Nettomargenmethode
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Prüfsiegel gültig bis 2019
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Der Kern der Nettomargenmethode besteht im Vergleich von (Netto-) Renditekennziffern des Steuerpflichtigen beziehungsweise des ausländischen verbundenen Unternehmens für einzelne bzw. mehrere, zulässigerweise zusammengefasste Geschäftsvorfälle mit entsprechenden Renditekennzahlen vergleichbarer Unternehmen. Zentrale Bestandteile der Anwendung der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) sind die Ermittlung des maßgeblichen Nettogewinns sowie die Identifikation geeigneter Gewinnkennzahlen, die im Rahmen der TNMM anzuwenden sind.
Darstellung der Methode
Die Nettomargenmethode wird international auch als "transactional net margin method (TNMM)" bezeichnet.
Bei der Anwendung der geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode wird die Nettomarge (z.B. Nettoumsatzrendite, ROS, EBIT-Marge) des konzerninternen Lieferanten/Dienstleisters mit der Marge, die von unabhängigen Lieferanten/Dienstleistern erzielt wird, verglichen. Die Nettomarge wird ermittelt, indem der Nettogewinn in das Verhältnis zu einer geeigneten Bezugsgröße, beispielsweise Kosten, Umsatz (sehr häufig in der Praxis) oder Kapital , gesetzt wird. Die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode weist damit Parallelen zu der Kostenaufschlags- und der Wiederverkaufspreismethode auf.
In der Praxis wird üblicherweise eine der folgenden Umsetzungsvarianten gewählt:
• Prospektive TNMM: Bei dieser Variante wird zu Beginn des Wirtschaftsjahres eine fremdübliche Ziel-Nettomarge festgelegt und zur Ermittlung der Verrechnungspreise („VP“) verwendet. Unterjährig (z.B. im Halbjahr, quartalsweise, monatlich) wird diese Ziel-Nettomarge mit der Ist-Nettomarge verglichen. Falls Ziel/Ist-Abweichungen auftreten, werden die VP mit Wirkung für die Zukunft in einer Höhe neu festgelegt, die erlaubt, die Ziel-Nettomarge zum Wirtschaftsjahresende tatsächlich erreichen zu können. Diese Variante wird von den Finanzbehörden vieler Industriestaaten akzeptiert.
• Retrospektive TNMM: Wie auch bei der prospektiven TNMM werden die VP auf Basis einer Ziel-Nettomarge zu Beginn des Wirtschaftsjahres festgelegt. Der Unterschied zur vorigen Variante besteht darin, dass erst kurz vor Wirtschaftsjahresende die Ist- mit der Ziel-Nettomarge verglichen wird. Im Falle von Abweichungen werden die VP rückwirkend (retrospektiv) mittels einer "Jahresendanpassung" ("fiscal year end true up") korrigiert. Diese Variante wird in einzelnen Staaten als zulässig erachtet, in anderen Staaten jedoch nur im Falle einer Gewinnerhöhung und in manchen Staaten ist sie grundsätzlich unzulässig. Daher ist es notwendig, die Anwendbarkeit sowie die Voraussetzungen der retrospektiven TNMM für jedes betroffene Land zu prüfen.
Von den OECD Richtlinien wird die TNMM akzeptiert. Es wird allerdings nicht explizit zwischen der pro- und der retrospektiven Variante unterschieden.
Die deutsche Finanzverwaltung hat sich erst 2005 positiv zur TNMM geäußert, gleichzeitig aber enge Anwendungsvoraussetzungen aufgestellt:
• Die TNMM ist nur für Routineunternehmen anwendbar. Für Strategieträger oder Mittelunternehmen kommt sie somit nicht in Frage.
• Die TNMM darf nur angewendet werden, wenn keine der Standardmethoden zu sachgerechten Ergebnissen führt, weil keine bzw. keine für die Standardmethoden ausreichenden Fremdvergleichsdaten vorliegen.
• Es muss nachgewiesen werden, dass die für den Fremdvergleich bei der TNMM herangezogenen Vergleichsunternehmen zumindest eingeschränkt vergleichbar sind.
• Die retrospektive TNMM ist nur in Ausnahmefällen anzuerkennen. Für eine solche Anerkennung ist es notwendig, dass "im Vorhinein sowohl ein entgeltliches Leistungsverhältnis als auch alle Preisbestimmungsfaktoren vereinbart wurden" . Aus Sicht der deutschen Finanzbehörden lässt sich nur so sicherstellen, dass der letztendliche VP auf einer bereits im Vorhinein definierten Berechnungslogik beruht. Aus dieser Logik folgt, dass rückwirkende Ergebnisanpassungen (anhand von Gutschriften/Belastungen) ohne im Vorhinein abgeschlossene Vereinbarungen/Verträge steuerlich nicht anzuerkennen sind. Eine grundsätzliche Schwäche der TNMM besteht darin, dass mögliches unwirtschaftliches Verhalten der Routinegesellschaft (z.B. kostenineffiziente Arbeitsabläufe) nicht sichtbar wird . Eine effiziente Routinegesellschaft (bei relativ hohen VP) kann bei dieser VP Methode dieselbe Nettomarge erzielen wie eine ineffiziente Routinegesellschaft (bei relativ niedrigen VP). Daher ist es aus Controlling-Sicht notwendig, mit entsprechenden KPIs gegenzusteuern.
Theoretische Eignung
Die TNMM ist in aller Regel nachrangig zu den Standardmethoden und in vielen Ländern nur bei Routineunternehmen zulässig. Da sie im Gegensatz zu anderen VP Methoden direkt an Nettogewinngrößen und nicht an Bruttomargen ansetzt, ist die TNMM weniger anfällig für Änderung der Marktbedingungen.
Praktische Anwendbarkeit
In der Praxis wird die TNMM sehr häufig angewandt, insbesondere für die Erbringung von Dienstleistungen und Vertriebsfunktionen sowie für Verprobungszwecke. Die Ermittlung fremdüblicher Nettomargen erfolgt üblicherweise mittels externe Datenbankanalysen. Während aus Sicht der Finanzverwaltungen die prospektive TNMM vorzuziehen ist, lehnt das Controlling diese Methode weitgehend ab. Dies liegt darin begründet, dass sich unterjährig mehrere VP für dasselbe Produkt ergeben. Dadurch wird, zumindest bei Ein-Preis-Systemen, das lokale EBIT derart beeinflusst, dass es nicht mehr zur Performance-Messung der lokalen Gesellschaft verwendet werden kann.
Bei der retrospektiven TNMM bleiben die VP unterjährig unverändert und die Performance kann auf Basis des lokalen EBIT gemessen werden, da die Jahresendkorrektur unkompliziert für Zwecke des Management Reporting herausgerechnet werden kann. Daher dürfte die retrospektive TNMM aus Controlling Sicht deutlich "beliebter" sein während die Steuerabteilung diese Methode kritisch sehen wird, da sie nur unter strengen Voraussetzungen von den Finanzverwaltungen akzeptiert wird. Zudem ziehen Jahresendanpassungen regelmäßig Zollproblematiken nach sich.
Hinweise zur Controlling-Sicht finden Sie hier.[1]
Quellen
Jörg Hanken, Guido Kleinhietpaß, Martin Lagarden: Verrechnungspreise: Praxisleitfaden für Controller und Steuerexperten, 2. Auflage, Haufe, Freiburg, 2016
Lorenz Bernhardt (Hrsg.): Verrechnungspreise, 1. Auflage, Boorberg, Stuttgart, 2014
Ersteinstellende Autoren
Dipl.-Wirt.-Inf. Jörg Hanken, Steuerberater, CVA; PwC München
Dipl.-Oec. Guido Kleinhietpaß, [ http://www.controllerakademie.de/fachseminare/verrechnungspreise.html]
Dipl.-Volksw. Dr. Benjamin Protte; PwC München