Beraterrollen
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Zusammenfassung
Grundsätzlich kann bei der Beratung von Organisationen zwischen der Experten- und der Prozessberatung unterschieden werden. Diese Einteilung kann durch die Aufteilung in sogenannte Beraterrollen weiter differenziert werden. Vorteil der Arbeit mit diesen Konzepten ist eine genauere Anpassung des Beraterverständnisses und der Arbeitsweise an die spezifischen Anforderungen des Beratungsprojekts. Ziel der genaueren Anpassung ist die Vermeidung von Missverständnissen bezüglich des Beratungsgegenstands/Beratungsziels, die Reduzierung von Fehlberatungen und damit die Steigerung des Beratungserfolgs.
Der Einfluss des Rollenverständnisses des Beraters auf den Beratungsprozess
Die Unterscheidung zwischen Experten- und Prozessberatung wurde in der betriebswirtschaftlich ausgerichteten Beratung nach Meinung von König und Volmer (2000: 46ff.) kaum aufgenommen. Beide Beratungsformen werden häufig vermischt. Viele Unternehmensberater sind Spezialisten für die Lösung technischer oder betriebswirtschaftliche Probleme und verfügen über einen sehr individuelles Wissensportfolio. Ihr Beratungswissen haben sie sich in der Regel bei der Durchführung von Beratungsprozessen angeeignet. Da sie jedoch keine Beratungsspezialisten sind, besteht das Risiko, dass sie Beratungsprozesse unterschätzen und nicht ausreichend steuern können (König & Volmer 2000: 50f.).
In der Regel ist weder bei Beratern noch bei Klienten ein eindeutiges Verständnis der Abgrenzung von Beratungsformen zu finden. Die überwiegend nachgefragte Expertenberatung beinhaltete die Gefahr, dass damit nur die offen zu Tage tretenden Symptome bekämpft werden (Kailer & Walger 2000: 57). Fatzer (2004: 427) macht für das Scheitern vieler Beratungsprozesse die mangelnden Kenntnisse von Expertenberatern bezüglich der prozessualen Aspekte von Veränderungsprojekten verantwortlich. Diese Hypothese wird von weiteren Autoren gestützt (König & Volmer 2000: 46ff.).
Unterscheidungskriterien zwischen Experten- und Prozessberatung
Expertenberatung
Eine Expertenberatung zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich auf die sogenannte „harte Wirklichkeit“ bezieht. Kennzeichnend für die harte Wirklichkeit ist, dass für diese klare Regeln existieren oder entwickelt werden können (Backhausen & Thommen 2003: 32f., 104f.). Eine Expertenberatung ist weiterhin durch die Delegation des Problems durch das Kundensystem an den Berater gekennzeichnet.
Zwei kritische Faktoren beeinflussen den Erfolg einer Expertenberatung:
Erstens Erstens muss das Problem durch den Kunden eindeutig beschrieben und vollständig an den Berater kommuniziert sein.
Zweitens Zweitens dürfen während des Beratungsprozesses keine zusätzlichen Nebenwirkungen durch die Beratung entstehen. (König & Volmer 2000: 46ff.).
Beispiele für eine sachbezogene Expertenberatung sind juristische Beratung, technische Beratung oder Steuerberatung (Backhausen & Thommen 2003: 32f., 104f.).
Prozessberatung
Bei der Prozessberatung steht die sogenannte „weiche Wirklichkeit“ im Mittelpunkt. Es geht es um die Betrachtung von Systemen und deren Veränderungsmöglichkeiten (Backhausen & Thommen 2003: 32f., 104f.). In diesem Fall unterstützt der Berater den Kunden bei der Erarbeitung einer eigenen Lösung. Während des gesamten Beratungsprozesses bleibt das Problem in der Verantwortung des Klientensystems (König & Volmer 2000: 46ff.).
Übersicht: Zusammenfassung der Schwerpunkte (eigene Darstellung)
Die Unterscheidung zwischen Experten- und Prozessberatung wurde in der betriebswirtschaftlich ausgerichteten Beratung nach Meinung von König und Volmer (2000: 46ff.) kaum aufgenommen. Beide Beratungsformen werden häufig vermischt.
Die Bedeutung von Beraterrollen
Im engen Zusammenhang mit den Begriffen der Experten- und Prozessberatung steht das Konzept der Beraterrollen. Die Beraterrollen bieten eine noch stärkere Differenzierung des Beraterverhaltens an. Lippitt & Lippitt beschreiben ein Modell, das die Rollen des Beraters während eines Beratungsprozesses anzeigt und an einer Skala von nicht-direktiv zu direktiv misst:
Abbildung Beraterrollen (Lippitt & Lippitt 1999: 84)
Die Autoren (ebd.) bieten dem Berater acht mögliche Rollen an.
● Die Rolle des Beobachters ist auf das Stellen von Fragen beschränkt;
● der Prozessberater darf schon Feedback geben;
● der Faktenermittler fordert zur Interpretation der von ihm gesammelten Daten auf;
● der Erkenner von Alternativen schlägt Alternativen vor und berät den Klienten bei deren Auswahl;
● der Mitarbeiter an Problemlösungen entscheidet mit;
● der Trainer schult den Klienten;
● der Experte prüft Lösungen auf Basis seiner Fachkompetenz und liefert Informationen;
● der Advokat übernimmt die Verantwortung für den Problemlösungsprozess und überredet den Klienten, falls nötig, zur Akzeptanz seiner Vorschläge.
Als Vorteil der Differenzierung des Beraterverhaltens in die oben genannten Rollen kann die hohe Verhaltensanpassung an die jeweilige Themenstellung in der Beratung bewertet werden. Wenn bei Berater und Klient eine Übereinstimmung über die eingesetzte Beraterrolle besteht, werden Kommunikationsrisiken reduziert. So besteht z.B. ein großer Unterschied zwischen der Beobachter- und der Advokatenrolle. Daher ist es wichtig, dass Berater und Klient gemeinsam entscheiden, wann der Berater den Klienten durch das Stellen von Fragen zum Entwickeln eigener Lösungen anregt und bei welchen Themen er aktiv Lösungen einbringt. Missverständnisse können z.B entstehen, wenn sich der Berater in der Beobachterrolle sieht, der Klient ihn jedoch in der Advokatenrolle erwartet. In einer solchen Situation besteht die Gefahr, dass der Klient den Berater als inkompetent wahrnimmt, da er nicht die erwarteten Lösungsvorschläge liefert.
Fazit
Bei fehlender Übereinstimmung zwischen der vom Berater angebotenen und der vom Kunden gewünschten Beratungsart oder der Vermischung von Beraterrollen können Kommunikationsdefizite oder Konflikte entstehen. Dadurch kann der Beratungserfolg gefährdet werden. Durch die Unterscheidung zwischen Experten- und Prozessberatung wird eine erste Differenzierung für das Vorgehen in einem Beratungsprojekt möglich. Diese Differenzierung kann durch das Rollenmodell weiter angepasst werden. Es lohnt sich also, sich mit diesem Thema bei der Auftragsklärung und Abwicklung zu beschäftigen, um den Beratungserfolg zu unterstützen. Nach Wick (2000: 173 ff.) steht bei den von KMU-Unternehmen gewünschten Beraterrollen die des Problemlösers an erster Stelle, gefolgt von der des Prozessberaters und des neutralen Dritten (Entscheidungshelfer).
Quellen
Backhausen, Wilhelm; Thommen, Jean-Paul: Coaching, durch systemisches Denken zu innovativer Personalentwicklung. Wiesbaden, Gabler 2003
König, Eckard; Volmer, Gerda: Systemische Organisationsberatung, Grundlagen und Methoden. Weinheim, Dt. Studien-Verlag, 2000
Lippitt Gordon L.; & Lippitt Ronald: Beratung als Prozess, was Berater und ihre Kunden wissen sollten. Leonberg, Rosenberger Fachverlag, 1999
Wick, Veronika: Mittelständische Unternehmen und ihre Berater, ein netzwerkorientiertes Konzept der Nutzung von externen Beratungsleistungen. St. Gallen, Univ., Diss., 2000
Schlagwörter: Unternehmensberatung, Beraterrollen, Beratungserfolg
Ersteinstellende Autorin
Jutta Strake