Einzelkosten und Gemeinkosten
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Zusammenfassung
Ursprung dieser beiden Begriffe ist die Technik des Kontierens in der Buchhaltung, besonders auch der Betriebsbuchhaltung. Einzelkosten sind solche Kosten, die sich einzeln mit einem Beleg erfassen lassen für ein Produkt, eine Produktgruppe, eine Geschäftssparte – oder aber für eine Kostenstelle, Abteilung, für ein Zweigwerk.
Gemeinkosten sind solche Kosten, die gemeinsam für eine Anzahl von Aufträgen entstehen. Das Gehalt eines Abteilungsleiters einer Produktionswerkstatt, eines Meisters also, wäre Einzelkosten, bezogen auf diese Abteilung; dagegen Gemeinkosten, bezogen auf die Aufträge, die durch diese Abteilung laufen. Das typische Instrument, mit den Gemeinkosten fertig zu werden, ist der Betriebsabrechnungsbogen. Dort werden die Gemeinkosten zugeordnet auf Kostenstellen.
Einzeln für die Fertigungskostenstellen erfassbar und gleichzeitig einzeln erfassbar für die Aufträge ist der Fertigungslohn. Über den «doppelten» Einzelkostenfall Fertigungslohn (sowohl einzeln je Auftrag wie einzeln je Produktionskostenstelle erfassbar) werden die Gemeinkosten auch für die Leistung kalkulierbar gemacht; huckepackartig sozusagen draufgeschlagen.
Einzelkosten und Produktkosten
Das Begriffspaar Einzelkosten und Gemeinkosten folgt der Erfassung von Belegen und greift die Frage auf, welche Kosten einzeln oder direkt einem Verantwortungsbereich zugeordnet werden können. Der Begriff Produktkosten ist entscheidungsorientiert; gefragt ist hier, welche Kosten durch die Technik des Produkts kausal bedingt hinzukommen, wenn von diesem Produkt zusätzliche Einheiten hergestellt werden sollen. Die Produktkosten sind im Industriebetrieb in der Regel größer als die Einzelkosten. Dazu gehören auch die proportionalen Fertigungsgemeinkosten Reparaturen, Energieverbräuche, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Werkzeugverschleiß.
Identisch sind Einzelkosten und Produktkosten/Proko in der Regel in Unternehmungen des Handels. Der Wareneinsatz, der Produktkostencharakter hat, ist auch einzeln für die betreffende Ware erfassbar. Ausserdem sind Produktkosten und Einzelkosten identisch mit in vielen Dienstleistungsbetrieben. Im Restaurant z.B. wären Produktkosten der Wareneinsatz für die verschiedenen Gerichte und gleichzeitig auch einzeln erfassbar. Oder in Unternehmungen, die Bauträgerfunktion ausüben oder Engineering-Leistungen erbringen, kann man die Produktkosten der Kunden-Projekte wie z.B. Einsatz von Lieferungs- und Leistungsaufträgen gleichzeitig auch als Einzelkosten direkt für dieses Projekt erfassen; als interne oder externe Belege für z.B. Unterauftragnehmerleistungen.
Eine Deckungsbeitragsrechnung, bei der Produktkosten und Einzelkosten zusammenfallen, ist einfacher zu bewerkstelligen als eine Deckungsbeitragsrechnung auf der Basis der Standard-Produktkosten. Es handelt sich um eine entsprechende Kanalisierung bereits vorhandener auf Auftragsnummern ausgeschriebener Belege. Deshalb könnte eine Deckungsbeitragsrechnung auf der Basis der Produktkosten = Einzelkosten auch als ein Schnellverfahren benutzt werden; vor allem wenn der Materialkostenanteil bzw. die Einkaufpositionen in den Kosten verhältnismäßig hoch ist, also bei Zukaufstrategie.
Relative Einzelkosten
Was Einzelkosten sind, lässt sich nicht ein für alle Male regeln. Der Charakter der Einzelkosten ergibt sich erst durch die Definition des Objektes, auf das sich die betreffenden Kosten beziehen sollen. So gibt es Einzelkosten relativ zum Produkt, oder relativ zu einer Produktgruppe, oder relativ zu einer Sparte, oder relativ zur Unternehmung; oder relativ zu einer Kostenstelle.
Beispiel: Innerhalb einer stufenweisen Deckungsbeitragsrechnung wären artikeldirekte Werbekosten, wie etwa spezielle Anzeigen in Zeitschriften oder eine spezielle, artikelbezogene Werbekampagne oder Ärztemuster für ein pharmazeutisches Produkt, Einzelkosten relativ zum Produkt oder relativ zur Produktlinie (Präparatlinie). Das Salär eines Produktmanagers, der eine Produktgruppe in einem Konsumgüterunternehmen betreut, wäre Einzelkosten relativ für die Sparte. Das Gehalt eines Verkaufsleiters bildet Einzelkosten, bezogen auf seine Kostenstelle Verkaufsbüro. Sein Gehalt lässt sich auf diese Einheit direkt oder einzeln kontieren. Aber das Gehalt des Verkaufsleiters ist nicht mehr Einzelkosten, bezogen auf die Produkte, die er betreut. Aus der Sicht dieses Bezugsobjektes wird sein Gehalt zu Gemeinkosten. An den Beispielen ist auch sichtbar, dass Strukturkosten (Fixkosten) sehr wohl ebenfalls Einzelkosten sein können.
Reparaturkosten sind einzeln erfassbar für eine Maschine, d.h. für einen Arbeitsplatz oder eine Kostenstelle. Es ist bekannt, für welche Maschine der Reparaturauftrag erteilt worden ist. Folglich können auch die Kosten wie Stundenleistungen des Reparaturbetriebs oder Ersatzteilverbräuche oder Fremdleistungen einzeln für diesen Auftrag und damit für die betreffende Maschine kontiert werden. Für die Aufträge, die über diese Maschine laufen, sind die Reparaturkosten hingegen Gemeinkosten. Es kann nicht im Ist gesagt werden, welcher Auftrag welche Reparaturkosten ausgelöst hat. Will man also die Reparaturkosten für die Aufträge kalkulieren, ist es erforderlich, den Weg über die Bezugsgröße der Kostenstelle zu nehmen. Die Stundenleistungen einer Maschine z.B. wirken als Drehscheibe. Bezogen auf die Stunden haben die Reparaturen Einzelkostencharakter; und die Stunden haben Einzelleistungscharakter für die Aufträge über diese Maschine.
Es zeigt sich dabei, dass die Begriffe Einzelkosten und Gemeinkosten von den Begriffen Produktkosten (Proko) und Strukturkosten (Struko) unabhängig sind. Vgl. dazu den Begriff Kostenwürfel.
Im Beispiel der Reparaturen können es Einzelkosten der Stelle, aber Gemeinkosten des Produkts sein, die sich aber verzehrmässig proportional zum erzeugten Volumen verhalten. Im Falle der Beispiele aus dem Vertriebsbereich wären etwa viele Werbekosten zwar Strukturkosten, jedoch Einzelkosten für das Produkt.
Da das interne Rechnungswesen nicht abrechnungsorientiert, sondern empfänger- oder informationsorientiert sein soll, hat die Betrachtung »relativer« Einzelkosten nur Sinn, wenn mit der direkten Zuordnung der Kosten gleichzeitig auch ein Zuständigkeits-Signal gesetzt werden kann. Die Einzelkosten korrespondieren mit der Vorstellung direkter Verantwortlichkeit für Kosten. Sie sind veranlassungsorientiert zu rechnen. Wenn von »relativen« Einzelkosten gesprochen wird, wäre es wichtig zu sagen »relativ bezogen auf die einzelnen Management-Bereiche, die sich um die betreffenden Kosten auch einzeln durch in ihrer Hand liegende Massnahmen kümmern können«. Ausgehend vom Gesichtspunkt der Einzelkosten wird das Rechnungswesen verantwortungsorientiert; ausgehend von den Produkt- bzw. Strukturkosten ist es entscheidungsorientiert. Es sind die Typen von Aktivitäten, die sich in Kosten abbilden. Activity based cost!
Quelle
Controller Handbuch, 6. Auflage neu geschrieben, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg
Ersteinstellende Autoren
Albrecht Deyhle, Controller Akademie
Gerhard Radinger, Controller Akademie