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Netzwerkcontrolling

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Zusammenfassung

Unternehmensnetzwerke sind eine spezielle Form der Kooperation, die auf die gemeinsame Erzielung von Vorteilen in einem Netzwerk mehrerer Unternehmen gerichtet ist. Die spezifische Form des Unternehmensnetzwerkes macht eine Anpassung der Controlling-Konzeption für die Erfüllung der spezifischen Aufgaben des Netzwerkmanagements erforderlich. Das Netzwerkcontrolling muss daher einige Besonderheiten von Unternehmensnetzwerken berücksichtigen.


Unternehmensnetzwerke

Unternehmensnetzwerke stellen eine spezielle Form der zwischenbetrieblichen Kooperation (Kooperationscontrolling) dar. Anhand von zentralen Merkmalen soll im Folgenden der Begriff des Unternehmensnetzwerks dargestellt werden.

Die verwendete Begrifflichkeit Unternehmensnetzwerk deutet bereits auf die Konzentration auf die betriebliche Organisationsform „Unternehmen“ bei den Kooperationspartnern hin. Damit können soziale, biologische, infrastrukturelle etc. Netzwerke ausgeschlossen werden. Legt man bei Unternehmen eine Gewinnerzielungsabsicht zugrunde und unterstellt Unternehmensnetzwerken eine direkte Wirkung auf diese, so folgt auf der Kooperationsebene nahezu zwangsläufig die Konzentration auf zwischenbetriebliche Kooperationen. Die gemeinsame Erstellung von Produkten oder Dienstleistungen muss im Vordergrund stehen. Der freiwillige Charakter der Formierung zu Unternehmensnetzwerken scheint von zentraler Bedeutung, da viele Mechanismen nur unter dieser Voraussetzung wirksam sein können. Als weiteres Merkmal wird die Entscheidungseinschränkung herangezogen. Unternehmensnetzwerke sind demnach durch eine partielle Entscheidungseinschränkung gekennzeichnet. Bei völliger Autonomie greift der Netzwerkgedanke der Kooperation mit Partnern zur Zielerreichung nicht mehr, bei völliger Abhängigkeit ist die Freiwilligkeit der Formierung konterkariert. Dieses Merkmal wird besonders von der Neuen Institutionenökonomik betont. Unternehmensnetzwerke stellen demnach eine intermediäre Organisationsform dar, die sich im Spannungsfeld zwischen den Extrempunkten Markt und Hierarchie bewegt.

Von besonderer Bedeutung ist die Steuerungsform bzw. die Möglichkeiten zur Einflussnahme bei Unternehmensnetzwerken, da sie häufig zu Differenzierungszwecken genutzt wird. Dabei wird zwischen fokalen und polyzentrischen Netzwerken unterschieden (alternativ findet sich das Begriffspaar hierarchisch/heterarchisch). Charakteristisch für fokale Netzwerke ist eine asymmetrische Verteilung der Interessenlage und meist auch der Einflussmöglichkeiten, d.h. es existiert ein Unternehmen (das fokale Unternehmen), das die übrigen Partner dominiert. Häufig ist dies identisch mit dem Partner, der den Marktzugang besitzt. Bei polyzentrischen Netzwerken haben alle Partner einen ähnlichen Einfluss und eine ähnliche Machtposition. Die Dominanz darf definitionsgemäß nur wirtschaftlich und nicht rechtlich sein, da es sich sonst um konzernartige Verbindungen auf der Basis eines Beherrschungsvertrages (§ 291 AktG) - und nicht mehr um Netzwerke - handelt. Strukturell weisen fokale Netzwerke allerdings durchaus Parallelen zu Konzernen auf, da das fokale Unternehmen in der Regel über erhebliche faktische Weisungsmacht verfügt.

Als weiteres zentrales Merkmal wird gesehen, dass mindestens drei Unternehmen an einem Unternehmensnetzwerk beteiligt sein müssen und die Anzahl der Beziehungsbündel (Kanten) die Anzahl der Unternehmen (Knoten) nicht unterschreiten darf. Damit werden rein lineare – zumeist vertikale (Supply Chain) oder horizontale (Allianz) – Kooperationen ausgeklammert. Zwischen den Netzwerkpartnern bestehen Geschäftsbeziehungen, d.h. langfristig angelegte, von ökonomischen Zielen geleitete Interaktionsprozesse und Bindungen zwischen Mitgliedern verschiedener Organisationen, die auf eine Folge von Austauschvorgängen gerichtet sind. Damit ergibt sich folgende Definition: Ein Unternehmensnetzwerk ist eine auf freiwilliger Basis entstandene zwischenbetriebliche Kooperation mindestens dreier Unternehmen, die dadurch in ihrer unternehmerischen Autonomie partiell eingeschränkt werden. Die Anzahl der Beziehungsbündel zwischen den Partnern (Kanten), darf die Anzahl der teilnehmenden Unternehmen (Knoten) nicht unterschreiten. Netzwerkmanagement Sydow und Windeler unterscheiden vier unternehmenskooperationsspezifische Aufgaben zur Steuerung von Netzwerken: Selektion, Allokation, Regulation und Evaluation. Zwischen ihnen existieren vielfältige Verlauf-Folge- sowie Ursache-Wirkungs-Beziehungen (Rekursivität), sie sind folglich interdependent. Die Selektionsaufgabe erstreckt sich auf die Auswahl von Leistungen, Zielen, Strategien und Partnern. Im Mittelpunkt steht die Frage, wer und was in die Unternehmenskooperation aufgenommen und darin verbleiben soll, und damit auch, welche Ausprägung die derivativen Merkmale der Unternehmenskooperation annehmen. Die Selektion erfolgt aufgrund von Kriterien, die, abhängig von der Art der zur Verfügung stehenden Alternativen, spezifisch an die jeweilige Netzwerkform und -situation angepasst werden müssen. Sie beinhaltet die zu erstellenden Produkte oder Dienstleistungen, die auftragsausführenden Partner und deren dafür erforderlichen (Kern-) Kompetenzen. Des Weiteren umfasst sie die Auswahl des Geschäftsfeldes, des jeweiligen Marktes, der in die Kooperation miteinbezogenen betriebswirtschaftlichen Funtionsbereiche, des grundlegenden Kernkompetenzen- und Ressourcenvorrats. Die Selektionsaufgabe identifiziert wettbewerbsrelevante Potenziale aus markt- oder ressourcenorientierter Perspektive. Sie enthält somit einen Teil der Koordinations-, Zielausrichtungs- und Anpassungsfunktion des Controlling, die auch die Auswahl von Alternativen, den Aufbau und die Sicherstellung von Potenzialen sowie die Koordination mit der Umwelt einschließt. Die Allokationsfunktion befasst sich mit der Verteilung von Aufgaben, Ressourcen und Zuständigkeiten auf die einzelnen Partnerunternehmen unter Beachtung der spezifischen Kompetenzen und Konkurrenzvorteile. Durch Informationsasymmetrien ist sie bei fokaler Festlegung nicht zwingend optimal. Aufgrund der Dynamik von Unternehmenskooperation und -partnern ist auch die Allokationsfunktion kontinuierlich wahrzunehmen, um zu jeder Zeit eine optimale Verteilung zu gewährleisten. Beispielhaft könnten sich die Kompetenzen der Partnerunternehmen etwa durch Weiterbildung verändern oder durch Hinzukommen neuer Partner der Zugang zu anderen Ressourcen oder Fähigkeiten entstehen. Hier wird die Rolle der Partnerselektion als Vorsteuerungsfunktion deutlich, sie determiniert den Bereich der Allokationsmöglichkeiten. Die Regulation beschäftigt sich mit der „Entwicklung und Durchsetzung von Regeln der Zusammenarbeit“, also mit zentralen Gesichtspunkten der Koordination. Dazu gehört die Einbeziehung von Steuerungsgrößen, die durch die Evaluationsfunktion festgelegt und ermittelt werden. Die Regulation soll auf diese Weise ein Gleichgewicht zwischen Koope¬ration und Wettbewerb, Autonomie und Abhängigkeit sowie Vertrauen und Kontrolle herstellen. Auf auftragsübergreifender Ebene zielt die Regulation vor allem auf die Erhaltung der langfristigen und kurzfristigen Flexibilität der Unternehmenskooperation durch Schaffung geeigneter Regelungs- und Steuerungsmechanismen ab. Die Evaluation als letzte Aufgabe des Unternehmenskooperationsmanagements dient der Quantifizierung und Bewertung der Kooperationsaktivitäten und kann als Querschnitts- und Unterstützungsfunktion identifiziert werden. Sie liefert die Grundlage für die Ausführung der anderen Aufgaben und ist darüber hinaus eng mit den Funktionen des Controlling verbunden. Die Evaluation erstreckt sich auf die gesamte Kooperation, auf einzelne Beziehungen sowie auf den Leistungsbeitrag der individuellen Partner zum Unternehmenskooperationserfolg. Zur Evaluation gehört die Entwicklung geeigneter Kriterien und Maßstäbe, mit denen die, von den anderen Funktionen benötigten, Informationen etwa im Bereich der Partnerselektion oder der Ressourcenverteilung permanent unterstützt werden. Auch an dieser Stelle ist der Einsatz übergreifender Controllinginstrumente zu Bewertung, Kontrolle und Koordination möglich, stellen doch diese mehr oder weniger formelle, organisatorisch verankerte Verfahren dar.

Netzwerkcontrolling

Basierend auf den Aufgaben des Netzwerkmanagements lassen sich die Aufgaben des Netzwerkcontrollings als Führungsunterstützungsfunktion ableiten. Zudem müssen die dargestellten Besonderheiten von Netzwerken systematisch berücksichtigt werden. Unterscheidet man in Anlehnung an Horváth konsequent zwischen dem Management und dem Controlling, die beide als Elemente des Führungssystems zusammenarbeiten, ergibt sich als zentrale Aufgabe des Netzwerkcontrollings die Sicherung eines ergebniszielorientierten Netzwerkmanagements. Das Netzwerkcontrolling muss durch geeignete Instrumente und Systeme die ergebniszielorientierte Erfüllung der Aufgaben des Netzwerkmanagements (Selektion, Allokation, Regulation, Evaluation, vgl. das vorherige Kapitel) unterstützen und sicherstellen. Ferner unterscheidet sich dieses Netzwerkcontrolling von dem Controlling in Einzelunternehmen durch zentrale Punkte.


1. Die Controllingsysteme der Partner müssen auf die vom Netzwerkmanagement festgelegten Netzwerkziele abgestimmt werden. Die Abstimmung der Partnercontrollingsysteme und die damit verbundene Koordination der Teilziele der einzelnen Partnerunternehmen stellen hohe Anforderungen an das Netzwerkcontrolling. Damit einher geht auch die Sicherstellung der Synergie- und weiterer Netzwerkeffekte, beispielsweise durch die Sicherung der netzwerkweiten effizienten Leistungserstellung durch Maßnahmen wie ein netzwerkweites Kostenmanagement.

2. Die Bewertung und Verteilung der Wertschöpfungsbeiträge der Partner ist erforderlich, um für jeden einzelnen Partner ein ausgewogenes, individuelles Verhältnis von Anreizen und Beiträgen sicherzustellen. Das Netzwerkcontrolling muss dabei neben objektiven, wertorientierten Aspekten auch Verhaltens- und Machtaspekte bei der Bewertung und Verteilung des Netzwerkerfolgs berücksichtigen. Gleichzeitig können auf diese Weise opportunistische Ausnutzung wie Trittbrettfahren vermieden sowie die Auswahlkriterien und -kompetenzen überprüft werden. Diese Bewertung bildet die Basis für Verbesserungsmaßnahmen.

3. Informationsbereitstellung, -offenlegung und -austausch müssen netzwerkweit stattfinden. Hierbei ergibt sich besonders die Problematik der rechtlichen Selbstständigkeit der Partnerunternehmen, die zum Teil auch untereinander in Wettbewerb stehen. Des Weiteren ergeben sich durch die Offenlegung von Informationen innerhalb des Netzwerks eine Verschiebung der Machtsituation sowie die Gefahr der opportunistischen Ausnutzung. Dem ist durch adäquate Methoden und Instrumente sowie der Schaffung geeigneter Systeme entgegenzuwirken.

4. Ebenfalls durch die Selbstständigkeit der Netzwerkpartner verursacht entsteht die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Verhaltensaspekten bei deren Koordination. Hierarchische Weisungen wie „command and control“ können vor allem in polyzentrischen Netzwerken nicht zur Koordination herangezogen werden, vielmehr sind häufig eine partizipative Abstimmung sowie kooperative Gruppen- oder Koalitionsentscheidungen zu beobachten. Vertrauen stellt den zentralen Mechanismus dar. Adäquate Anreiz- und Konfliktlösungsstrukturen unterstützen die Allokation und Regulation.


Quellen

Horváth, P., Czichowsky, A., Eckert, S., Fischer, D., Jochen, M., Möller, K., Seiter, M., Unternehmensnetzwerke - Vorschlag eines begrifflichen Ordnungssystems, Controlling-Forschungsbericht Nr. 78 des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart, Stuttgart 2004.

Möller, K. (2006), Wertschöpfung in Netzwerken, München 2006

Möller, K./Isbruch, F. Stakeholderintegration durch Netzwerkcontrolling, in: Controlling zwischen Shareholder Value und Stakeholder Value: Neue Anforderungen, Konzepte und Instrumente” herausgegeben von F. Wall und R. W. Schröder, 2009

Sydow, J. (2002), Strategische Netzwerke: Evolution und Organisation, 5. Aufl., Wiesbaden 2002

Sydow, J.: Management von Netzwerkorganisationen – Zum Stand der Forschung, in: Sydow, J. (Hrsg.): Management von Netzwerkorganisationen: Beiträge aus der „Managementforschung“, 3. Aufl., Wiesbaden 2003, S. 293-354.

Sydow, Jörg/Windeler, Arnold (Netzwerke 1994): Über Netzwerke, virtuelle Integration und Interorganisationsbeziehungen, in: Management interorgani¬sationaler Beziehungen: Vertrauen, Kontrolle und Informationstechnik, hrsg. von Jörg Sydow und Arnold Windeler, Opladen 1994, S. 1-21

Zentes, J., Swoboda, B., Morschett, D. (Hrsg., 2003), Kooperationen, Allianzen und Netzwerke: Grundlagen - Ansätze - Perspektiven, Wiesbaden 2003


Ersteinstellende Autoren

Prof. Dr. Klaus Möller Dr. Felix Isbruch

Kontaktadresse: Klaus.Moeller@unisg.ch

Homepage: [1] - www.aca.unisg.ch