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Target Costing

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IGC-DEFINITION

Target Costing / Target costing
Target Costing oder Zielkostenrechnung ist das Konzept des marktorientierten Zielkostenmanagements, das in den frühen Phasen der Produktentwicklung einsetzt. Mit Target Costing sollen Produkte zu vom Kunden „erlaubten“ Kosten entwickelt werden, die vom Kunden definierte Funktionsmerkmale erfüllen. Im Vordergrund steht die Frage: Was darf ein Produkt kosten? Die Kostenplanung läuft ex ante Hand in Hand mit der Produktplanung und setzt auf dem von der Marktforschung ermittelten Preis auf.

aus: IGC-Controller-Wörterbuch, International Group of Controlling (Hrsg.)

Zusammenfassung

Bei Target Costing werden die zulässigen Selbstkosten eines Produktes aus dem erzielbaren Marktpreis abgeleitet. Statt „Was kostet ein Produkt?“ steht die Frage im Vordergrund, „was ein Produkt kosten darf?“ Damit gilt Target Costing als Entscheidungshilfe bei markt- und kundenorientierter Produktentwicklung.

Target Costing als Instrument des Kostenmanagements

Target Costing ist ein Konzept zur Kostenplanung, -steuerung und -kontrolle, mit dem frühzeitig im Lebenszyklus eines Produktes eine marktorientierte Zielkostenplanung und Kostenbeeinflussung vorgenommen werden kann. Es ermöglicht, eine markt- und kundenorientierte Entwicklung von Produkten sicherzustellen, Kostentreiber zu identifizieren und Kostengestaltungsmaßnahmen systematisch anzuwenden.

Der Ursprung des Target Costings lässt sich bis in das Jahr 1963 in Japan zurückverfolgen. In den 1980er Jahren wurde das Kozept in der deutsch- und englischsprachigen Literatur bekannt.

Phasen des Target Costings

Um eine marktgerechte Entwicklung eines Produktes darzustellen, wird nachfolgend der Prozess des Target Costings dargestellt:

  • Zielkostenfindung,
  • Zielkostenspaltung
  • Zielkostenerreichung.

In der ersten Phase, der Zielkostenfindung, werden Marktpreis und Absatzmengen ermittelt, sodass der Umsatz eines Produktes über den gesamten Lebenszyklus berechnet werden kann. Der geplante Verkaufspreis, der sich aus den Marktforschungen ergibt, ist der Target Price. Abzüglich des Gewinns, den das Unternehmen realisieren möchte (Target Profit), ergeben sich die maximal erlaubten Kosten (Allowable Costs). Zusätzlich wird erhoben, wie hoch die Kosten bei derzeitiger Fertigung oder Zukauf wären (Drifting Costs). Schließlich werden die Zielkosten (Target Costs) ermittelt, die erreicht werden können. Häufig liegen die Zielkosten über den maximal erlaubten Kosten, da die entstehende Lücke vor dem Hintergrund der gegenwärtigen organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen nicht geschlossen werden kann. In diesem Fall müssen permanent weitere Kostensenkungspotenziale gesucht werden, bis die Target Costs den Allowable Costs entsprechen. Abbildung 1 erläutert diesen Zusammenhang.


TargetCostingAbb1.jpg

Abbildung 1: Prozess der Zielkostenfindung


In der Literatur werden sechs Verfahren besprochen, mit denen die Zielkosten bestimmt werden können:

  • Markt into Company: Bei diesem Verfahren werden die Zielkosten den erlaubten Kosten gleichgesetzt. Dieses Verfahren eignet sich für Unternehmen, die einem sehr intensiven Wettbewerbsumfeld ausgesetzt sind. Dieses Verfahren findet in der Praxis jedoch keine weite Verbreitung, weil es kaum Gestaltungsraum bietet.
  • Out of Company: Dieser Ansatz ermittelt die Zielkosten auf Basis der produktionstechnischen und betriebswirtschaftlichen Potenziale des Unternehmens, also interner Faktoren. Die Zielkosten liegen daher in der Nähe der Standardkosten. Der Marktbezug tritt dabei in den Hintergrund.
  • Into and out of Company: Dieser Ansatz ist eine Verbindung aus Market into Company und Out of Company. Die Faktoren zur Bestimmung der Zielkosten sind der Marktpreis und die vorhandene Technologie des Unternehmens.
  • Out of Competitor: Diese Methode leitet die Zielkosten aus denen der Konkurrenz ab, z.B. durch Benchmarking.
  • Out of Standard Costs: Dieses Verfahren bestimmt die Zielkosten auf Grundlage von bisherigen Erfahrungen und den Standardkosten bisheriger Produkte. Dieses Verfahren eignet sich besonders für unterstützende Abteilungen, vernachlässigt jedoch die strikte Marktorientierung.
  • Out of Value Chain: Diese Methode berechnet die Zielkosten auf Grundlage von Abschläge vom Standardkostenniveau. Dabei werden die zentralen Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens betrachtet. Diese Prozessperspektive ermöglicht es, das Target Costing mit der Prozesskostenrechnung zu verbinden.

Die zweite Phase, die Zielkostenspaltung, fokussiert sich auf die Verteilung der gesamten Zielkosten auf einzelne Produktelemente und/oder Funktionen. Wenn die Zielkosten kein realistisches Abbild der ressourcenmäßigen Beanspruchung einzelner Komponenten bieten, wird das Produkt „am Markt vorbei“ entwickelt. Daher ist es das Ziel dieser Phase, marktorientierte Vorgaben für einzelne Produktmerkmale zu erhalten und diese mit den Kundenwünschen zu vergleichen. Auf diese Weise wird eine kundennutzenorientierte Ressourcenallokation sichergestellt. Grafisch werden diese Zusammenhänge in der sogenannten Funktionen-Komponenten-Matrix dargestellt. Sie unterstützt die Analyse, welche Komponenten eines Produktes an der Erfüllung des Kundennutzens maßgeblich beteiligt sind. Die folgende Tabelle gibt ein Beipiel für eine Funktionen-Komponenten-Matrix für einen Pflegedienst. Horizontal sind die Leistungsfunktionen abgebildet, die Komponenten sind vertikal dargestellt.


Tabel0.JPG


Anschließend erleichtert ein weiteres Analyseinstrument, das Zielkostenkontrolldiagramm (Value Control Chart), die Datenauswertung (siehe Abbildung 2 mit einem Beispiel für ein Elektrogerät). In ihm werden der Kostenanteil und der Nutzen einzelner Produktkomponenten mit Hilfe von Zielkostenindices verglichen.


Zielkostenkontrolldiagramm für ein Elektrogerät.JPG

Abbildung 2: Zielkostenkontrolldiagramm für ein Elektrogerät


Bei der Interpretation des Ziekostendiagramms treten drei mögliche Ergebnisse auf:

  • Werte in der Zielkostenzone befinden sich im Toleranzbereich, sodass keine Notwendigkeit für weitere Maßnahmen besteht.
  • Produktkomponenten, die sich links oberhalb der Zielkostenzone befinden, gelten als zu teuer, d.h. Kostensenkungen sollten folgen.
  • Ergebnisse rechts der Zielkostenzone repräsentieren den angestrebten Kundennutzen noch nicht optimal. Die Möglichkeit zur Steigerung des Produktnutzens durch Funktionsoptimierung besteht.

Die dritte Phase, die Zielkostenerreichung, beschreibt die konkrete Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen. Eine Systematisierung der Modelle, Methoden, und Instrumente des Target Costings führt zu drei Gruppen zur Zielkostenerreichung:

  • Konstruktions- bzw. technologieorientierte Ansätze, wie Reverse Engineering oder Wertanalysen, zielen darauf ab, frühzeitig relevante Kosteninformationen bereitzustellen. Dies ermöglicht es bereits in der Planungsphase Gestaltungvorschläge auf Basis ihrer Kostenstrukturen zu beurteilen.
  • Zu den produkt- bzw. prozessorientierten Ansätzen zählen Instrumente wie beispielsweise Benchmarking, Prozesskostenrechnung, Lebenszykluskostenrechnung oder Quality Function Deployment.
  • Organisatorische Konzepte beinhalten Instrumente wie z.B. Just-in time, funktionsübergreifende Teams oder Projektkostenrechnung.

Anwendungsgebiete des Target Costings

Target Costing eignet sich insbesondere zur Einführung neuer Produkte auf wettbewerbsintensiven Märkten, die durch hohe Preiselastizität, kurze Produktlebenszyklen, schnelle technologische Neuerungen und/oder hohe Produktentwicklungskosten gekennzeichnet sind. Traditionell findet Target Costing die häufigste Anwendung in der Großserien- und Massenfertigung, wird aber auch in der High-Tech-Branche mit komplexen Produkten und hohen Produktivitätsanfoderungen genutzt.

Zahlreiche wissenschaftliche und praxisorientierte Beiträge haben sich auf die Anpassung des Target Costings an verschiedene Umweltzustände und Branchen fokussiert. So sind Veröffentlichungen für die Automobilbranche, Banken, öffentliche Unternehmen und zum E-Business erschienen. Auch für Formen der Kooperation wie Netzwerke und Supply Chains existieren Target-Costing-Ansätze.

Target Costing ist jedoch nicht für alle Unternehmen und Branchen gleichermaßen geeignet. So ergaben Studien, dass in anlageintensiven rohstoffverarbeitenden Branchen, wie Chemie, Metall und Glas, Target Costing wenig verbreitet ist. Als Gründe sind die hohen Fixkosten und inflexiblen Produktionsabläufe zu nennen, die wenig Raum für Anpassungen und Einsparmöglichkeiten bieten.

Anwendungsbeispiel

Ein Unternehmen plant die Einführung einer neuen Kaffeemaschine, die aus den fünf Komponenten Gehäuse, Kanne, Filtersystem, Wassertank und Heizsystem besteht. Im Rahmen der Zielkostenfindung wurde ein Zielverkaufspreis von € 60 ermittelt. Bei einer angestrebten Umsatzrendite von 20 % belaufen sich die Zielkosten auf € 48. Eine Kundenbefragung ergab, dass vier Eigenschaften mit folgender Gewichtung besonders nützlich sind: Zuverlässigkeit 40 %, Design 30 %, Bedienung 20 % und Farbe 10 %.

Im Zielkostenspaltungszyklus hat das Unternehmen zunächst den Beitrag jeder Komponente zur Erfüllung der vier Eigenschaften bestimmt.


Tabel1.JPG


Eine Multiplikation der Werte dieser Tabelle mit der Gewichtung des Kundennutzens pro Eigenschaft ergibt den relativen Kostenanteil pro Komponente. Auf Basis der gesamten Zielkosten von € 48 lassen sich die absoluten Zielkosten pro Komponente bestimmen.


Tabel2.JPG


Die Vorkalkulation der Kaffeemaschine hat Drifting Costs von € 56 ergeben, die sich wie folgt auf die einzelnen Komponenten verteilen.


Tabel3.JPG


Als nächster Schritt werden diese Zielkosten mit den Standardkosten pro Komponente verglichen. Dieser Abgleich verdeutlicht, wo Kostenlücken existieren und ob die Zielkosten realisierbar sind. Der Zielkostenindex unterstützt diese Entscheidung. Er wird berechnet, indem die prozentuale Bedeutung pro Komponente aus Kundensicht durch den aktuellen prozentualen Kostenanteil pro Komponetente dividiert wird. Der Zielkostenindex sagt demnach aus, inwiefern die aktuellen Kosten im Einklang mit der Bedeutung der Komponente aus Marktsicht stehen. Im Idealfall sollte der Zielkostenindex für alle Komponenten den Wert 1 betragen. Um vertretbare Abweichungen zu integrieren, wird ein Toleranzbereich definiert.

Durch die Gegenüberstellung des prozentualen Kostenanteils und der prozentualen Bedeutung der jeweiligen Komponenten können die einzelnen Zielkostenindices ermittelt werden.


Tabel4.JPG


Die Zielkostenindices zeigen, dass die Komponenten Kanne und Filtersystem zu günstig hergestellt werden, während die Elemente Gehäuse, Wassertank und Heizsystem zu aufwendig sind. Die Zielkostenzone beschreibt den akzeptable Toleranzbereich der auftretenden Abweichungen. Dieser Toleranbereich wird mit Hilfe des Nutzenanteils x pro Komponente sowie dem Toleranzparameter q bestimmt. Die untere Kostengrenze y1 berechnet sich nach der Formel y1 = (x²-q²)1/2. Die obere Kostengrenze y2 wird bestimmt mit der Formel y2 = (x²+q²)1/2. Bei Produkten mit hohem Kostendruck sollte q möglichst klein gewählt werden. Bei einem Parameter q = 15% weist das Ziekostenkontrolldiagramm einen Toleranzbereich auf, indem nur das Filtersystem integriert ist. Bei allen anderen Komponenten sind im Rahmen der Zielkostenerreichnung geeignete Maßnahmen zur Anpassung abzuwägen (siehe Abbildung 3).


TagetCostingAbb3.JPG

Abbildung 3: Zielkostenkontrolldiagramm für die Kaffeemaschine

Vorteile und Grenzen des Target Costings

Wie eingangs erörtert unterstützt Target Costing ein Unternehmen darin, seine Kostenstrukturen kunden- und marktorientiert auszurichten. Ferner soll das es bei den Mitarbeitern ein stärkeres Kosten- und Kundenbewusstsein schaffen und somit einen kulturellen Wandel im Unternehmen einleiten, der zu mehr Flexibilität und lösungsorientierteren Diskussionen über Kostenstrukturen führt. Diese verhaltenssteuernde Wirkung ist eine wichtige Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung des Target Costings.

Trotz seiner Vorteile hat Target Costing einige Schwächen.

  • So wird im Rahmen der Zielkostenspalung davon ausgegangen, dass die vorliegenden Daten wie Kundenpräferenzen zuverlässig erhoben wurden bzw. werden können. Dies ist in der Praxis − z. B. durch beschränkte Gruppengrößen oder divergierende Präferenzen der Befragten − jedoch kaum möglich.
  • Ferner gestaltet sich eine pauschale Bestimmung des Toleranzbereichs im Zielkostenkontrolldiagramm als schwierig; eine individuelle Anpassung durch das Unternehmen ist notwendig.
  • Auch kann nicht immer davon ausgegangen werden, dass die Zielkosten immer aus den Kundenpräferenzen ableiten lassen. Mitunter tragen teure Produktbestandteile wenig zum wahrgenommenen Wert bei, während günstige Produktbestandteile von den Kunden als außerordentlich wichtig wahrgenommen werden.

Quelle

IGC-Controller-Wörterbuch, International Group of Controlling (Hrsg.), 4. Auflage, Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 2010

Literaturtips

Arnout, A.: Target Costing in der deutschen Unternehmenspraxis, München 2001.

Bücker, T.: Pflegecontrolling für Stationsleitungen − Anwendung des Target Costing auf einer kardiologischen Abteilung, Osnabrück 2002.

Gleich, R.: Target Costing für die montierende Industrie, München 1996.

Gramzow, V.: Entwicklung eines Kosten-Informations-Systems für Nonprofit-Organisationen − Entwicklung eines Zielkostenrechnungs-Systems für ambulante Pflegeeinrichtungen, Berlin 2003.

Krapp, M.; Wotschofsky, S.: Marktorientiertes Kostenmanagement: Zur Konzeption des Target Costing, in: Betrieb und Wirtschaft 24, 2001.

Seidenschwarz, W.; Knust, P.: Target Costing im E-Business, in: Controlling, Heft 8/9, 2000.

Seidenschwarz, W.; Target Costing. Marktorientiertes Zielkostenmanagement, München 1993.

Weber, D.: Target Costing im Unternehmensnetzwerk, in: Controlling, Heft 2, 2009.

Autoren

Julia Kornacker, M.Sc., Mail: julia.kornacker@tu-dortmund.de


Dr. Peter Schentler, Mail: peter.schentler@ebs-siie.de

www.ebs-siie.de