Restrukturierung
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Zusammenfassung
Eine Restrukturierung impliziert die Veränderung von Prozessen, Systemen und Strukturen und ist gemäß der vorgestellten Differenzierung als eher radikaler Change-Management-Ansatz einzustufen, der vor allem das operative Effizienzniveau des Unternehmens fokussiert. Bei der Restrukturierung handelt es sich darüber hinaus um einen geplanten organisatorischen Wandel, der bewusst herbeigeführt wird, um das vorhandene Effizienzniveau der Unternehmung zu verbessern. Damit wird die Restrukturierung gegenüber allgemeinen Maßnahmen aus dem Alltagsgeschäft heraus abgegrenzt, die im Endeffekt zwar Einfluss auf Subsysteme der Organisation haben können, nicht jedoch als solches Maßnahmenbündel im Vorfeld systematisch geplant waren.
Was versteht man darunter?
Typische Maßnahmen im Rahmen eines Restrukturierungsprojekts sind:
• Abbau von Hierarchie-Stufen,
• Modernisierung von Produktionsanlagen,
• Anpassung von Kostenstrukturen an veränderte Marktbedingungen,
• Anpassung von Geschäftsprozessen an eine neue Software-Umgebung.
Obwohl die Restrukturierung nur eine von vielen Maßnahmen des organisatorischen Wandels darstellt, ist sie in Praxisberichten mit Abstand am stärksten repräsentiert. Dies lässt im ersten Moment darauf schließen, dass die Restrukturierung auch der am meisten verbreitete Change-Management-Ansatz ist. Der Verbreitungsgrad der Restrukturierung als Change-Management-Ansatz wird jedoch leicht überschätzt, weil in der Praxis sämtliche Maßnahmen als Restrukturierung klassifiziert werden, unabhängig davon, welche Reichweite und Tiefe der Ansatz für das Unternehmen hat und inwieweit die Maßnahmen im Vorfeld geplant wurden oder vielmehr reaktiv und ohne Planung auf unvorhergesehene Veränderungen erfolgten.
Welche Restrukturierungsansätze gibt es?
In der Literatur und auch in der Unternehmenspraxis stößt man auf eine enorme Vielfalt verschiedener Ansätze des geplanten Wandels von Organisationen, Systemen und Prozessen, die in der Regel unter dem Modewort "Change Management" zusammengefasst werden. Change Management umfasst somit alle geplanten, gesteuerten und kontrollierten Veränderungen in Strukturen, Prozessen und Kulturen. Die wichtigsten Change-Management-Ansätze gehen aus Abb. 1 hervor.
Abb. 1: Klassische Ansätze des Change Management
(OE = Organisationsentwicklung)
Abbildung 1 verdeutlicht, dass sich eine grundlegende Differenzierung der verschiedenen Ansätze herbeiführen lässt anhand
• der Durchführungsgeschwindigkeit des Veränderungsprozesses (radikal versus inkremental) und
• des Grads der Strategie-Beeinflussung (strategisch versus operativ).
In Bezug auf die erste Dimension zeichnen sich radikale Formen des Wandels insbesondere durch eine hohe Eingriffsintensität des Managements und ein von der Unternehmensleitung straff durchorganisiertes Veränderungskonzept aus, welches in der Extremform einer "Bombenwurfstrategie" weitgehend ohne konzeptionelle Beteiligung der Mitarbeiter "top-down" implementiert wird. Inkrementale Ansätze des geplanten organisatorischen Wandels beschreiben dagegen eher sozial- und verhaltenswissenschaftlich orientierte Veränderungsstrategien, bei denen die betroffenen Organisationsmitglieder an dem länger andauernden Wandlungsprozess umfassend beteiligt werden.
Die zweite Dimension unterscheidet Ansätze, die schwerpunktmäßig die strategische Ausrichtung eines Unternehmens verändern, von solchen, die eher die operative Effizienz ansprechen. Je stärker die strategische Dimension in einem Change-Management-Projekt Berücksichtigung findet, desto intensiver rücken Fragen nach neuen Geschäftsfeldern und/oder aktuellen und zukünftigen Produkt- bzw. Dienstleistungsportfolios in den Vordergrund der Betrachtung. Veränderungsmaßnahmen, die dagegen auf die Effizienz einzelner Subsysteme einer Organisation abzielen, ohne jedoch die grundsätzliche Positionierung des Unternehmens im Wettbewerbsumfeld in Frage zu stellen, lassen sich eher der operativen Dimension zuordnen. Bei diesen Abgrenzungen der Change-Management-Ansätze muss jedoch beachtet werden, dass diese Veränderungsstrategien in der Praxis selten in Reinform angewendet werden und diese Differenzierung in den aktuellen Ausführungen lediglich modellhaft vorgenommen wird.
Entsprechend Abb. 1 sind die Sanierung und das Business Process Reengineering (BPR) als Ansätze für ein Change Management der Restrukturierung sehr ähnlich. Die Sanierung ist jedoch von der Restrukturierung durch die Tatsache abzugrenzen, dass bei der Sanierung die Wiederherstellung der nachhaltigen Ertragskraft eines in einer finanziellen Krise befindlichen Unternehmens im Vordergrund steht. Die Restrukturierung ist jedoch nicht notwendigerweise an das Vorhandensein einer operativen Krise geknüpft, sondern kann auch eine strategische Krise als Ursache haben. Dieser Sichtweise folgend wäre die Sanierung als Spezialfall einer Restrukturierung zu betrachten mit der Zielsetzung, die operative Ertragskraft des Unternehmens kurzfristig wiederherzustellen (vgl. Abb. 1). Das BPR ist im Vergleich zur Restrukturierung stärker auf die zentralen Geschäftsprozesse ausgerichtet und bedeutet für das Unternehmen, dass ganze Funktionsbereiche aufgegliedert und einzelnen Produktgruppen oder Dienstleistungsbündeln zugeordnet werden. Durch diese Prozessoptimierung werden Schnittstellen reduziert, Hierarchien abgeflacht und Durchlaufzeiten verkürzt. Eine Restrukturierung impliziert zwar ebenfalls die Veränderung von Prozessen, ist dabei aber stärker auf die Effizienz bestehender Prozesse und nicht auf die vollständige Reorganisation zur Erreichung einer stärkeren Objektorientierung (Produkte und Dienstleistungen) hin ausgerichtet.
Vorgehensweise und Potenziale
Der Durchführung einer Restrukturierung geht prinzipiell eine Krise innerhalb des Unternehmens voraus. Diese kann sich bereits sehr früh als strategische Krise äußern, indem z.B. strategische Geschäftsfelder wegfallen oder Wettbewerber eigene Produkte bzw. Dienstleistungen erfolgreich kopieren. Die strategische Krise ist dadurch gekennzeichnet, dass das Unternehmen trotz guter Cashflows ungünstig positioniert ist und auf längere Sicht Gefahr für den Unternehmensbestand droht. Eine strategische Krise wird von den Entscheidungsträgern oft nicht wahrgenommen, weil
• man sich von den noch guten Ergebnissen und Cashflows täuschen lässt,
• systematische Marktbeobachtungen und Wettbewerbsanalysen nicht ausreichend durchgeführt werden und
• strategische Probleme insgesamt nicht ausreichend hinterfragt und erkannt werden.
Wurde die strategische Krise nicht als solche erkannt oder wurden die falschen Konsequenzen gezogen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen abgeschöpft bzw. nicht oder falsch in zukünftige Potenziale investiert, erwächst in einer zweiten Phase zwangsläufig eine Ertragskrise. Diese äußert sich in Umsatz- und Margenstagnation bzw. -rückgängen, wobei ungenügende Cashflows eine schnelle Kehrtwende in der Regel erschweren. Je nach verfügbaren Rückstellungen und dem damit verbundenen finanziellen Spielraum führt die Ertragskrise in einer dritten Phase zur Liquiditätskrise mit der Gefahr von Insolvenz und Überschuldung (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Typischer Verlauf einer fortschreitenden Unternehmenskrise
Der Handlungsspielraum für eine Restrukturierung nimmt mit jeder Phase ab. So lassen sich während einer strategischen Krise die zur Verfügung stehenden Ressourcen im Sinne einer Reorientierung nutzen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen oder in neue Produktentwicklungen zu investieren. Innerhalb einer Ertragskrise ist die strategische Handlungsfreiheit zunächst eingeschränkt; in dieser Phase sind Kosten einzusparen, Strukturen anzupassen und Prozesse effizient und schlank zu gestalten. Während der dritten Phase ist auch der operative Handlungsspielraum eingeschränkt, was die möglichen Szenarien, die dem Management zur Verfügung stehen, erheblich reduziert. Letztlich sind den Phasen innerhalb des Krisenverlaufs vier Maßnahmenbündeln zuzuordnen, die im Folgenden im Sinne von internen Restrukturierungsprojekten dargestellt werden können:
1. Projekte der strategischen Positionierung (strategische Krise),
2. Projekte der Anpassung von Strukturen und Prozessen (Ertragskrise),
3. Ergebnisverbesserungsprojekte (Ertragskrise),
4. Liquiditätssicherungsprojekte (Liquiditätskrise).
Abb. 3: Maßnahmen und Potenziale einer Restrukturierung
Während der erste Projekttyp in den Rahmen der strategischen Restrukturierung eingeordnet wird, gehören die letzten drei Projekttypen zur operativen Restrukturierung. In Abbildung 3 sind zu den einzelnen Projekttypen korrespondierende Maßnahmen dargestellt, die in mittelständischen Restrukturierungsprojekten regelmäßig Anwendung finden. Die Maßnahmen reichen von Markt- und Wettbewerbsanalysen, die einen hohen Gestaltungsspielraum erlauben und für ein Unternehmen langfristige Erfolgspotenziale darstellen, bis hin zu operativen Maßnahmen, die die Zahlungsfähigkeit und damit kurzfristig den Fortbestand des Unternehmens sicherstellen. Bei der Durchführung von Restrukturierungsprojekten sind die strategischen Maßnahmen grundsätzlich auf die operativen Maßnahmen abzustimmen, um eine ganzheitliche Reorganisation zu ermöglichen. Nur auf diese Weise kann eine Restrukturierung die Profitabilität des Unternehmens und damit die Positionierung im Wettbewerbsumfeld nachhaltig verbessern.
Die schnelle Ausarbeitung und Implementierung eines Restrukturierungskonzeptes setzen jedoch die vollständige Offenheit und unbedingte Kooperationsbereitschaft aller beteiligten Mitarbeiter voraus. Nur wenn alle offenen Punkte diskutiert werden, organisatorische Ressourcen zugänglich sind und die Prozessverantwortlichen und Mitarbeiter auf das gleiche Ziel hinarbeiten, kann ein Restrukturierungsprojekt erfolgreich durchgeführt werden.
Literaturtipps
• Hagemeier, W.; Wlecke, U.: Turnaround/Restrukturierung von Unternehmen in Krisensituationen, in: Bamberger, I. (Hrsg.): Strategische Unternehmensberatung, Wiesbaden, 1998, S. 71 ff.
• Kieser, A.: Business Process Reengineering - neue Kleider für den Kaiser?, in: Perlitz, M. (Hrsg.): Reengineering zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Ein Managementansatz auf dem Prüfstand, Wiesbaden 1996, S. 235-252.
• Thom, N.: Change Management, in: Corsten, H.; Reiß M. (Hrsg.): Handbuch Unternehmungsführung: Konzepte, Instrumente, Schnittstellen, Wiesbaden 1995, S. 869-879.
Ersteinstellender Autor
Dr. Andreas Raps