise eintritt.

Problematisch ist, dass das HGB eine Trennung nach Fristigkeiten auf der Aktivseite der Bilanz nicht eindeutig vornimmt. Somit ist die Erwartung, dass das Anlagevermögen stets langfristig zu finanzieren sei, in der Praxis oft nicht notwendig. Dagegen ist aber auch die Erwartung, dass das Umlaufvermögen dementsprechend nur kurzfristig zu finanzieren ist, oft ebenso falsch, was schon an der Pflichtangabe der Forderungen mit einer Restlaufzeit über 5 Jahre deutlich wird. Daher erscheint es zumindest für die interne Betrachtung sinnvoller, den treffenderen Langfristdeckungsgrad zu ermitteln.

Erst aus der Gegenüberstellung von Vermögen als Mittelverwendung und Kapital als Mittelbeschaffung wird es möglich, die Fristenentsprechung beider Seiten im Hinblick auf ihre Liquiditätskonsequenzen beurteilen zu können. Der Langfristdeckungsgrad verdeutlicht somit, ob zwischen langfristiger Mittelverwendung und Mittelbeschaffung im Nettoeffekt der Bilanzbestände strukturelle Liquiditätsungleichgewichte vorliegen, die nachhaltig als finanzielle Belastung drohen. Diese langfristigen Deckungsrelation sind ein Ausdruck für die finanzielle Risikolage auf lange Sicht; sie verdeutlichen, inwieweit neben den ohnehin vorhandenen Markt-, Kosten- und technischen Risiken (siehe auch Risiko-Controlling)auch noch Fristenunabgestimmtheiten und Prolongationsrisiken seitens der Finanzierung (siehe auch Finanzcontrolling) bestehen, die die finanzielle Stabilität strukturell belasten. Bei der Interpretation der Kennzahl ist zu beachten, dass es sich um eine statische Größe an einem bestimmten Zeitpunkt handelt. Einerseits können vorhandene Kreditrahmen eine angezeigte Unterdeckung ggf. schnell ausgleichen, andererseits können Investitionsvorhaben oder langfristige Eventualverpflichtungen eine angezeigte Überdeckung auch schnell zunichtemachen.



Literatur

Lachnit, L.: Bilanzanalyse, Wiesbaden 2004

Müller, S./Brackschulze, K./Mayer-Fiedrich, D.: Finanzierung mittelständischer Unternehmen nach Basel III, München 2011.



Ersteinstellender Autor

Univ.-Prof. Dr. Stefan Müller

www.hsu-hh.de/abwl