Change Management
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Inhaltsverzeichnis
Der Begriff Change Management
Unter Change Management wird im Folgenden die bewusste, zielorientierte Gestaltung von geplanten organisationalen Veränderungsprozessen verstanden. Veränderungsprozesse stellen dabei – abstrakt ausgedrückt – den intendierten Wandel von Organisationen oder Organisationsteilen von einem heutigen Zustand A zu einem zukünftigen, gewünschten Zielzustand B dar.
Bedeutung von Change Management für Unternehmen
Die ausgesprochen hohe Dynamik in verschiedenen Feldern der Unternehmensumwelt erfordert einerseits eine Adaption des ökonomischen Handelns eines Unternehmens und löst damit organisationale Veränderungsprozesse aus. Unternehmen werden vor allem aufgrund nachstehender Tatbestände gezwungen, Veränderungen einzuleiten, um an den Märkten bestehen zu können:
• Schnelle und tiefgreifende Veränderungen in Produktions- und Produkttechnologien
• fortschreitende internationale mikro- und makroökonomische Verflechtungen, zunehmend auch weltüberspannende Wirkungsketten krisenhafter Ereignisse
• globale politische Veränderungen
• steigende Wettbewerbsintensitäten
• die Notwendigkeit zur Ökologisierung der Industrienationen
• demografische bzw. sonstige gesellschaftliche Wandlungsprozesse
Andererseits stellt das Gelingen geplanter Veränderungen keineswegs einen Automatismus dar. Eine Vielzahl von Studien kommt zu dem Ergebnis, dass intendierte Veränderungsprozesse mehrheitlich scheitern oder erheblich hinter den in sie gesetzten Erwartungen zurückbleiben [vgl. Plag 2012, S. 44 u. S. 47]. Aus der hohen Bedeutung der Veränderungsprozesse einerseits und der hohen Wahrscheinlichkeit ihres Scheiterns andererseits resultiert die Notwendigkeit, sich in Wissenschaft und Praxis systematisch mit Change Management auseinander zu setzen. Change Management kann also durchaus als Schlüsselkompetenz für das Überleben von Unternehmen angesehen werden.
Bedeutung von Change Management für Controller
Durch moderne Rollenbilder des Controllers als Consultant bzw. als Business-Partner ergibt sich, dass Change Management zu einer wichtigen Aufgabe für Controller wird. Zum einen erstreckt sich die Beratungsfunktion des Controllers auch auf die Unterstützung des Managements bei der Umsetzung zentraler Veränderungsprozesse. Controller sind häufig intensiv in umfassende Veränderungsprojekte des Managements eingebunden und beraten hierbei. Zum anderen ist der Controllerbereich mitunter selbst Gegenstand starker Veränderungen, die sich auf das Rollenbild des Controllers, seine Aufgaben, die verwendeten Instrumente und die hierfür erforderlichen Fähigkeiten/Qualifikationen sowie die Organisation des Controllerbereichs beziehen können. Damit wird Change Management insgesamt zu einer ausgesprochen wichtigen Aufgabe für Controller.
Widerstände in Veränderungsprozessen
Würden im Veränderungsprozess keine Barrieren auftauchen, wäre das Change Management obsolet und der Veränderungsprozess würde sich ohne Friktionen und ohne weiteres Zutun auf den Zielzustand zubewegen. Er verhielte sich ähnlich einem Gegenstand, der im Weltraum – einmal in Richtung eines Zieles angeschoben – ohne atmosphärische Reibung oder Gravitationskräfte diesem Ziel ungebremst entgegenfliegt. Somit geht es beim Change Management darum, die Veränderungsziele gegen Barrieren bzw. Widerstände durchzusetzen. Es muss herausgefunden werden, welche Akteure den Veränderungsprozess behindern, weil sie
a) diesen aufgrund ihrer Präferenzen / individuellen Ziele nicht mittragen wollen,
b) ihnen die notwendigen Fähigkeiten fehlen oder
c) inwiefern der vorliegende Handlungsrahmen ein konstruktives Agieren der Akteure behindert. Elemente des Handlungsrahmens können z. B. die personelle Ausstattung, das Budget, die rechtlichen Rahmenbedingungen, das Verhalten von Führungskräften oder die Unternehmenskultur darstellen.
Es ist dabei von besonderer Bedeutung zu untersuchen, aus welchen Gründen ein Akteur den Veränderungsprozess nicht mittragen will und inwiefern seine persönlichen Ziele hierdurch berührt werden. Diese Akteure stellen „Verlierer“ eines Veränderungsprozesses und damit potenzielle Opponenten dar. Andererseits sollten auch potenzielle „Gewinner“ und damit mögliche Promotoren identifiziert werden.
Phasen eines Veränderungsprozesses
Um Veränderungsprozesse, die mitunter sehr komplex sind, in überschaubareren, inhaltlich strukturierten Einheiten analysieren zu können, hat es sich im Change Managements durchgesetzt, diese in Phasen einzuteilen.
(1) Phase Unfreeze: Bevor eine Veränderung umgesetzt werden kann, muss die Organisation „aufgetaut“, d. h. von der Neuerung überzeugt werden. Bezogen auf die Machtverhältnisse einer Organisation muss eine „kritische Masse“ generiert werden, die den Veränderungsprozess mitträgt, d. h. die Macht der Befürworter muss größer sein als die der Opponenten. Nur unter dieser Voraussetzung hat eine Entscheidung für die Veränderung eine Aussicht auf Erfolg.
(2) Phase Move: In dieser Phase findet das erstmalige „Ausprobieren“ der Veränderung statt, d. h. eine Organisation nutzt z. B. erstmalig ein neues ERP-System oder ein neues Anreizinstrumentarium. Das Verhalten wird verändert und es wird (vorläufig) der angestrebte Zielzustand B eingenommen.
(3) Phase Refreeze: Das neue Handlungsmuster muss stabilisiert werden, da es noch nicht den „üblichen Ansatz“ in der Organisation darstellt. In dieser Phase besteht noch immer die Gefahr, dass die Organisation in das alte Muster und damit in den Ausgangszustand zurückfällt. Vielfach scheitern Veränderungsprozesse, weil die nachhaltige Stabilisierung des neuen Handlungsmusters nicht ernsthaft genug betrieben und der Veränderungsprozess frühzeitig als Erfolg deklariert wird.
Zyklus des Change Managements
Das Change Management sollte in einem Zyklus erfolgen, der sich an den Akteuren des Veränderungsprozesses orientiert und zu einem spezifischen, d. h. „maßgeschneiderten“ Projektplan für jeden Veränderungsprozess führt.
(1) Phasen inhaltlich spezifizieren: Zunächst ist zu spezifizieren, welche inhaltlichen Aktivitäten, d. h. Teilprojekte oder Arbeitspakete, im Rahmen eines Veränderungsprojektes in den verschiedenen Phasen durchgeführt werden müssen.
(2) Akteure identifizieren: Der nächste Schritt besteht darin festzustellen, welche Akteure für das Gelingen der identifizierten Aktivitäten von hoher Bedeutung sind. Dies können innerhalb der Gesamtorganisation Gruppen oder Individuen sein. Jedes Individuum und jede Gruppe innerhalb der Organisation, die benötigt wird, um eine Aufgabe innerhalb der drei Phasen des Veränderungsprozesses zu erfüllen, stellt einen Akteur im Sinne des Change Managements dar.
(3) Erfolgsfaktoren / Widerstände ermitteln: Für die wichtigsten Akteure ist zu ermitteln, ob und warum sie den Veränderungsprozess (nicht) unterstützen wollen (Präferenzen), ob sie fähig sind, ihre Aufgaben im Veränderungsprozess wahrzunehmen (Fähigkeiten) und inwiefern der Handlungsrahmen die Akteure dabei unterstützt oder behindert.
(4) Instrumente / Maßnahmen ableiten: Hierauf aufbauend sind Maßnahmen zu identifizieren, die sicherstellen, dass die relevanten Akteure den Veränderungsprozess (mehrheitlich) wollen, dass sie die notwendigen Fähigkeiten besitzen und dass die notwendigen Rahmenbedingungen vorliegen, so dass die Phasen Unfreeze, Move und Refreeze erfolgreich durchlaufen werden können. Das Change Management kennt dabei eine Reihe von Standardinstrumenten (z. B. Kommunikationskonzepte, Schulungsprogramme etc.), die in ihrer Bedeutung jedoch hinter der Vielzahl stark projektbezogener Maßnahmen deutlich zurückstehen. Jeder Veränderungsprozess weist andere „Stolpersteine“ auf, die durch sehr spezifische Maßnahmen aus dem Weg zu räumen sind.
(5) Projekt-/Maßnahmenplan erstellen: Die Veränderungsprozesse sind zumeist zeitlich begrenzt, verfügen über ein definiertes Ziel, befassen sich mit Inhalten, die für die Organisation neuartig sind und weisen zumeist eine hohe Komplexität auf. Damit liegen zentrale Merkmale vor, die auch für Projekte Gültigkeit haben, d. h. Veränderungsprozesse weisen häufig einen klaren Projektcharakter auf. Für die koordinierte Durchführung der unter (4) abgeleiteten Maßnahmen und Instrumente sollten daher (wie bei allen Projekten) Zeiten und Meilensteine sowie Ressourcen und Verantwortlichkeiten geplant werden. Dies entspricht den zentralen Merkmalen eines Projektplanes.
(6) Maßnahmen durchführen, evaluieren und steuern: Die geplanten Maßnahmen müssen durchgeführt und der erstellte Projektplan umgesetzt werden. Auf Basis der Projekt- bzw. Maßnahmenpläne sind anschließend Evaluierungen vorzunehmen. Die Feststellung von Soll-/Ist-Abweichungen sollte zu entsprechenden Anpassungen in der Umsetzung der Maßnahmen führen, um eine verbesserte Zielerreichung zu gewährleisten (Feedback) oder zur Anpassung der Zielgrößen (Feed forward).
Quelle: Plag (2012), S. 61
Literatur
Doppler, K. /Lauterburg, L. (2008): Change Management – Den Unternehmenswandel gestalten, 12. Auflage, Frankfurt, New York
Kotter, J. P. (2008): Das Unternehmen erfolgreich erneuern, in: Harvard Business Manager, April 2008, S. 140-151
Plag, M. (2012): Der Controller als Change Manager, in: Krings, Ulrich (Hrsg.): Controlling als Inhouse-Consulting, Wiesbaden, S. 43-63
Ersteinstellender Autor
Prof. Dr. Martin Plag, Leiter des Studiengangs Controlling & Consulting, Duale Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen,
Email: plag@dhbw-vs.de, http://www.dhbw-vs.de/CC sowie http://www.master-ac.de