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Balanced Scorecard: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 12. Februar 2010, 13:44 Uhr

Zusammenfassung

Die Balanced Scorecard verbindet die Elemente Strategie-Erarbeitung und –Umsetzung unter Berücksichtigung der Interessen aller relevanten Stakeholder eines Unternehmens, einer Organisation. Sie ist ein Management-Instrument, das Kennzahlen zur Potenzialmessung nutzt – wird jedoch in vielen Unternehmen lediglich als ein (weiteres) Kennzahlen-System eingesetzt.

Grundidee von Kaplan/Norton

Anfang der 90er Jahre begannen Robert S. Kaplan und David P. Norton ein Instrument zu entwickeln, um die Wirksamkeit von Strategien zu verbessern. Sie hatten festgestellt, dass die meisten strategischen Ansätze in der konzeptionellen Phase oft hervorragend aufbereitet sind, aber dann nicht umgesetzt werden. Und dies ist bis heute Ihr Kerngedanke geblieben: Translate strategy into action.

Ihr Ansatz: Die konventionelle, vorwiegend auf finanzielle Daten wie Umsatz, Gewinn und Kapitalverwertung ausgerichtete Leistungsmessung und -bewertung in den Unternehmen behindert, auch weil sie mit ihrer Flut von Kennzahlen zu unübersichtlich ist, die Umsetzung strategischer Konzeptionen. So wurde der Gedanke der Ausgewogenheit ("balanced") mit dem Gedanken des übersichtlichen Berichtsbogens (Scorecard) verbunden – die Balanced Scorecard war geboren.

Weil nicht nur die Resultate wichtig sind, sondern auch die Aktionen, mit denen die Erfolge vorbereitet werden, sollten auf der Scorecard „Maßnahmen“ unter Berücksichtigung aller wesentlichen Interessensgruppen des Unternehmens (von Kaplan und Norton als „Perspektiven“ bezeichnet) festgelegt und in ausgewogener („balanced“) Weise dargestellt werden, eben als Balanced Scorecard:


Abb 01 BSC.jpg

Abb. 1 Die Balanced Scorecard in ihrer ursprünglichen Form

Zielsetzung der Arbeit mit der Balanced Scorecard

Im Zentrum der Balanced Scorecard steht die Strategieumsetzung als Instrument der Verhaltenssteuerung zur Umsetzung des Geschäftsmodells eines Unternehmens in die praktische Tat. Jedoch, eine Strategie muss vorhanden sein. Ein Unternehmen sollte dabei eine strategische Position anstreben, in der für alle Anderen die beste Option darin besteht, mit ihm zu kooperieren. Für Kaplan/Norton nutzen Unternehmen die Balanced Scorecard als Managementprozess, nicht als ein strategieorientiertes Kennzahlensystem mit folgenden Zielstellungen:

1. Formulierung der Unternehmensstrategie

2. Kommunikation der Strategie im gesamten Unternehmen

3. Übertragen der strategischen Ziele auf Bereiche und Abteilungen

4. Konzentration auf strategisch relevante Erfolgsfaktoren

5. Einbindung strategieorientierter Maßnahmen in das Budget

6. Integration der strategischen mit persönlichen Zielen der Mitarbeiter

7. Aufbau eines Systems des strategischen Lernens.

Weiterentwicklung der Balanced Scorecard

Die Balanced Scorecard ist ein Führungs- und Kommunikationsinstrument, das ein Bindeglied zwischen Strategieerarbeitung und strategieorientierter Umsetzung darstellt. So sollte auch die Implementierung immer unter Berücksichtigung dieser oben genannten Ziele erfolgen.

In dieser Grundform der Zusammenstellung von Zielen, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen für die vier Perspektiven / Entwicklungsgebiete

a) Finanzen,

b) Kunden,

c) interne Geschäftsprozesse und

d) Lernen & Entwicklung

wurde die Balanced Scorecard Mitte der 1990er Jahre auch in Deutschland einem breiteren Publikum bekannt. (In der praktischen Umsetzung hat sich insbesondere bei „Nicht-Controllern“ gezeigt, dass das deutsche Wort „Perspektiven“ aufgrund seiner Mehrdeutigkeit nicht immer verstanden wird. Da es um die Entwicklung von Zukunftsaussichten im Sinne der Gestaltung von Potenzialen geht, hat sich auch der Begriff „Entwicklungsgebiete“ eingebürgert.)

Praktische Anwendung der BSC

Die Unterschiede in der praktischen Anwendung der Balanced Scorecard können im Wesentlichen an drei Kriterien festgemacht werden.

1. In welcher Weise wird die Balanced Scorecard mit der Strategie des Unternehmens verbunden? Der Name „Balanced Scorecards“ wird oftmals mit einem Kennzahlensystem gleichgesetzt. In der praktischen Anwendung führt das – insbesondere im Zusammenhang mit Software-Lösungen – meistens zu einer bloßen Zusammenstellung von operativen und strategischen Kennzahlen. Derartige Ansätze widersprechen der ursprünglichen Idee von Kaplan und Norton. Eine Balanced Scorecard, die nicht auf einer tragenden Strategie aufbaut, wird wenig orientierende Wirkung zeigen.

2. In welcher Weise werden die Menschen in die Strategieentwicklung und -umsetzung einbezogen? „Translate strategy into action“ – das ist die Aufgabe der Balanced Scorecard: die praktische Umsetzung der Strategie im täglichen Tun. Die Einbeziehung der Menschen im Unternehmen reicht von der strikten Vorgabe strategischer Leitsätze durch den „Chef“ bzw. einen sehr engen Kreis ausgewählter Führungskräfte bis hin zum offenen Dialog über individuelle und gemeinsame Ziele und deren Überführung in eine von allen Beteiligten getragene Strategie. Idealerweise werden alle Führungskräfte und Mitarbeiter an der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie beteiligt. Der Prozess bleibt tendenziell offen, weil die Ziele immer „auf dem Prüfstand stehen“ und alle Beteiligten bereit sind aus Fehlern zu lernen. Die Balanced Scorecard wird in diesem dynamischen Umfeld zu einem „lernenden“ System für die Führung und Entwicklung eines „lernenden“ Un-ternehmens.

3. In welcher Weise erfolgt die Einbindung der Balanced Scorecard in das gesamte unternehmerische Tun und Berichten? Häufig wird die Balanced Scorecard als strategisches Kennzahlensystem dem Controlling zugerechnet. Sie erweitert damit die Palette bereits vorhandener Cont-rolling-Instrumente, dient aber nicht als zentrales Führungsinstrument für das Management. Demgegenüber verweisen Kaplan/Norton darauf, dass jene Unternehmen die größten Erfolge aufzuweisen haben, die mit Hilfe der Balanced Scorecard ein neues Managementsystem aufgebaut haben. Ein Managementsystem, dass eine strategie-fokussierte Organisation schafft. Je mehr die Balanced Scorecard in das gesamte Führungs- und Berichtssystem organisch eingebunden wird, um so eher wird die praktische Umsetzung der Strategie eines Unternehmens in den Alltag seiner Kunden, Mitarbeiter und Partner erfolgreich verlaufen.

Ablauf der Balanced Scorecard - Einführung

Inzwischen gibt es in der Praxis eine große Vielfalt von Erscheinungsformen der Balanced Scorecard zur Umsetzung von Strategien in konkrete Aktionen. Sie haben bei allen Unterschieden folgende Punkte gemeinsam:

1. Ziele vereinbaren Formulierung eines zentralen strategischen Ziels („Leitziel“ oder „Vision“).

2. strategische Koordinaten entwickeln Konkretisierung des Leitziels durch Subziele, die abgeleitet werden aus

• strategische Themen („strategischen Orientierungen“ oder „erfolgskritische Faktoren“) und

• Erwartungen verschiedener Anspruchsgruppen an jene Potenziale (Möglichkeiten und Fähigkeiten), die vom Unternehmen zur Realisierung seines Leitziels mobilisiert bzw. entwickelt werden sollen („Perspektiven“ oder „Entwicklungsgebiete“ für Potenziale).

3. Zielgerichtete Aktionen erarbeiten Ableitung von Aktionen, die den Subzielen genügen, Festlegung von Kennzahlen für die Aktionen.

4. Strategische Projekte umsetzen Zusammenfassen der Aktionen zu Projekten, Projektbearbeitung.

5. Mit der Balanced Scorecard berichten Einbinden der Kennzahlen in das Berichtssystem.

6. Einordnung der BSC in den Führungsprozess Organisation der gemeinsamen Arbeit zur praktischen Umsetzung der Strategie (Projekte, Aktionsprogramme).

7. Lernprozess organisieren regelmässige Überprüfung von Strategie und Strategieumsetzung.

Abb 2 BSC.jpg

Abb. 2 Schritte zur Balanced Scorecard – Erarbeitung und -Umsetzung

I. Strategische Ziele vereinbaren

Landläufig setzen wir operativ mit kurzfristig und strategisch mit langfristig gleich. Das Operative muss gleich erledigt werden, das Strategische kann warten. Leider ist das ein Trugschluss. Operativ und strategisch sind keine Fragen der Fristigkeit. Sie haben beide etwas mit den Potenzialen zu tun, die uns zur Verfügung stehen.

Operativ bezeichnet das Ausschöpfen der vorhandenen Potenziale 
   – z.B. das Ausführen von Aufträgen. Es entstehen greifbare Resultate, 
   die in den meisten Fällen Geld einbringen.

 • Strategisch bedeutet, neue Potenziale zu entwickeln, 
   die erst später (hoffentlich!) in Geldzuflüssen münden. 
   Es entsteht dabei Potenzialzufluss, noch kein Cash Flow. 

Die Strategieumsetzung für die nächste überschaubare Zeit (2 bis 10 Jahre, je nach Branche) beginnt mit der gemeinsamen Festlegung von Leitziel (intern orientierend: was wollen wir erreichen mit dem, was wir jetzt für die Zukunft tun?), Leitbild (extern orientierend: wie wollen wir gesehen werden, wenn wir unser Leitziel erreichen?) und einer Leitkennzahl (woran wollen wir erkennen und messen, dass wir unser Leitziel erreichen?). Für Leitziel und Leitbild werden oftmals auch die englischen Begriffe Vision und Mission verwendet.

Mit Leitziel, Leitbild und Leitkennzahl wird die gemeinsame Klammer formuliert, die wir aus unserer Geschäftsidee für das konkreten Handeln zur Entwicklung von Potenzialen in einem abgegrenzten und überschaubar vor uns liegenden Zeitraum ableiten; wir charakterisieren damit das für diesen Zeitraum oberste Kriterium, nach dem wir beurteilen wollen, ob ein angestrebter Nutzen strategisch relevant ist; dabei müssen Leitziel, Leitbild und Leitkennzahl nicht die gesamte Strategie abbilden: Leitbild und Leitziel bilden „das gemeinsame Dach“, unter das wir all unsere Aktivitäten stellen wollen.

II. Strategische Koordinaten entwickeln

Um Leitziel und Leitbild in konkretes Handeln umzusetzen, müssen wir Aktionen festlegen; hier kann es hilfreich sein, einen Handlungsrahmen zur Beantwortung folgender Fragen zu konstruieren:

„Was wollen wir tun? Worauf richten wir unsere Aktionen aus?“ Bestimmen der strategischen Themen – und „Mit wem bzw. für wen wollen wir es tun?“ Bestimmen der Entwicklungsgebiete (Perspektiven) für die Interessen jener Gruppen (Stakeholder), die wir für unser Handeln brauchen.

Bei der Bestimmung der strategischen Themen geht es um eine weitere Konkretisierung des Leitziels, um die Definition der Hauptrichtungen unseres unternehmerischen Tuns; wobei auch für jedes Thema ein Ziel definiert wird und eine Kennzahl, an der wir messen wollen, ob wir unser thematisches Ziel erreichen. Zum einen, um uns zu größtmöglicher Präzisierung zu zwingen. Zum anderen aber auch, um unsere eigenen Fortschritte nachvollziehbar zu definieren, um uns selber die Meilensteine zu setzen, an denen wir uns messen wollen. Dabei ist es sinnvoll, sich auf nur wenige (drei bis fünf) Themen zu konzentrieren; aber es ist durchaus möglich und sinnvoll, mehrere Themen nacheinander umzusetzen.

Auf dem Weg der Zukunftsgestaltung ist es entscheidend, welche Interessengruppen im Firmenumfeld die angestrebten strategischen Ziele wesentlich fördern können. Diese Gruppen hatten wir im Zusammenhang mit den strategischen Grundlagen bereits identifiziert. Um sie an unsere Strategie zu binden, werden die relevanten Stakeholder in den Prozess mit einbezogen, denn deren aktive Mitwirkung kann sehr hilfreich sein und es entsteht im Nachhinein ein deutlich geringerer Bedarf an Diskussionen, Erklärungen und Nachbesserungen.

Für jede Interessengruppe definieren wir ein Entwicklungsgebiet mit Ziel und Kennzahl, an der wir messen wollen, ob wir unser Ziel erreichen; dabei suchen wir solche Ziele, die den Stakeholdern in der Zusammenarbeit mit uns als Motiv dienen können, aus der Vielzahl ihrer Interessen jene zu präferieren, die der Strategie unserer Organisation förderlich sind. Man sollte frei sein, die für sein Unternehmen relevanten Stakeholder zu bestimmen, klassischer Weise werden aber folgende Stakeholder-Interessen mit berücksichtigt:

- Mitarbeiter

- Kunden

- Lieferanten

- regionale Strukturen (Behörden, Gemeinde etc. und

- Kapitalgeber

In der Anfangszeit der BSC-Umsetzung wurden auch häufig „Geschäftsprozesse“ als Entwicklungsgebiet angesehen – heute wird die Entwicklung neuer bzw. Überarbeitung vorhandener Geschäftsprozesse zumeist als strategisches Thema behandelt.

Abb 3 BSC.jpg

Abbildung 3: die strategischen Koordinaten der BSC

Die Wirksamkeit der Kennzahlen einer Balanced Scorecard hängt maßgeblich davon ab, inwieweit sie beiden Aspekten gerecht werden. Erst wenn wir beide Aspekte kombinieren, erhalten wir ein universelles Instrument zur Gestaltung der Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.

III. Zielgerichtete Aktionen erarbeiten

Ziele werden von Menschen in praktisches Handeln umgesetzt – nicht von Kennzahlen! Dabei sollten in ausgewogener Weise alle tragenden Kräfte des Unternehmens in die Zielfindung und ihre Umsetzung mit Hilfe einer Balanced Scorecard einbezogen werden.

Aber damit die vielen Aktionen der oftmals sehr verschiedenen Menschen nicht im Chaos münden, brauchen die Akteure konkrete, also messbare Ziele, die ihr Zusammenwirken fördern. Und dabei helfen Kennzahlen, die eine definierte Zielbestimmung ermöglichen. Kennzahlen, die so beschaffen sind, dass wir mit ihrer Hilfe Verlauf der Aktionen oder Ergebnis in Bezug auf die angestrebten Ziele messen können.

Diese Herangehensweise wird auch als „ZAK-Prinzip“ bezeichnet (Ziel – Aktion – Kennzahl). Das ZAK-Prinzip gilt nicht nur für Aktionen im engeren Sinne. Es gilt für jede Zielbestimmung im Rahmen der Balanced Scorecard – strategische Themen, Entwicklungsgebiete/Perspektiven, Aktionen, Projekte. Durch die Notwendigkeit, messbare Kennzahlen zu definieren, zwingen wir uns, konkret zu sagen, was wir wollen.

Abb 4 BSC.jpg

Abbildung 4: das ZAK-Prinzip

Die durch die Festlegung des Koordinatensystems definierten „Entwicklungsfelder“ dienen als Orientierung für die Ableitung konkreter Aktionen und deren Bündelung zu übergreifenden Projekten. Praktisch sollte man im Brainstorming versuchen, diese Entwicklungsfelder mit zielgerichteten Aktionen zu belegen, die gleichzeitig horizontal (das Entwicklungsgebiet) als auch vertikal (das strategische Thema) unterstützen. Die ZAK-Methode unterstützt die zielorientierte Beschreibung von Aktionen und verhilft zu gemeinsamem Verständnis. Üblicherweise ergeben sich in wenigen Stunden konzentrierter Arbeit mehr als 100 Ideen für zielgerichtete Aktionen. Formulierte Strategische Aktionen sollten möglichst konkret beschrieben sein.

IV. strategische Projekten strukturieren und umsetzen

Ob nun 50 oder 250 ZAK´s gebildet wurden, sie sollten zusammengefasst werden, um das Handeln praktikabel zu organisieren. Natürlich kann diese Zusammenfassung nach vorab festgelegten Kriterien (z.B. Verantwortungsbereiche) erfolgen. In der Praxis hat es sich jedoch als zweckmäßiger erwiesen, „zusammengehörende“ Aktionsideen in Gruppen zu clustern, die als Grundlage für zu strukturierende strategische Projekte dienen können.

Abb 5 BSC.jpg

Abbildung 5: das ZAK-Prinzip / strategische Projekte

Diese Aktionsgruppen sind zunächst das Ergebnis eines Brainstormings und müssen noch „geformt“, überarbeitet werden, um als strategisches Projekt in Angriff genommen zu werden. Bewährterweise sollte man diese Überarbeitung kleinen interdisziplinären Teams überlassen. Hierbei sind klassische Techniken des Projektmanagements zu nutzen.

Und der Controller Service ist einzubinden. Denn vor einer endgültigen Entscheidung über die Umsetzung dieser Projekte sind entsprechende Projektbudgets aufzustellen.

Eine analoge Vorgehensweise (Schritte II bis IV) empfiehlt sich bei der Verbreitung der Balanced Scorecard auf weitere Bereiche des Unternehmens, wobei Leitbild und Leitziel einheitlich für alle Unternehmensbereiche gelten sollten.

V. Berichten mit der Balanced Scorecard

Parallel dazu wird eine Berichtsstruktur entwickelt. In ihr werden Kennzahlen zu einer Berichts-Scorecard zusammengefasst, die nach „innen“ vor allem die strategische Zielerreichung der Unternehmensbereiche widerspiegeln. Auf ihrer Grundlage kann ein wirksames Feedback entwickelt werden, das nachhaltiges Lernen ermöglicht. Da die Berichtsstrukturen vor allem der Entscheidungsfindung über den effektiven Ressourceneinsatz im Unternehmen dienen, sollten wir neben den strategischen Kennzahlen auch operative Kennzahlen in die Berichts-Scorecard einbeziehen. Zweckmäßigerweise sind das solche Kennzahlen, die das Resultat der Nutzung jener Potenziale widerspiegeln, die durch das strategische Handeln entwickelt wurden.

Abb 6 BSC.jpg

Abbildung 6: Beispiel einer Berichts-Scorecard

Für die einzelnen Gebiete der Berichts-Scorecard sollten nach klassischer Controllerpraxis Erläuterungen hinterlegt werden, die unsere Positionen und Zielstellungen bezüglich der verwendeten Kennzahlen darlegen. Nach „außen“ dienen weitere Berichts-Scorecards dem klassischen Reporting gegenüber Investoren, Banken, Aufsichträten etc.

VI. Einordnen der BSC in den Führungsprozess

Ein Kommunikationskonzept ermöglicht die Verbreitung des BSC-Gedankens im Unternehmen. Alle Mitarbeiter sollten die Unternehmensstrategie kennen und sich selbst fragen, „was kann ich, was kann mein Team tun, um die strategischen Unternehmensziele erreichen zu können?“. Die Mitarbeiter sollten also einerseits informiert, aber auch zum Mittun animiert werden. Kaplan/Norton sehen 50% des Erfolges der Strategie-Umsetzung mittels der BSC in der verbesserten Kommunikation. In manchen Unternehmen wird strategisches Bewusstsein bei allen Mitarbeitern durch eine strategy map, eine Strategie-Landkarte aufgebaut.

Abb 7 BSC.jpg

Abbildung 7: strategy map nach Kaplan und Norton

Derartig dargestellte lineare Ketten setzen einseitige Beziehungen voraus, die wir uns eher beherrschbar erscheinen. Außerdem fällt es uns leicht, solche Konstrukte theoretisch nachzuvollziehen. In der Praxis ist das leider nicht mehr als simplifizierendes Denken, denn reale Wirkung ist immer Wechselwirkung. Die realen Faktoren und Interessengruppen sind auf vielfältige Weise und auf wechselnden Ebenen miteinander verbunden. Zwischen ihnen bestehen Rückkopplungen und Regelkreise. Das betrifft sowohl die Verflechtungen innerhalb einer Unternehmung, als auch zwischen den Marktteilnehmern, und schließt Wechselwirkungen mit der natürlichen und sozialen Umwelt ein. Lineare Beziehungen entspringen ausschließlich der Phantasie unseres (Wunsch-)Denkens.

VII. Lernprozess organisieren

Kein Unternehmen operiert im luftleeren Raum. Daher gibt es überall Reaktionen auf die von uns angestoßenen Veränderungen. Und wir müssen auf Veränderungen unseres Umfeldes reagieren – also lernbereit sein.

Es geht hier nicht nur um die Fragen, ob wir die strategischen Projekte „richtig“ umsetzen, sondern auch, ob wir die „richtigen“ Projekte angestoßen, uns die richtigen Subziele vorgenommen haben, um unser Leitziel zu erreichen. „Die richtigen Dinge richtig tun!“ Und auch wenn wir noch so viel Sachverstand im Prozess der Erarbeitung unserer strategischen Ziele wie deren Umsetzung einsetzen, sollten wir uns doch mindestens einmal im Jahr fragen, ob wir auf veränderte Umweltbedingungen reagieren müssen (Wir müssen, denn sicherlich sind schon einige strategische Projekte beendet !)

Diesen Lernprozess zu organisieren, beginnend mit der Unterstützung des strategischen Projektmanagements bis hin zur Organisation von Workshops zur Überarbeitung des Zielsystems, der Balanced Scorecard ist vordringliche Aufgabe des Controller Services.

Fazit und Empfehlungen für Controller

Wenn es gelingt, die Balanced Scorecard in den unternehmerischen Alltag einzubinden, kann sie zu einem umfassenden und universellen Instrument entwickelt werden. Ein Instrument, das allen Aktivitäten einen strategischen Rahmen gibt und den Beteiligten mehr Klarheit und Konsequenz ermöglicht zur Formulierung, Kommunikation und Umsetzung ihrer Strategie. Einer Umsetzung, die sowohl das strategische Handeln als Tagesaufgabe begreifen und realisieren lässt als auch die Verknüpfung mit dem operativen Handeln. In diesem Sinne stellen Kaplan/Norton ihre Balanced Scorecard in den Rahmen eines umfassenden Konzepts der „strategiefokussierten Organisation“. Das prägt ihren Inhalt als Management- und Controllingsystem:

a) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard auf der Basis einer kommunizierten Strategie. Und nutzen Sie die Balanced Scorecard zugleich für die Kommunikation Ihrer Strategie. Klären Sie mit dem Management bereits im Vorfeld, wie stark die Wirksamkeit des Instrumentes Balanced Scorecard von ihrer Verankerung in der Strategie abhängt.

b) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard gemeinsam mit allen tragenden Kräften des Unternehmens. Dazu gehören nicht nur der gesamte Führungskreis sondern ebenso innovative „Querdenker“, Mitglieder des Betriebsrates oder „Freunde des Hauses“, die etwas weniger „Betriebsblindheit“, dafür aber die „Sicht von Außen“ mitbringen.

c) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard aus Ihren eigenen Ideen und jenen Ihrer Kollegen. Dabei können moderierte Workshops und externe Hilfe bei der Umsetzung nützlich sein. Aber der Inhalt und die „Emotion“ sollten in jedem Fall aus den Betroffenen selber kommen. Denn Sie müssen mit den Konsequenzen leben – der „Externe“ ist nach Erfüllung seiner Aufgabe nicht mehr da.

d) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard entsprechend den Gegebenheiten Ihres Unternehmens. Erfolg entsteht aus der Verknüpfung von Qualität und Akzeptanz. Gestalten Sie also Ihre Balanced Scorecard so, dass sie von allen Beteiligten akzeptiert werden kann. Dazu gehört auch, dass Sie dem Management die Vorteile des Instrumentes Balanced Scorecard nahebringen. Die Balanced Scorecard wird um so eher Eingang in den Unternehmensalltag finden, je konkreter sie als praktischer Wettbewerbsvorteil begriffen und erlebt wird.

e) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard in durchschaubaren Strukturen bezüglich der Ziele, der Auswahl geeigneter Aktionen, der Organisation der praktischen Arbeit und der Berichte. Erst aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Strukturen kann das Instrument Balanced Scorecard jene Wirksamkeit entfalten, die Sie sich von ihr versprechen. Sorgen Sie also für Transparenz.

f) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard mit Mut zur Konsequenz. Transparenz macht nur dann Sinn, wenn sie zu Entscheidungen führt. Nutzen Sie daher die Balanced Scorecard so, dass Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden können. Dabei geht es sowohl um Entscheidungen zur Veränderung Ihres Unternehmens als auch zur Verteilung der dazu erforderlichen Ressourcen. Und denken Sie daran, dass die entscheidenden Personen verstehen müssen, was sie entscheiden sollen. Wobei die Personen, die über das konkrete Handeln entscheiden, meistens in anderen Zusammenhängen leben als jene, die über die Verteilung gemeinsam genutzter Ressourcen zu befinden haben.

g) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard so, dass sie sich möglichst nahtlos einfügt in Ihr Management- und Controlling-System. Dazu gehören Projektmanagement und -controlling ebenso wie flexible Planung und Budgetierung und geeignete strategische und operative Berichte. Sorgen Sie in diesem Zusammenhang dafür, dass die Kennzahlen in Ihren Berichten sich nicht verselbständigen und zur formalen Hülle werden. Die Balanced Scorecard ist mehr als ein Kennzahlensystem. Aber Kennzahlen können dazu zwingen, konkret – weil messbar – zu sagen, was erreicht werden soll. Und wenn sie mit Verantwortung verknüpft werden, befördern sie das praktische Handeln im Sinne der gemeinsamen Ziele.

h) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard mit nachhaltiger Geduld; denn alle bisherige Erfahrung lehrt: Die Einführung einer Balanced Scorecard ist relativ überschaubar; aber das Leben mit der Balanced Scorecard ist ein aufwändiger, ständiger Prozess. Dabei sollten Sie nicht zu früh die Kennzahlen mit dem Anreizsystem verbinden. Dazu bedarf es erst ausreichender Erfahrung und vor allem Vertrauen zur Balanced Scorecard,

i) Gestalten Sie Ihre Balanced Scorecard mit ausreichend Zeit für Kommunikation, denn nur dies ist die Grundlage für ein lernendes Unternehmen, die Basis für unternehmerischen Erfolg.

Und vor allem: Fangen Sie an!

Warten Sie nicht auf ideale Bedingungen und Voraussetzungen, sonst warten Sie eventuell ewig. Nutzen Sie die Balanced Scorecard möglichst bald und lernen Sie mit ihr zu operieren, um Ihr Unternehmen im Wettbewerb besser zu platzieren. Dabei kann Ihnen niemand den Erfolg garantieren. Die Zukunft ist nicht vorhersehbar. Aber Sie können heute jene Möglichkeiten und Fähigkeiten entwickeln, die Sie morgen in die Lage versetzen, mit den Risiken und Chancen der Zukunft zu Ihrem Vorteil umzugehen. Und das ist allemal besser, als auf „das Schicksal“ zu warten!


Literaturtipps

Friedag, Herwig R. / Schmidt, Dr. Walter, (2009): Management 2.0: Kooperation, Der entscheidende Wettbewerbsvorteil, Haufe-Verlag, Freiburg, ISBN 3-448-09328-5

Friedag, Herwig R. / Schmidt, Dr. Walter, (2002): Taschenguide Balanced Scorecard, Haufe-Verlag, Freiburg, ISBN 3-448-04870-4

download unter: http://www.scorecard.de/pdf%20taschenguide%202_Auflage_05.pdf

Friedag, Herwig R. / Schmidt, Dr. Walter, (2000): My Balanced Scorecard,Haufe-Verlag, Freiburg, ISBN 3-448-04317-6

Horváth & Partner (2000): Balanced Scorecard umsetzen, Stuttgart, (2000):

Internationaler Controller Verein e.V. (2003): Controller Statement: Balanced Scorecard, Gauting 2003

Kaplan, R. / Norton, D. (2004): Strategy Maps, Stuttgart 2004

Kaplan, R. / Norton, D. (2001): Die strategiefokussierte Organisation. Führen mit der Balanced Scorecard, Stuttgart 2001

Kaplan, R. / Norton, D. (1997): Balanced Scorecard, Stuttgart 1997

Kaplan, R. / Norton, D. (1992): The Balanced Scorecard – Measures that drive performance, in: Harvard Business Review, o.Jg., 1/1992, S. 71 - 79

Ledig, G. / Sommerfeld, R. (2003): Balanced-Scorecard-Handbuch, Wuppertal 2003

Probst, H.-J. (2001): Balanced Scorecard leicht gemacht, warum Sie mit weichen Faktoren hart rechen sollten, Frankfurt 2001

Weber, J. / Schäffer, U. (1999): Balanced Scorecard und Controlling, Wiesbaden

Ein ausführliches Literaturverzeichnis finden Sie unter [www.scorecard.de] / Literatur / Literaturverzeichnis

Internet

Forum Balanced Scorecard [1]

Palladium Group, das Unternehmen von Kaplan und Norton: [2]

CFOworld: Praktische Erfahrungen mit der Balanced Scorecard [3]

Autor

Herwig R. Friedag, Berlin Friedag Consult

Dr. Walter Schmidt, Berlin ask-Schmidt