Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von ControllingWiki. Durch die Nutzung von ControllingWiki erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern. Weitere Informationen

Durchsatzrechnung

Aus ControllingWiki

Version vom 13. Januar 2015, 00:11 Uhr von Dienstl-Arnegger (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „1 Zusammenfassung Die Durchsatzrechnung basiert auf der Engpasstheorie und unterstellt, dass die Wert-schöpfung erst dann realisiert ist, wenn das verkaufte Prod…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Achtung. Sie nutzen eine nicht mehr unterstützte Version des Internet Explorer. Es kann zu Darstellungsfehlern kommen. Bitte ziehen Sie einen Wechsel zu einer neueren Version des Internet Explorer in Erwägung oder wechseln Sie zu einer freien Alternative wie Firefox.

1 Zusammenfassung Die Durchsatzrechnung basiert auf der Engpasstheorie und unterstellt, dass die Wert-schöpfung erst dann realisiert ist, wenn das verkaufte Produkt oder Dienstleistung zu Umsatz geworden ist. Drei Kennzahlen bilden eine wirksame Methode für zahlreiche operative Managemententscheidungen. Im Fokus steht immer eine Gesamtoptimierung (globaler Fokus), die üblicherweise in der Praxis anzutreffende Teiloptimierung (lokaler Fokus) unterbleibt.

2 Begriffsverständnis Die Durchsatzrechnung, die in den 1980er Jahren von dem Physiker und Unternehmensberater Eliyahu Goldratt entwickelt wurde, geht von der Prämisse aus, den Gewinn zu steigern anstatt nur die Kosten zu senken (Bragg, 2007). Der Grundgedanke ist, dass Kosten nur bis zu einer unteren Grenze gesenkt werden können, die Einnahmen durch Produktverkäufe jedoch theoretisch unbegrenzt sind. Natürlich gibt es in der Praxis Limitierungen, wie die Aufnahme-fähigkeit der Märkte, Verfügbarkeit von Ressourcen etc. Durch die Fokussierung auf Gewinn-steigerung wird die Durchsatzrechnung primär in operativen Unternehmensentscheidungen angewendet, dabei wird das Unternehmen als Ganzes betrachtet. Unwirtschaftliche Teiloptimierungen sind damit ausgeschlossen. Die Durchsatzrechnung basiert auf der Eng-passtheorie (Theory of Constraints), die davon ausgeht, dass die Kapazität einer Wertschöp-fungskette oder eines Unternehmens durch das schwächste Glied in der Wertschöpfungskette bestimmt wird, das als Flaschenhals oder Engpass bezeichnet wird (Goldratt/Cox, 2013). Ein Unternehmen kann dabei mehrere Engpässe aufweisen. Die Durchsatzrechnung richtet den Fokus auf das Management des Engpasses und führt bei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen häufig zu völlig anderen Ergebnissen als mit den klassischen Kennzahlen. Sie basiert auf den drei grundlegenden Kennzahlen Durchsatz, Investitionen und Betriebsausgaben. Selbstver-ständlich ist jederzeit eine Überführung der Kennzahlen der Durchsatzrechnung in die Kenn-zahlen der Kostenrechnung möglich.

3 Kennzahlen der Durchsatzrechnung Die Durchsatzrechnung geht davon aus, dass erst durch den Verkauf eines Produktes eine Wertschöpfung entsteht und nicht, wie in der klassischen Kostenrechnung unterstellt, schon bei unverkauften, aber bearbeiteten unfertigen oder fertigen Erzeugnissen. Als Konsequenz gibt es keine fiktiven Preise für innerbetriebliche Leistungen oder Verrechnung von Gemein-kosten auf die einzelnen Produkte. Typischerweise geht die Durchsatzrechnung von folgenden drei Kennzahlen aus, die völlig andere Definitionen haben, als von der klassischen Kostenrechnung bekannt (Schlesinger, 2014). Es wird immer ein bestimmter Zeitraum (Jahr, Quartal, Monat) betrachtet. • Durchsatz (T) • Investitionen / Inventar (I) • Betriebskosten (OE) Hieraus lassen sich weitere, auch von der klassischen Kosten- und Leistungsrechnung be-kannte Kennzahlen berechnen: • Nettogewinn (NP) • Return on Invest (ROI) • Produktivität (P) • Bestandsumschlag (BU)

Kennzahl 1: Durchsatz Der Durchsatz (Throughput) ist die Differenz zwischen den Verkaufserlösen (Sales) pro Zeit-einheit und den für diesen Verkaufserlös tatsächlich anfallenden echten variablen Kosten (Totally Variable Costs) T = S – TVC Der Durchsatz entspricht dem Deckungsbeitrag, allerdings sind die variablen Kosten anders als üblich definiert. Echte variable Kosten sind in der Durchsatzrechnung alle Kosten, die in ihrer Höhe direkt proportional zur produzierten Menge an Gütern und Dienstleistungen sind. Es werden nur solche Kosten betrachtet, die direkt in das Produkt einfließen, eine Umlage von Kosten findet nicht statt. Echte variable Kosten sind beispielsweise Kosten für Rohstoffe und Zukaufteile, aber auch Frachtkosten und Verkaufsprovisionen, wenn sie in direktem Verhältnis zur Anzahl der verkauften Produkte stehen.

Kennzahl 2: Investitionen / Inventar Die Investitionen I umfassen das im Unternehmen investierte Kapital. Neben den Beständen sind hier auch die Ressourcen für die Produktion, z.B. Grundstücke, Maschinen, Fahrzeuge und Büroausstattung beinhaltet. Die Investitionen fließen, im Gegensatz zu den echten variab-len Kosten, nicht in das Produkt ein. Bestände (Umlaufbestand, Materialbestand, Fertigwa-renbestand) werden nur zu ihren Beschaffungskosten bewertet, die erfolgte Wertschöpfung in der Produktion wird nicht berücksichtigt.

Kennzahl 3: Betriebsausgaben Betriebsausgaben (Operating Expenses) sind in der Durchsatzrechnung die Summe aller sons-tigen Ausgaben des Unternehmens im Betrachtungszeitraum, umfassen also alles außer den echten variablen Kosten und den Investitionen. Dazu gehören Löhne, Mieten, Vertriebskos-ten, administrative Kosten. Es gehört auch der Ausschuss in der Produktion dazu. Die Be-triebsausgaben sind das Geld, das für die Erzeugung der Produkte ausgegeben wird. Aller-dings erfolgt keine Umlage der Betriebsausgaben auf die einzelnen Produkte, wie bei der Kostenträgerrechnung, sondern alle Betriebsausgaben werden immer in Summe betrachtet. Hierdurch bleibt die globale Sicht auf das Unternehmen gegeben, eine lokale (Sub)optimierung erfolgt nicht.

Aus den genannten Kennzahlen lassen sich folgende Kenngrößen ableiten: • Nettogewinn (NP) = Durchsatz (T) – Betriebskosten (OE) • Return on Invest (ROI) = Net Profit (NP) / Investitionen/Inventar (I) • Produktivität (P) = Durchsatz (T) / Betriebskosten (OE) • Bestandsumschlag (BU) = Durchsatz / Investitionen/Inventar (I)

Für Entscheidungen, die auf Basis der Durchsatzrechnung getroffen werden, gilt folgende Zielvorgabe: • Steigerung des Durchsatzes • Senkung der Investitionen/Inventar • Senkung der Betriebsausgaben Bei jeder betrieblichen Entscheidung ist zu ermitteln, welcher Einfluss auf die drei Kennzah-len gegeben ist.

4 Anmerkungen und Erläuterungen Die Durchsatzrechnung geht davon aus, dass es in einer Wertschöpfungskette einen Engpass als limitierenden Faktor gibt. Engpässe können in verschiedenen Formen auftreten. Ein we-sentlicher Engpass ist die Leistungsfähigkeit einer Produktionsanlage. Es gilt, den Engpass optimal auszunutzen. Vor- und nachgelagerte Prozessschritte (Maschinen) sind untergeordnet, da sie genügend Kapazität haben. Folgende generellen Unterschiede zur traditionellen Kostenrechnung sind gegeben: • Eine Verrechnung von Gemeinkosten auf Kostenträger (Produkte) findet nicht statt. • In der traditionellen Kostenrechnung werden die vorhandenen Ressourcen maximal ge-nutzt (Fixkostendeckung). In der Durchsatzrechnung darf von den dem Engpass vorgela-gerten Prozessschritten nur so viel produziert werden, dass eine jederzeitige Versorgung des Engpasses gewährleistet ist. Hierzu wird ein gewisser Sicherheitsbestand (Schutzbe-stand) aufgebaut. Im Ergebnis führt das dazu, dass vor- und nachgelagerte Arbeitsschritte nicht zu 100 % ausgelastet sind. • Eine Umlage von sekundären Kosten nach irgendwelchen Kriterien (Schlüsseln) gibt es in der Durchsatzrechnung nicht. Alle Kosten, die nicht echte variable Kosten sind, werden gesammelt und als Betriebsausgaben vom Durchsatz abgezogen. Die Durchsatzrechnung findet Anwendung in der Durchsatzanalye, bei Investitionsentschei-dungen und bei der Erlösplanung und liefert hier zumeist völlig andere Ergebnisse und damit andere Entscheidungen als bei Anwendung der klassischen Kostenrechnung.

An einem einfachen Beispiel aus der Produktion soll die Wirkung der Durchsatzrechnung gezeigt werden. Jede nichtgenutzte Produktionsstunde der Engpassmaschine verringert die Produktionsmenge, damit den erzielbaren Umsatz und damit den erzielbaren Durchsatz. Hie-raus ergibt sich, dass die Abschaltung während bezahlter Pausen, für Rüstvorgänge oder auch die Produktion von Ausschuss im Fokus stehen. Die Durchsatzrechnung untermauert ein-drucksvoll, dass hierdurch enorme Potentiale gehoben werden können.

Beispiel: In vielen Unternehmen ist es üblich, dass Anlagen während der bezahlten Pausen abgestellt werden. Die traditionelle Kostenrechnung und die Durchsatzrechnung bewerten dieses völlig unterschiedlich, wobei für die Durchsatzrechnung nur die Engpassmaschine interessant ist.

Annahmen: • Die Engpasskapazität beträgt 20 Produkte pro Stunde, es wird in 3 Schichten von Montag-Freitag produziert = 20 Arbeitstage pro Monat. • Die Bruttomarge des hergestellten Produkts beträgt 4 EUR pro Stück . • Die monatlichen Betriebskosten des gesamten Produktionsbereiches betragen 1,2 Mio. EUR. Für die Bewertung einer täglichen Pause von 1,0 Stunden (3 Schichten zu je 20 min) ergibt sich: