Global Reporting Initiative (GRI)
Aus ControllingWiki
Achtung. Sie nutzen eine nicht mehr unterstützte Version des Internet Explorer. Es kann zu Darstellungsfehlern kommen. Bitte ziehen Sie einen Wechsel zu einer neueren Version des Internet Explorer in Erwägung oder wechseln Sie zu einer freien Alternative wie Firefox.Prüfsiegel gültig bis 2019
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Nachhaltiges Wirtschaften steht seit einigen Jahren wieder stärker im Mittelpunkt von Politik und Wirtschaft. Unternehmen werden heute und in Zukunft durch verschiedene Anspruchsgruppen, wie Kunden, Bürgerinitiativen und die breite Öffentlichkeit, auch danach beurteilt, inwieweit sie sich in Bezug auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise glaubhaft engagieren. Das Controlling muss diesen Megatrend rechtzeitig aufnehmen und durch entsprechende Werkzeuge effektiv und effizient dafür sorgen, dass dem Management adäquate Informationen zur Verfügung stehen. Eine aktuelle Studie zu den Zukunftsthemen für das Controlling spiegelt den Bedeutungszuwachs eines nachhaltigen Managements und Controllings ebenso wider (Schäffer/Weber, 2012, S. 78 ff.).
Nachhaltiges Wirtschaften muss den drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales gleichgewichtig Rechnung tragen (Müller, 2011, S. 24 ff.). Für das Controlling bedeutet dies, dass in allen Dimensionen entscheidungs- und steuerungsrelevante Informationen generiert, verarbeitet und an das Management weitgeleitet werden müssen. Für die ökonomische Dimension stellt dies kein Problem dar, ist dies doch das Kerngebiet des Controllings. Das Öko-Controlling kann auf eine über 20-jährige Praxiserfahrung zurückgreifen, die durch die Einführung der EU-Verordnung (EMAS = Eco Management and Audit Scheme) maßgeblich gefördert worden ist. Die soziale Dimension dagegen verkörpert ein weitgehend „unbeackertes Feld“. Interessant wäre es sicherlich auch die Wechselwirkungen zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen transparent zu machen.
Die Global Reporting Initiative (GRI) kann nun bei der Etablierung eines nachhaltigen Managements und Controllings eine wertvolle Hilfestellung leisten. Mit Hilfe des GRI-Systems lassen sich auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene Nachhaltigkeitsindikatoren aus allen drei Dimensionen ableiten, die Transparenz in die Nachhaltigkeitsbemühungen des Unternehmens nachvollziehbar bringen können. Auf diese Weise soll das Vertrauen der Stakeholder in das Unternehmen gestärkt und das generelle Ansehen des Unternehmens verbessert werden (www.globalreporting.org).
Entstehungsgeschichte
Die Global Reporting Initiative gilt als Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Müller, 2011, S. 132 ff.). Bei der GRI handelt es sich um eine gemeinnützige Organisation, die auf einem weltweiten Netzwerk von Unterstützern aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen und Ländern besteht. Das erklärte Ziel besteht darin, Nachhaltigkeitsberichterstattung zur gängigen Praxis zu machen, indem Organisationen dazu angeleitet und dabei unterstützt werden. Mit Hilfe einer Berichterstattung über die Nachhaltigkeits-Performance kann erwartet werden, dass sich ein tieferes Verständnis dafür entwickelt, was der Organisation hilft die eigene Performance zu messen und anschließend zu kommunizieren.
Die Anfänge der Global Reporting Initiative lassen sich bis zu Beginn der 90-iger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen. Schon bald bildete die Grundlage für die Weiterentwicklung des GRI-Systems ein Multi-Stakeholder-Ansatz. Etwa 30.000 Experten mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Ausbildungsrichtungen, Lebenserfahrungen und kulturellen Hintergründen stehen weltweit für die Verbesserung des Global Reporting Initiative-Systems zur Verfügung.
Mittlerweile gibt es seit Mai 2013 eine vierte Version der GRI-Richtlinien, die für Nachhaltigkeitsberichte nach dem 31.12.2015 gelten sollen (Global Reporting Initiative, 2013). Zusätzliche Serviceangebote, beispielsweise Schulungen und Beratung für kleine und mittelgroße Unternehmen, sollen für eine globale Verbreitung der GRI-Standards sorgen.
Für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sind Prinzipien entwickelt worden, die eine gewisse Ähnlichkeit zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung (GoB) aufweisen:
- Das erste Prinzip beschäftigt sich mit der Einbindung der Stakeholder, deren Erwartungen und Interessen die Berichtsinhalte bestimmen sollten.
- Die Performance der betrachteten Organisation sollte des Weiteren den gesamten Kontext der Nachhaltigkeit widerspiegeln. Es ist Transparenz darüber zu gewährleisten, inwieweit in diesem Themenfeld ökonomische, ökologische sowie soziale Verhältnisse verbessert oder verschlechtert werden.
- Die Berichterstattung soll sich einschränkend allerdings nur auf wesentliche Themen beziehen. Damit sind bedeutende Einflüsse der Organisation auf die drei Dimensionen oder ein starker Einfluss auf die Beurteilung und Entscheidungsfindung der Stakeholder gemeint.
- Der Berichtsinhalt sollte, trotz dieser Einschränkung, vollständig im Umfang und in Bezug auf die Berichtsgrenzen sein. Wesentliche ökonomische, ökologische und soziale Einflüsse sollen dargestellt werde, um den Stakeholdern eine Leistungsbeurteilung der Organisation zu ermöglichen.
Nutzen für das Controlling
Das GRI-System stellt einen gewachsenen und weltweit akzeptierten, freiwilligen Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zur Verfügung. Unabhängig davon, können Unternehmen die Leistungsindikatoren aus den drei Nachhaltigkeitsdimensionen nutzen, um intern ihre Performance zu messen und eventuell Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Besonders interessant dürften die Sozialindikatoren sein, da in diesem Themenbereich in aller Regel kaum systematisch und umfassend Informationen vom Controlling erhoben und verarbeitet werden.
Das GRI-System bietet hierzu eine Vielzahl an quantitativen und qualitativen Sozialindikatoren an. Diese Indikatoren sind verschiedenen Themenfeldern zugeordnet:
- Produktverantwortung
- Arbeitspraktiken & Menschenwürdige Beschäftigung
- Menschenrechte und
- Gesellschaft
Innerhalb eines jeden Themenfeldes erfolgt eine weitere Untergliederung der Sozialindikatoren nach verschiedenen Aspekten.
Folgende Beispiele sollen Aufbau und Inhalt der sozialen Dimension verdeutlichen (Müller, 2011, S.110 ff.):
Produktverantwortung:
Aspekt: Gesundheit und Sicherheit der Kunden - Lebenszyklusstadien, in denen die Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen auf die Gesundheit und Sicherheit hinsichtlich Verbesserungen untersucht werden und Prozentsatz der Produkt- und Dienstleistungskategorien, die entsprechend untersucht werden. Aspekt: Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen - Art der gesetzlich vorgeschriebenen Informationen über Produkte und Dienstleistungen, und Prozentsatz der Produkte und Dienstleistungen, die solchen Informationspflichten unterliegen.
Aspekt: Werbung - Programme zur Befolgung von Gesetzen, Standards und freiwilligen Verhaltensregeln in Bezug auf Werbung einschließlich Anzeigen, Verkaufsförderung und Sponsoring.
Aspekt: Einhaltung von Gesetzesvorschriften - Höhe wesentlicher Bußgelder aufgrund von Verstößen gegen Gesetzesvorschriften in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Produkten und Dienstleistungen.
Arbeitspraktiken & Menschenwürdige Beschäftigung:
Aspekt: Beschäftigung - Gesamtbelegschaft nach Beschäftigungsart, Arbeitsvertrag und Region - Mitarbeiterfluktuation …
Aspekt: Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis - Prozentsatz der Mitarbeiter mit Kollektivvereinbarungen - Mitteilungsfrist(en) in Bezug auf wesentliche betriebliche Veränderungen …
Aspekt: Arbeitsschutz - Verletzungen, Berufskrankheiten, Ausfalltage und Abwesenheit sowie Summe der arbeitsbedingten Todesfälle nach Region. - Unterricht, Schulungen, Beratungsangebote, Vorsorge- und Risikokontrollprogramme
Aspekt: Aus- und Weiterbildung - Durchschnittliche jährliche Stundenzahl pro Mitarbeiter und –kategorie, die der Mitarbeiter aus- und weitergebildet wurde.
Aspekt: Vielfalt und Chancengleichheit - Zusammensetzung der leitenden Organe und Aufteilung der Mitarbeiter nach Kategorie hinsichtlich Geschlecht, ...
Menschenrechte:
Aspekt: Investitions- und Beschaffungspraktiken: - Prozentsatz und Gesamtzahl der wesentlichen Investitionsvereinbarungen, die Menschenrechtsklauseln beinhalten … - Prozentsatz wesentlicher Zulieferer und Auftragnehmer, die unter Menschenrechtsaspekten geprüft wurden und ergriffene Maßnahmen.
Aspekt: Gleichbehandlung - Gesamtzahl der Vorfälle von Diskriminierung und ergriffene Maßnahmen.
Aspekt: Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen - Ermittelte Geschäftstätigkeiten, bei denen die Vereinigungsfreiheit oder das Recht zu Kollektivverhandlungen erheblich gefährdet sein könnten, sowie ergriffene Maßnahmen, um diese Rechte zu schützen.
Aspekt: Kinderarbeit - Ermittelte Geschäftstätigkeiten, bei denen ein erhebliches Risiko auf Kinderarbeit besteht und ergriffene Maßnahmen, um zur Abschaffung von Kinderarbeit beizutragen.
Aspekt: Zwangs- und Pflichtarbeit - Ermittelte Geschäftstätigkeiten, bei denen ein erhebliches Risiko auf Zwangs- oder Pflichtarbeit besteht und ergriffene Maßnahmen, …
Gesellschaft:
Aspekt Gemeinwesen - Art, Umfang und Wirksamkeit jedweder Programme u. Verfahrensweisen, welche die Auswirkungen von Geschäftstätigkeiten auf das Gemeinwesen bewerten und regeln, einschließlich Beginn, Durchführung und Beendigung der Geschäftstätigkeit in einer Gemeinde oder Region.
Aspekt: Korruption - Prozentsatz und Anzahl der Geschäftseinheiten, die auf Korruptionsrisiken hin untersucht wurden. - Prozentsatz der Angestellten, die in ihrer Antikorruptionspolitik und den entsprechenden Verfahrensweisen der Organisation geschult wurden.
Aspekt: Politik - Politische Positionen, Teilnahme an der politischen Willensbildung und Lobbying.
Aspekt: Einhaltung der Gesetze - Wesentliche Bußgelder (Geldwert) und Anzahl nicht monetärer Strafen wegen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften
Diese Kernindikatoren sind im Regelfall für alle Unternehmen von Bedeutung. Sie können bei Bedarf durch unternehmensspezifische Indikatoren ergänzt werden. Übergreifende Indikatoren, die in mehreren Dimensionen angewendet werden, sind bisher im GRI-System nur vereinzelt vorzufinden. Ein Beispiel ist die Material- und Energieeffizienz, die in der ökonomischen wie ökologischen Dimension von großer Bedeutung ist. Hier muss die Global Reporting Initiative in Zukunft noch nachbessern.
Literatur
Global Reporting Initiative (Hrsg.): G4 Sustainability Reporting Guidelines – Reporting Principles and Standard Disclosures, Amsterdam, 2013.
Müller, A.: Nachhaltigkeits-Controlling, Berlin, 2011. Schäffer, U./Weber, J.: Zukunftsthemen des Controllings, in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, Heft 2/2012, S. 78-84.
Ersteinstellender Autor
Prof. Dr. Armin Müller, Technische Hochschule Ingolstadt