Kundenergebnisrechnung
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IGC-DEFINITION (gekürzt)
Kundendeckungsbeitragsrechnung / Customer contribution accounting
Mit der Kundendeckungsbeitragsrechnung soll dargestellt werden, welchen Deckungsbeitrag ein bestimmter Kunde erbringt, nachdem alle Kosten, die eindeutig, das heißt per Beleg nachweisbar, für diesen Kunden entstanden sind, von den Erlösen abgezogen sind. Kundengruppenbetrachtungen sind wichtige Auswertungen für die Gestaltung der Marktbearbeitung und für die strategische Führung.
Struktur einer Kundendeckungsbeitragsrechnung
aus: IGC-Controller-Wörterbuch, International Group of Controlling (Hrsg.)
Kundenergebnisrechnung
Bei Serienprodukten – gerade bei Markenartikeln – hat man beizeiten versucht, die Artikel-Erfolgsrechnung in eine Regionen- Erfolgsrechnung umzusortieren und eine weitere Umsortierung nach Vertriebswegen und Kundengruppen zu erreichen. Im Falle einer Standardkalkulation für die Produktkosten ist es da nicht schlimm, wenn man mit jedem Umsatz-Euro oder Absatzmenge auch den entsprechenden Produktkostensatz mitführt und so die Absatz-Statistik nach Kunden, Vertriebswegen, Regionen und Produkten zu einer Deckungsbeitrags-Statistik erweitert.
Das folgende Beispiel zeigt ergänzend den Fall einer Kunden-Ergebnisrechnung, in der nach dem Deckungsbeitrag I auch eine ganze Reibe der Bemühungseinheiten für den Kunden direkt angesetzt sind; kundendirekte Strukturkosten also.
Abb. 1: Kundendeckungsbeitragsrechnung
Nach dem Ordnungsmodell des Kostenwürfels handelt es sich um Strukturkosten (senkrecht unten), die relativ einzeln zum Kunden erfassbar sind ( z-Vektor vorne).
Abb. 2: Kundenergebnisrechnung - Berichtsblatt
Da folgen in Abb. 1 zunächst einmal nach dem Deckungsbeitrag I die Kosten der Bestellabwicklung. Wie weiter unten, bei den Kosten für die Vertreterbesuche, handelt es sich hier nicht um erfasste Kostenbelege je Kundenadresse, sondern die Zahl der Vorgänge ist erfasst. Die Vorgänge sind bewertet mit einem Planprozesskostensatz.
Im gezeigten Beispiel ist nicht nur zu erwägen, ob zusätzliche Umsätze über den Einzelhandels- oder über den Großhandelsvertriebskanal erreicht werden sollen. Man kann auch probieren, das Bestellverhalten des einzelnen Kunden zu beeinflussen. Warum muss der Einzelhandelskunde immer in vielen kleinen Bestellungen Aufträge erteilen? Würde er mehr bündeln können, wäre das nicht nur für den Anbieter interessant, sondern auch für ihn selber. Spiegelbildlich hat ja auch der Kunde dieselben Bearbeitungsvorgänge am Schreibtisch zu leisten wie sein ihn beliefernder Partner. Notfalls ließe sich auch ein besonderer Bonus geben, der zwar dann den Deckungsbeitrag I vermindert. Dafür würden aber die nachfolgenden Kosten der Bestellabwicklung auch günstiger ausfallen. Besonders gilt das auch für die kostentreibende Wirkung von Stornofällen – sowohl beim Anbieter wie beim Besteller.
Bloß muss man jetzt aufpassen: Die Verminderung der Zahl der Vorgänge in der Kundenrechnung, bewertet zum Plankostensatz je Vorgang, schafft zwar auf der Kundendeckungsbeitragsrechnung niedrigere Kosten vor zum Deckungsbeitrag III. Aber damit ist noch nicht gewährleistet, dass diese Kosten auch in der Sender-Kostenstelle wegfallen.
Dazu bedarf es nach den Regeln von Zero-Base-Budgeting erst einmal des Levelns in der Kostenstelle und der Maßnahmen der Kostenreduzierung dort. Die leistungsmengeninduzierten (lmi) Struko wären parallel abzubauen. Dies ist die Verknüpfung vom Hauptprozess der Kundenbetreuung mit den Teilprozessen in den relevanten Kostenstellen der Auftragsabwicklung.
Kundenrechnung in Dienstleistungs-Unternehmungen
Auch im Dienstleistungsbetrieb, der zum Beispiel sehr viele Mitglieder betreut, wäre eine Einzelkundenrechnung wesentlich und möglich. So lassen sich in der Versicherung nicht nur Prämien-Umsätze für den einzelnen Kunden, dessen Kundennummer, zusammenstellen. Auch die Schadenkosten werden kundennummernorientiert erfasst. Eine Schadenmeldung hat immer einen Kunden und einen Vertrag, auf den sie zutrifft. Also könnte man auf die Kundenadresse auch die Schadenkosten sammeln und so einen Kundendeckungsbeitrag I bestimmen.
Abzuleiten wären daraus Fragen wie die Risikosteuerung. Soll bei bestimmten Typen von Kunden besonders viel zusätzlich akquiriert werden? Zieht man Kunden an sich, die größere Risiken haben? Eine ganz wesentliche Erkenntnis aus der Kundendeckungsbeitragsrechnung liefert die Kennzahl Anzahl bestehende Versicherungsverträge je Kunde. Lässt sich diese Zahl nicht ausbauen? Ist der Kunde nach Maß rundherum betreut? Wer ist sein Versicherungs- Hausarzt?
Das gilt auch für das Mitglied eines Buchclubs. Auch ein Buchclub müsste auf die Mitglieds-Nummer erfassen können, was an Umsätzen gemacht ist und welche Deckungsbeiträge dazu gehören. Selbst ein Automobilclub müsste auf seine Mitglieder erfassen können – außer dem Mitgliedsbeitrag – die Zahl der von diesem Mitglied gewünschten touristischen oder juristischen Auskünfte. Auch in einem Automobilclub besteht ein Versicherungsprinzip: Wenn alle Mitglieder zugleich heute eine touristische Auskunft haben wollten, wäre der Autoclub nicht lieferfähig.
Oder in einem Beratungsunternehmen ergibt sich fast von selber, dass ein Auftraggeber, der zum Beispiel mehrere Projekte anfordert und bei dem mehrere Beratungsexperten tätig sind, in eine Kundenergebnisdarstellung fokussiert wird. Oder ein Traininginstitut, das öffentliche Seminare veranstaltet, kann kundenorientiert zusammenstellen, wo zum Beispiel besonders viele Stornofälle und kostentreibende Änderungen geschehen.
Auftragseingangsplanung und Kundenrechnung
Die Kundendeckungsbeitragsrechnung ist auch deshalb so wichtig, weil sie der Ausgangspunkt ist für die kundenorientierte Auftragseingangsplanung. Wo werden Aufträge hergeholt: von einem Kunden. Und man kann auch niemals eine Kundengruppe besuchen, sondern immer den Kunden A in der Stadt B in der Straße C Hausnummer D, nachdem der Verkäufer einen Parkplatz gefunden hat bei E. Steuerungsinstrument ist der Krabbelkasten der Kundenkartei.
Wo soll man ameisenartig zuerst hinkrabbeln zum Akquirieren von Aufträgen? Welcher Kunde hat die besseren dazukommenden Deckungsbeiträge? Welche Kunden sind die Troublemakers, die nach dem Deckungsbeitrag I besonders viel administrativen Ballast nach sich ziehen?
Gibt es Kunden, die besonders viel Projektierungsaufwand fordern? So könnten bestimmte Typen von Kunden im Falle des Verkaufens von Küchen 20 Varianten erst brauchen, bevor sie wissen, wo jeweils ihr Herd stehen soll. Das würde ein erheblich größeres Maß an Bemühungsaufwand bedeuten (zwischen Deckungsbeitrag I und Deckungsbeitrag II stehend), als dies vielleicht bei anderen Kunden der Fall sein mag. Sollen solche Kunden zusätzlich akquiriert werden?
Kundenergebnis und strategische Planung
Eine kundenorientierte Deckungsbeitragsrechnung steuert aber nicht nur die operative Planung – also die Aufmarschpläne der Verkaufstruppen. Auch die strategische Planung knüpft unmittelbar an diesem Rechensystem an. So heißt ein wichtiger Satz in der strategischen Planung: Was hindert die Zielgruppe am meisten, das Angebot unserer Unternehmung anzunehmen?
Dieser Satz wird auch gekennzeichnet als Management by bottleneck. Und da gibt es immer etwas, das jeweils am meisten hindert. Wenn man dieses konsequent abarbeitet, kommt heraus das Prinzip des Bohrens anstelle des Springens. Die Kundendeckungsbeitragsrechnung liefert dahingehend das Aha-Erlebnis. Zumal sie auch der Ausgangspunkt ist für den kundenbezogenen Marktanteil oder die Versorgungsquote bei diesem Kunden.
Auch ein Kunde kann eine SBU– eine strategic business unit sein; d.h. ein Marktplatz. Gerade hier ist schlüssig die Frage nach der SEP – der strategischen Erfolgsposition. Dies würde zu einem regionalen Stärken- und Schwächenprofil veranlassen.
Ergibt sich in diesem Beispiel das Notenbild von 205 (Abbildung 3), also eine Zahl rechts von gleich gut wie ein maßgeblicher Mitbewerber (= 75 x 3 = 225), so steht zu erwarten, dass der Marktanteil bei diesem Kunden abrutscht, die Deckungsbeiträge schlechter ausfallen oder auch die Zahlungsziele sich verlängern.
Abb. 3: Potentialprofil, vom Kunden her aufgebaut. Es entsteht durch Einschätzung eine Punktesumme (strategische Performance-Kennzahl) von 205 Punkten, die sich unterhalb einstellt der Benchmarking- Punktesumme gegenüber einem Mitbewerber.
Strategisches Controlling als Frühwarnsystem
Durch die skalierende Vorgehensweise gewinnt man früher Indikatoren für das, was in den Zahlen nachher auf das Unternehmen zukommen wird. Vorausgesetzt, dass man es versteht, diesen etwas zerbrechlicheren Controlling-Stoff systematisch zu pflegen. So lassen sich zum Beispiel Maßnahmen zusammenstellen, um den Schwächepunkt der Reklamationsbearbeitung zu vermindern. Daraus kommt das Ziel einer 4 in diesem Kriterium anstelle der heutigen 2.
Machen wir übers Jahr wieder eine solche skalierende Betrachtung, so ergibt sich gegenüber dem Sollpunkt 4 und dem alten Ist-Punkt 2 ein neuer Ist-Punkt. Liegt er in 4, links daneben oder rechts daneben. So entsteht ein strategischer Soll-Ist-Vergleich.
Ein Frühwarnsystem ist auch ein Frühbeurteilungssystem. Es gibt auch kommende und schwindende Gelegenheiten – auch diese vom Kunden her. Skalierende Beurteilung sind die schwachen Signale, die man oft nicht zur Kenntnis nimmt. Diese Überlegungen gehören zum Risiko-Management auch nach KonTraG.
Chancen-Management
Vor lauter Problemlösungsarbeit an den Schwächen wird oft vergessen, die schon vorhandenen Stärken zu pflegen und auszubauen. Manchmal hält man seine Stärken für selbstverständlich und fängt damit bereits an, sie zu verlieren.
Also sind Maßnahmen zu setzen, um Stärken zu erhalten. Damit sind vielleicht zugleich auch die Schwächen vermindert. Im Modellbeispiel hieße das, sich zu überlegen, wie die schon als besser beurteilte Werbeunterstützung noch weiter zu einer Anwendungshilfe hin ausgebaut werden kann. Dazu ließe sich der Satz vom Management by bottleneck (engpasskonzentrierte Strategie) auch umdrehen in die These: Was fördert am meisten, dass die Zielgruppe das Angebot der Unternehmung annimmt?
Abb. 4: Punkteliste zum Sinn der Kundendeckungsbeitragsrechnung
Quellen
Controller Handbuch, 6. Auflage neu geschrieben, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg
Ersteinstellende Autoren
Albrecht Deyhle, Controller Akademie
Gerhard Radinger, Controller Akademie