Ideenmanagement
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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Alle Unternehmen und Organisationen stehen unter ständigem Wettbewerbs-, Kosten- und Effizienzdruck. Daher ist es für sie unverzichtbar, Produkte, Dienstleistungen und Prozesse kontinuierlich zu verbessern. Hierzu werden gerne Vorschläge und Anregungen unmittelbar aus dem Mitarbeiterkreis entgegen genommen und möglichst umgesetzt – so wird heutzutage Ideenmanagement verstanden: Es geht um die „kleineren“ Anregungen der Mitarbeiter, die zur Kostensenkung, Verminderung von Ausschussquoten, Verbesserung von Produkten und Prozessen beitragen. Ideenmanagement kann in den Unternehmen auf völlig freiwilliger Basis erfolgen, es kann aber auch Zielvorgaben dazu geben. Gerade wenn Unternehmen Zielvorgaben zum Ideenmanagement setzen und kommunizieren, zeigt dies die Bedeutung des Ideenmanagements im und für das Unternehmen.
Historische Entwicklung
Der Begriff Ideenmanagement wurde erstmals 1975 erwähnt (vgl. Spahl, 1975, S. 20f) und hat sich Ende der 90-er Jahre in den Unternehmen verbreitet. Vorgänger war das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW), welches seinen Ursprung ca. 1880 hatte. Dabei handelt es sich um ein System zur Gewinnung und Bearbeitung von Vorschlägen aus dem Mitarbeiterkreis. Seit Ende der 80-er Jahre fand eine Beeinflussung durch Management Techniken wie Kaizen, KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) und TQM (Total Quality Management) statt. Dies führte zu einer Weiterentwicklung und Modernisierung des traditionellen Vorschlagswesens hin zum Ideenmanagement.
Mit dem Begriff Ideenmanagement hat sich auch die Intention verändert: Es geht um eine Management-Funktion und das Management von Ideen. Daher sollte es als systematischer Prozess behandelt werden und nicht nur zufallsbedingt erfolgen. Als Managementfunktion bedarf das Ideenmanagement der Unterstützung durch geeignete Controlling-Instrumente.
Grundsätzlich kann das Ideenmanagement als Teil des Innovationsmanagements gesehen werden. Unterschiede liegen in der Innovationshöhe. Während im Ideenmanagement vorrangig kleine Verbesserungen erzielt werden, wird von Innovationen eine deutliche Verbesserung, ein Innovationssprung erwartet. Ebenso ist Ideenmanagement als Teil des Qualitätsmanagements zu sehen, wenn damit Verbesserungen an Produkten und Prozessen erzielt werden.
Organisatorisch ist das Ideenmanagement häufig dem Bereich Human Resources oder dem Qualitätswesen zugeordnet. Das Ideenmanagement ist i.d.R. mitbestimmungspflichtig. Die Entscheidungen über Annahme oder Ablehnung und über die Prämierung sind einer Bewertungskommission, d.h. einem paritätisch besetzten Gremium von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern vorzulegen. Die Regelungen zum Ideenmanagement sind i.d.R. in Betriebsvereinbarungen festgelegt.
Ablauf
Für die Unternehmen ist es wichtig, möglichst viele Ideen ihrer Mitarbeiter zu erhalten, um diese hinsichtlich der Umsetzung prüfen zu können. Den Mitarbeitern soll es möglichst einfach gemacht werden, ihre Gedanken und Ideen zu äußern. Eventuelle Hemmungen sollen genommen werden, die Mitarbeiter sollen aktiv eingebunden werden und die Gelegenheit haben, mitzuwirken.
In den Unternehmen gibt es speziell benannte Ideenmanager, welche die Vorschläge der Mitarbeiter in jeder Form, schriftlich, mündlich oder per Mail entgegennehmen. Alternativ können in vielen Unternehmen die Vorschläge auch bei den Vorgesetzten oder über den Betriebsrat eingereicht werden. Oder es existieren spezielle Briefkästen oder Eingabemöglichkeiten über das Intranet. Nach Erhalt wird der Vorschlag zur Beurteilung an den zuständigen Gutachter weitergegeben. Dieser entscheidet über Umsetzung und Prämienhöhe. Kommt der Vorschlag zur Umsetzung, erhält der Einreicher eine Prämie, häufig ist dies ein fester Prozentsatz vom sogenannten Erstjahresnutzen des Vorschlags (Erstjahresnutzen = Nutzen im ersten Jahr nach Abzug der Einführungskosten). Vorschläge und Prämie werden auch der Bewertungskommission vorgelegt. Diese kann zustimmen oder nochmalige Gutachten einholen.
Grundsätzlich ist bei einem Vorschlag zunächst auch zu prüfen, ob dieser inhaltlich neu ist. Wenn ein Vorschlag einem bereits bekannten Vorschlag vollständig entspricht, so hat der frühere Vorschlag Priorität.
Wenn ein Vorschlag abgelehnt wird oder dem Einreicher die ermittelte Prämie nicht angemessen erscheint, so hat der Einreicher die Möglichkeit, Einspruch gegen die Beurteilung einzulegen. Der ursprüngliche Ablauf des klassischen Vorschlagswesens war sehr zeitintensiv und bürokratisch. Es gab Anpassungen und Optimierungen über das sogenannte Vorgesetztenmodell (vgl. Urban, 1993). Dem steckt der Gedanke zugrunde, dass viele Vorschläge das nähere Arbeitsumfeld betreffen und daher unmittelbar vom Vorgesetzten beurteilt und prämiert werden können. Abbildung 2 stellt klassisches Vorschlagswesen unter a) und das Vorgesetztenmodell unter b) gegenüber.
Beim traditionellen Vorschlagswesen erfolgte die Weiterleitung des Vorschlags anonym. Da-rauf haben viele Unternehmen inzwischen verzichtet. Es wird i.d.R. ein unbürokratischer Ablauf mit möglichst offener, einfacher Kommunikation zwischen Gutachter und Einreicher angestrebt.
Grundsätzlich wichtig: Ideenmanagement läuft nicht von allein. Es sind Informationsaktivitäten und Werbemaßnahmen erforderlich. Im Unternehmen muss eine Verbesserungskultur geschaffen werden, in der Vorschläge gewünscht sind. Für den Einreicher besteht die Chance auf eine Prämie, bei Ablehnung war seine Mühe jedoch vergeblich. Zur Abmilderung der Enttäuschung setzen die Unternehmen hier Maßnahmen ein, um die Mitarbeiter zu ermutigen, weiterhin Vorschläge zu machen. So gibt es beispielsweise Verlosungen von speziellen Preisen, in manchen Firmen wird auch der Wettbewerb von Abteilungen untereinander gefördert.
Beteiligte
Ideenmanagement ist nur dann erfolgreich, wenn es wirklich von der Geschäftsleitung „gewollt“ ist und in Zielen festgehalten ist. In diesem Fall sind die Aufgaben so verteilt:
Die Geschäftsleitung unterstützt und fördert das Ideenmanagement (IM), setzt IM-Ziele für das gesamte Unternehmen und entscheidet über Maßnahmen.
Der Ideenmanager ist Delegierter der Geschäftsleitung, verantwortlich für IM-Prozesse, zentraler Ansprechpartner in allen IM-Fragen, erarbeitet Rahmenbedingungen und entwickelt das IM weiter.
Die Führungskräfte setzen IM-Ziele im eigenen Bereich, fördern das IM im eigenen Verantwortungsbereich, analysieren die gelieferten Daten und reagieren darauf.
Die Ausprägung und Relevanz des IM in den Unternehmen zeigt sich darin, inwieweit ein spezielles Controlling eingesetzt wird, welches über die Zielerreichung informiert. Möglicherweise ist das Erreichen von IM-Zielen sogar bonusrelevant.
Empirische Erkenntnisse
Beim Aufkommen vom KVP, bei dem kleinste Verbesserungen gewünscht und gefördert werden, waren die Vertreter des traditionellen Vorschlagswesens skeptisch, ob sich diese hohe Zahl an Kleinstvorschlägen für die Unternehmen wirklich lohnt. Empirisch zeigt sich ein linearer Zusammenhang zwischen eingereichten und durchgeführten Vorschlägen, s. Abb. 3.
Je mehr Vorschläge eingereicht werden, umso mehr werden von den Unternehmen umgesetzt und mit einem Nutzen für die Unternehmen durchgeführt. Es gilt somit: Masse bringt Klasse!
Die Entwicklung des Nutzens mit steigender Vorschlagszahl zeigt einen ertragsgesetzlichen Verlauf in seiner abgeschwächten Form. D.h. die Grenzerträge sind positiv, ab einem gewissen Punkt aber abnehmend (vgl. Läge, 2002, S. 47).
Grundsätzlich ist es für Unternehmen lohnend, eine hohe Beteiligung anzustreben, um so auch einen hohen Nutzen für das Unternehmen zu realisieren. Bei der Entwicklung des Nutzens pro Vorschlag zeigen sich in manchen Fällen Erfahrungseffekte oder zyklische Effekte.
Unterstützung durch Controlling
Um das Ideenmanagement durch geeignetes Controlling zu unterstützen, sind wenige aussagefähige Kennzahlen auszuwählen und aufzubereiten. Wichtig ist es, die richtigen Ziele anzustreben (vgl. Läge, 2013). Als eine sehr transparente Darstellungsform bietet sich das Beteiligungs-Nutzen-Portfolio an (vgl. Läge/Fauth-Hardenbicker/Nielinger). Darin werden Beteiligungsquote und erzielter Nutzen pro Mitarbeiter gegenüber gestellt. Optimale Strategie ist es, eine möglichst hohe Beteiligung zu erreichen und zu halten, um so dauerhaft einen möglichst hohen Nutzen für das Unternehmen zu erzielen.
Für die kontinuierliche Berichterstattung bieten sich monatliche Plan-Ist-Vergleiche an. Die Berichterstattung zum Ideenmanagement sollte in das interne Reporting integriert sein, somit beispielsweise Teil einer Balanced Scorecard sein. Zumindest einmal pro Jahr ist eine Wirtschaftlichkeitsanalyse für das Ideenmanagement durchzuführen, in der Kosten und Nutzen identifiziert werden und der Erfolg des Ideenmana-gements klar in Euro aufgezeigt wird.
Fazit
Ideenmanagement ist ein Instrument, um Verbesserungen, Kostenvorteile und Erfahrungseffekte aktiv im Unternehmen zu erarbeiten. Die Anregungen kommen dabei von den eigenen Mitarbeitern, welche unmittelbar in Prozesse und Abläufe involviert sind und als erste Fehler im Produktionsprozess bemerken oder Beschwerden von Kunden entgegen nehmen. Ein wirklich gewolltes, aktiv betriebenes Ideenmanagement ist hoch profitabel. Ideenmanagement ist spannend. Sein wahrer Beitrag zum Unternehmenserfolg wird oft erst durch das Controlling sichtbar (vgl. Läge, 2013).
Literatur
Läge, K., Ideenmanagement - Grundlagen, optimale Steuerung und Controlling, 2002.
Läge, K., Controlling im Ideenmanagement, in: Franken, S. (Hrsg.): Ideenräume gestalten, Forum Wissen, Ideen, Innovationen, 2013, S. 127-146.
Läge/ Fauth-Hardenbicker/ Nielinger, Leitfaden zur Einführung eines Ideencontrollings, in: Deutsches Institut für Betriebswirtschaft e.V., Schriftenreihe Ideenmanagement, Heft 7, 1998.
Spahl, S., Handbuch Vorschlagswesen – Praxis des Ideenmanagements, 1975, Loseblattsammlung mit Ergänzungslieferung, 1978.
Urban, C., Das Vorschlagswesen und seine Weiterentwicklung zum europäischen KAIZEN: Das Vorgesetztenmodell, 1993.
Ersteinstellender Autor
Dr. Karola Läge, Bertelsmann SE & Co. KGaA, [1].