Triple-A-Controlling
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Angesichts eines immer volatileren und unberechenbareren Marktumfelds fragen sich viele Führungskräfte und Controller, welche Rolle das Controlling in Zukunft einnehmen wird und wie ein erfolgreiches Controlling ausgestaltet sein muss. Mit steigender Dynamik und Unsicherheit wird Controlling, d.h. der Managementprozess der Zielfindung, Unternehmensplanung und -steuerung, weder obsolet noch unmöglich, sondern wichtiger denn je. Triple-A-Controlling beschreibt drei entscheidende Fähigkeiten, um den gestellten Anforderungen des Unternehmensumfelds gerecht zu werden (Losbichler, 2013).
Inhaltsverzeichnis
Begriffsverständnis
Volatilität, beschleunigter struktureller Wandel, und die damit einhergehende Komplexität des Wettbewerbsumfelds stellen neue Anforderungen an das Controlling. Aus der Volatilität ergeben sich vor allem Anforderungen an das operative Controlling im Rahmen der Budgetierung, des Forecastings und des Berichtswesens. Der beschleunigte strukturelle Wandel führt zu Anforderungen im Rahmen des strategischen Controllings und die zunehmende Komplexität zur Forderung nach geänderten Entscheidungsstrukturen und Koordinationsmechanismen.
Die erfolgreiche Unternehmenssteuerung von morgen wird damit in Anlehnung an Stanford-Professor Hau L. Lee auf zumindest drei Schlüsselfähigkeiten, den „Triple-A“, Agility - Adaptability - Alignment, beruhen (Lee, 2004):
• Agility: die Fähigkeit, operativ rasch auf kurzfristige Marktschwankungen zu reagieren.
• Adaptability: die Fähigkeit, sich strategisch rechtzeitig an strukturelle Marktveränderungen anzupassen.
• Alignment: die Fähigkeit, globale Unternehmensstrukturen zielgerichtet zu koordinieren und deren Kräfte zu bündeln.
Agility (Agilität)
Der Begriff der Agilität bezieht sich vor allem auf die operative Flexibilität und Reaktionsfähigkeit in volatilen Märkten. Sie bedingt nicht nur die vielerorts geforderte Flexibilität der Controlling-Instrumente, sondern auch einen hohen Grad organisatorischer Flexibilität. Für die Controlling-Systeme bedeutet dies vor allem die Forderung nach rascherer, flexiblerer Information als auch einen adäquaten Zugang zu Planung und Forecasts. Häufig werden Budgets als zentrales Instrument der Unternehmensteuerung dafür verantwortlich gemacht, dass Unternehmen nicht ausreichend flexibel und rasch genug auf unerwartete Marktveränderungen reagieren können. Auch wenn dies nur teilweise zutreffend ist, sind Controller in Erwartung weiter steigender Volatilität aufgefordert, eventuell alteingefahrene Praktiken der Budgetierung offen auf ihre Zweckmäßigkeit zu hinterfragen. Praxistaugliche Leitlinien sind dazu im neuen Statement des Controller Vereins „Moderne Budgetierung“ zu finden (Internationaler Controller Verein, 2012). Flexible Budgets bleiben jedoch in starren, inflexiblen Organisationen wirkungslos. Arbeitszeit- und Arbeitsplatzflexibilität, Mitarbeitermobilität, schlanke und flexible Geschäftsprozessen, organisatorische Erneuerung sowie Innovations- und Veränderungsbereitschaft sind wesentliche Aspekte organisatorischer Agilität.
Es ist wichtig zu betonen, dass sich die beiden Elemente „Flexibles Planungs- und Steuerungssystem“ und „agiles Ausführungssystem“ einander bedingen. Es ist nutzlos, wenn das Planungs- und Steuerungssystem Entwicklungen rechtzeitig erkennt und auf Plan B umschwenkt, aber die Organisation starr ist und nicht reagieren kann oder will. Umgekehrt hilft es nichts, wenn Vertrieb und Produktion auf jegliche Marktschwankungen reagieren könnten, dies aber von einem starren Budget verhindert wird. Die geforderte organisatorische Flexibilität gilt selbstverständlich auch für die Controlling-Abteilungen selbst. Effiziente, schlanke und schnelle Controlling-Prozesse werden zur Grundanforderung an die Arbeit von Controllern gehören.
Abb. 1: Agilitäts-Bausteine des Triple-A-Controllings
Adaptability (Anpassungsfähigkeit)
Neben der operativen Reaktionsfähigkeit müssen Unternehmen zukünftig jedoch eine starke strategische Reaktionsfähigkeit besitzen. Adaptability bedeutet Anpassungsfähigkeit durch das rechtzeitige Erkennen struktureller Marktveränderungen und das Nutzen der daraus resul-tierenden Chancen. Dabei sind Unternehmen gefordert, kurzfristige Marktschwankung von beginnenden langfristigen Veränderungen treffsicher zu unterscheiden. Gleichzeitig werden Führungskräfte mehr denn je gefordert sein, einerseits langen Atem beim Aufbau von Kern-kompetenzen und Wettbewerbsvorteilen zu beweisen (weil diese Zeit benötigen), und sich anderseits immer rascher an Marktveränderungen anzupassen. Controlling ohne strategische Planung und Früherkennung wird damit undenkbar.
Bezüglich Agility und Adaptability mag es auf den ersten Blick paradox erscheinen, aber gerade durch die zunehmende Komplexität und Dynamik werden Controlling und Unternehmensplanung wichtiger denn je. Es geht dabei jedoch nicht mehr um das detaillierte mechanistische Durchplanen sämtlicher Kostenarten je Kostenstelle und Monat. Es geht vielmehr um die bewusste Beschäftigung mit der Zukunft und das Erkennen und Gegenüberstellen möglicher wesentlicher Entwicklungen sowie das proaktive Ableiten potenzieller Maßnahmen für die jeweiligen Entwicklungen.
Der Plan B und C in der Schublade werden damit mindestens so wichtig wie das offizielle Budget bzw. die Strategie selbst. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit dürfen jedoch keinesfalls mit Beliebigkeit verwechselt werden. In Verbindung mit Szenarien, Frühwarnsystemen und laufenden Forecasts ermöglichen flexiblere Pläne und Planvarianten die rasche und geordnete Reaktion auf plötzliche Veränderungen des Umfelds. Wir werden in Zukunft noch weniger wissen, wie die Welt von morgen sein wird, aber es ist nicht wichtig, die Zukunft vorauszusehen, sondern auf sie vorbereitet zu sein. Gälweiler hat dies in seinem Grundlagenwerk „Unternehmensplanung“ augenscheinlich beschrieben: „und ein Spiel mit Millionen-Werten im Geiste und auf dem Papier ist nach aller Erfahrung stets weniger aufwendig und weniger risikoreich als das unvorbereitete "Spiel" in der Wirklichkeit selbst.“ (Gälweiler, 1986, S. 31)
Abb. 2: Adaptability-Bausteine des Triple-A-Controllings
Alignment (Zielorientierte Koordination und Ausrichtung)
Angesichts der Verschiebung der Wachstumsmärkte werden Unternehmen in Zukunft globaler und dezentraler agieren müssen. Dadurch gilt es, global verteilte, dezentrale Unterneh-menseinheiten stärker zu koordinieren und auf das Gesamtziel auszurichten. Die Koordinationsfunktion des Controllings wird dadurch weiter gestärkt. Voraussetzungen dafür sind durchgängige, global abgestimmte und schnelle Zielfindungs- und Planungsprozesse sowie abgestimmte und ausgewogene Incentive-Systeme. Zudem entsteht mit zunehmender Größe und Internationalisierung der Unternehmen eine größere Distanz der Unternehmensspitze vom konkreten Geschäftsgeschehen. Mit der fehlenden Nähe zum Geschäft steigt jedoch die Abhängigkeit vom Reporting als primäre Informationsquelle und Basis der nötigen Führungsprinzipien „Management by Objectives“ und „Management by Exceptions“. Umgekehrt werden mit der steigenden Distanz der Mitarbeiter von der Unternehmenszentrale, Unternehmenskultur und gemeinsame Werte zur Basisvoraussetzung, um in unterschiedlichen Kulturkreisen verteilt, aber dennoch gemeinsam und zielgerichtet zu handeln.
Globale dezentralere Entscheidungsstrukturen bedingen jedoch auch dezentralere Controllingstrukturen, welche wiederum stärkere Nähe zum Geschäft bzw. Geschäftskenntnis der Controller erfordern. Zentrale Controlling-Abteilungen werden daher zusehends mit dem Alignment der Controller-Organisation konfrontiert werden. Es gilt die Balance zu finden, zwischen der Bildung von Centers of Excellence, dem Realisieren von Skaleneffekten in Shared Service Centern und der notwendigen Nähe zum Geschäft.
Abb. 3: Alignment-Bausteine des Triple-A-Controllings
Darüber hinaus werden sich auch die Aufgaben der Controller und die Erwartung an sie verändern. Angesichts der skizzierten Rahmenbedingungen werden die Anforderungen an Controller sowohl fachlich als auch in ihrer Rolle als Business Partner weiter steigen. Aus der steigenden Komplexität und Dynamik des Umfelds werden Controller gefordert, immer komplexere Sachverhalte ganzheitlich zu durchdringen und diese klar, verständlich und rasch aufzubereiten. Dies ist die Grundlage, um rasche Gegensteuerungsmaßnahmen zu ermöglichen und gleichzeitig den nötigen „sense of urgency“ im Management zu erzeugen: „Information steuert die Reaktion“. In der Rolle des Business Partners sehen sich die Controller einerseits selbst einer immer größeren Unsicherheit ausgesetzt, welche die von ihnen erwartete verlässliche Einschätzung zusehends erschwert.
Fazit
Volatilität, beschleunigter Wandel und Komplexität sind zum „New-Normal“ geworden und werden sich aller Voraussicht weiter verstärken. Ein derartiges Umfeld verlangt von allen Beteiligten eine höhere Flexibilität und Reaktionsfähigkeit sowie ein ganzheitlicheres Führungsverständnis. Erfolgreiche Unternehmen überlassen die Zukunft auch in einem zunehmend komplexeren Umfeld nicht dem Zufall und schon gar nicht dem Mitbewerber. Controlling im Sinne des Triple-A-Konzepts ist dazu eine Grundvoraussetzung.
Literatur
Gälweiler, A.: Unternehmensplanung, 1986.
Internationaler Controller Verein (Hrsg.): Moderne Budgetierung, 2012.
Lee, H.L.: The Triple A – Supply Chain, Harvard Business Review, 82. Jg. (2004), H. 10, S. 102-112.
Losbichler, H.: Triple-A-Controlling – Komplexitätsbewältigung in volatilen Zeiten, in: Gleich, R. (Hrsg.), Komplexitätscontrolling, Der Controlling-Berater, Band 29, 2013, S. 57-76.
Ersteinstellender Autor
Prof. Dr. Heimo Losbichler, FH-Oberösterreich/Steyr, heimo.losbichler@fh-steyr.at