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Risikoaggregation

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Risikoaggregation ist die Methode zur Bestimmung des Gesamtrisikoumfangs, der sich aus quan-tifizierten Einzelrisiken unter Beachtung möglicher Kombinationseffekte und stochastischer Ab-hängigkeiten (wie Korrelationen) ergibt. Im Risikomanagement ist die Risikoaggregation der Risi-koanalyse nachgelagert und erforderlich, um mögliche „bestandsgefährdende Entwicklungen“ (§ 91 Absatz 2 AktG) zu erkennen, die sich im Allgemeinen aus Kombinationseffekten von Einzelrisi-ken ergeben. Die Risikoaggregation erlaubt die Berechnung von Kennzahlen für den Gesamtrisi-koumfang (Value-at-Risk oder Eigenkapitalbedarf) und daraus ableitbare Größen (wie Insol-venzwahrscheinlichkeit oder risikogerechter Kapitalkosten) und ist Grundlage für eine „Bandbrei-tenplanung“. Einzelrisiken sind nicht addierbar und insbesondere durch die Monte-Carlo-Simulation ist es möglich, unterschiedliche Risikotypen (beschrieben durch unterschiedliche Wahrscheinlich-keitsverteilungen) in Bezug zur Unternehmensplanung zu aggregieren.

Der Sachverhalt, dass nicht identifizierte Einzelrisiken, sondern der aggregierte Gesamtrisikoum-fang für die Beurteilung der (freien) Risikotragfähigkeit und den Grad der Bestandsbedrohung ei-nes Unternehmens maßgeblich sind, war schon 1998 mit der Inkraftsetzung des Kontroll- und Transparenzgesetzes (KonTraG) klar. Entsprechend findet man eben auf dem KonTraG aufbauen-der Prüfungsstandard 340 des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer folgende zentrale Anfor-derung an ein leistungsfähiges Risikofrüherkennungssystem:

„Die Risikoanalyse beinhaltet eine Beurteilung der Tragweite der erkannten Risiken in Bezug auf Eintrittswahrscheinlichkeit und quantitative Auswirkungen. Hierzu gehört auch die Einschätzung, ob Einzelrisiken, die isoliert betrachtet von nachrangiger Bedeutung sind, sich in ihrem Zusammenwir-ken oder durch Kumulation im Zeitablauf zu einem bestandsgefährdenden Risiko aggregieren können.“

Gefordert wird also die Aggregation über alle Einzelrisiken und auch über die Zeit. Da nur quantifi-zierte Risiken auch aggregiert werden können, ist das Gebot der Quantifizierung sämtlicher Risiken nur konsequent. Durch eine Aggregation der quantifizierten Risiken im Kontext der Planung – Chancen und Risiken verstanden als Ursache möglicher Planabweichungen – muss untersucht werden, welche Auswirkungen diese auf den zukünftigen Ertrag, die wesentlichen Finanzkennzah-len, Kreditvereinbarungen (Covenants) und das Rating haben. So ist beispielsweise zu untersu-chen, mit welcher Wahrscheinlichkeit durch den Eintritt bestehender Risiken (z.B. Konjunkturein-bruch in Verbindung mit einem gescheiterten Investitionsprojekt) das durch Finanzkennzahlen ab-schätzbare zukünftige Rating des Unternehmens unter ein für die Kapitaldienstfähigkeit notwendi-ges Niveau (B-Rating) abfallen könnte. Gerade die aus der Risikoaggregation ableitbaren Rating-prognosen verknüpfen Unternehmensplanung und Risikoanalyse und stellen so den wichtigsten Krisenfrühwarnindikator dar.

Ohne die gemeinsame Betrachtung der verschiedenen Unternehmensrisiken, also der Risikoag-gregation, sowie die Betrachtung der Implikationen für das zukünftige Rating ist eine mögliche Bestandsbedrohung des Unternehmens im Sinne von § 91 Abs. 2 AktG nicht erkennbar.

Die Aggregation von Risiken im Kontext der Unternehmensplanung erfordert zwingend den Einsatz von Simulationsverfahren (Monte-Carlo-Simulation), weil Risiken – anders als Kosten und Umsätze – nicht addierbar sind. Diese Simulationsverfahren sind die Weiterentwicklung bekannter Szenario-Analyse-Techniken. Mittels Computersimulation wird bei der Risikoaggregation eine große reprä-sentative Anzahl risikobedingt möglicher Zukunftsszenarien (Planungsszenarien) analysiert. Auf diese Weise wird eine realistische Bandbreite der zukünftigen Erträge und Liquiditätsentwicklung aufgezeigt, also die Planungssicherheit bzw. Umfang möglicher negativer Planabweichungen dar-gestellt. Unmittelbar ableiten kann man die Wahrscheinlichkeit, dass Covenants verletzt oder ein notwendiges Ziel-Rating zukünftig nicht mehr erreicht wird (vgl. Abbildung 2). Die Verletzung von Covenants ist meist eine „bestandsbedrohende Entwicklung“.


Literatur

Gleißner, W.: Die Aggregation von Risiken im Kontext der Unternehmensplanung, ZfCM, in: Zeit-schrift für Controlling & Management, 5/2004, S. 350–359

Gleißner, W. (2017): Risikoanalyse, Ri-sikoquantifizierung und Risikoaggregation, in: WiSt, Heft 9, 2017, S. 4-11

Gleißner, W. (2016): Bandbreitenplanung, Planungssicherheit und Monte-Carlo-Simulation mehrerer Planjahre, in: Con-troller Magazin, Ausgabe 4, Juli/August 2016, S. 16-23

Gleißner, W. (2017): Grundlagen des Risi-komanagements, 3. Aufl., Vahlen Verlag München; von Metzler, L. (2004): Risikoaggregation im industriellen Controlling, Köln


Ersteinstellender Autor

Prof. Dr. Werner Gleißner