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Konfliktfreie Ziel- und Kennzahlensysteme: Unterschied zwischen den Versionen

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Christoph Lenhartz
 
Christoph Lenhartz
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[[Kategorie:Kennzahlen]]

Version vom 4. Mai 2012, 18:04 Uhr


Wie entstehen Ziele und welche sollte ein Unternehmen verfolgen?

Konfliktfreie Ziel- und Kennzahlensysteme ermöglichen es den handelnden Personen in einem Unternehmen, sich so zu verhalten, dass sie durch ihr Verhalten zur Verfolgung des Unternehmenszieles beitragen.

Um die Frage beantworten zu können, wie Ziel- und Kennzahlensysteme in Unternehmen derart konfliktfrei gestaltet werden können, sollen zunächst Entstehen und Ausgestaltung der Unternehmensziele betrachtet werden.

Die Ziele eines Unternehmens entstehen dadurch, dass die Menschen, die dazu ermächtigt sind, die Unternehmensziele verbindlich festlegen und verfolgen. In der Regel handelt es sich dabei um die Eigentümer, deren Vertreter oder mit der Geschäftsführung betraute Personen.

Im Allgemeinen lässt sich ein Ziel als eine normative Aussage eines Entscheidungsträgers definieren, die einen gewünschten und anzustrebenden, zukünftigen Zustand beschreibt. Ziele sind also aktions- oder systemgerichtet (das System muss eine Handlung vornehmen, um das Ziel zu verfolgen) und unterscheiden sich so Weise von Zwecken oder Werten, die eher eine ungerichtete, generelle Verhaltenstendenz und Präferenz ausdrücken.

Ziele erlangen ihre Geltung nicht durch einmaliges Verkünden, sie müssen sich im Konflikt widerstreitender Interessen und im Licht neuer Erkenntnisse und Entwicklungen immer wieder bewähren. Eine solche Konsistenz in Bezug auf die Akteure des Unternehmens und die gegenwärtige Realität erlangt ein Zielsystem nur dann, wenn sichergestellt wird, dass die Individualziele der maßgeblichen Elemente und Akteure der Organisation den Organisationszielen nicht widersprechen. Das Zielsystem eines Unternehmens muss über ein bewusst gestaltetes Motivations- und Sanktionssystem mit den Individualzielen der handelnden Personen verknüpft sein.

In der Regel kann bei den meisten Wirtschaftsunternehmen davon ausgegangen werden, dass sie das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen. Dabei ist die Sichtweise keineswegs auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtet, sondern auf nachhaltiges und stetiges Gewinnwachstum. Aus dieser Formulierung ergibt sich als Konsequenz, dass das Ziel eines auf Dauer angelegten Unternehmens (wovon im folgenden ausgegangen werden soll) offen ist, in dem Sinne, dass es niemals möglich ist, das Ziel vollständig zu erfüllen (sonst würde die Existenzberechtigung des Unternehmens in jenem Moment erlöschen). Das Ziel kann also nicht „erreicht“, sondern nur „verfolgt“ werden.

Um Gewinn erwirtschaften zu können, muss ein Unternehmen seinem Absatzmarkt ein attraktives Angebot machen, es muss sich bedeutende Wettbewerbsvorteile erarbeiten. Weiterhin ist es nicht ausreichen, sich mit einem einmal erarbeiteten Wettbewerbsvorteil zufrieden zu geben. Es besteht immer die Gefahr, dass Mitbewerber nachziehen, weiterhin können sich die konkreten Kundenbedürfnisse und andere Umweltbedingungen ändern, außerdem erfordert das Unternehmensziel die kontinuierliche, nachhaltige Verbesserung der operativen Fähigkeiten, des Angebots und nicht zuletzt der Gewinne. Kontinuierliche Verbesserung ist also kein Zweck an sich, sondern eine notwendige Bedingung für das langfristige erfolgreiche Bestehen des Unternehmens und damit auch für den Erhalt der Arbeitsplätze und der Beiträge, die das Unternehmen für seine Kunden und die Gesellschaft erbringt.

Das Managementsystem der „Theory of Constraints” stellt dem Ziel der langfristig nachhaltigen und stetig steigenden Gewinnerzielung („make more money now as well as in the future“ –„erwirtschafte sowohl heute als auch in Zukunft mehr Gewinn“) notwendige Bedingungen an die Seite, die in einem ausreichenden Masse nachhaltig erfüllt sein müssen, um das Verfolgen des Zieles langfristig zu ermöglichen: Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden und Befriedigung der legitimen Interessen der Umwelt des Unternehmens.

Warum ist ein Kennzahlensystem erforderlich?

Wie bereits erwähnt, muss das Zielsystem eines Unternehmens über ein bewusst gestaltetes Motivations- und Sanktionssystem mit den Individualzielen der handelnden Personen verknüpft sein. In der Regel kommen dabei Kennzahlensysteme zum Einsatz.

Ein Kennzahlensystem ist eine System betriebswirtschaftlicher Kennzahlen, die miteinander in Beziehung stehen und über einen Sachverhalt Auskunft geben, etwa über der Grad der Zielerreichung des Unternehmens oder lokale bzw. individuelle Leistung. Kennzahlensysteme werden vor allem für zwei Zwecke eingesetzt:

  1. Sie sollen eine individuelle und organisationale Standortbestimmung in Bezug auf das Unternehmensziel ermöglichen und damit auch einen Soll-Ist-Abgleich.
  2. Sie sollen für die Mitglieder des Unternehmens und das Unternehmen als ganzes handlungsleitend wirken („Sage mir, wie Du mich misst, und ich sage Dir, wie ich mich verhalten werde.“).

Wie entstehen Zielkonflikte in Unternehmen?

In Unternehmen lassen sich verschiedene Interessengruppen ausmachen (u.a. Eigentümer, Spitzenmanagement und leitende Angestellte, mittleres Management, Vorarbeiter, Arbeitnehmer). Jedes Mitglied dieser Gruppen verfolgt neben gruppentypischen Zielen auch persönliche Ziele. Offensichtlich stimmen die Ziele auf persönlicher, Gruppen- und Unternehmensebene nicht notwendigerweise überein. Daher ist die Unternehmensführung bestrebt, mittels geeigneter Maßnahmen die für das Unternehmen relevanten Ziele der Gruppen und Personen auf das Zielsystem des Unternehmens auszurichten. In der Regel geschieht dies, indem die Unternehmensziele auf lokale Ziele von Subsystemen des Unternehmens heruntergebrochen werden und jedem Subsystem lokale Kennzahlen zugeordnet werden, die es zu verbessern gilt.

Oft führen Kennzahlensysteme und Anforderungen des betrieblichen Berichtswesens dazu, dass Führungskräfte ihre Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl von Dingen lenken und nicht auf den zentralen Hebel zur Verbesserung des Geschäftsergebnisses, den Constraint. Der Grundgedanke eines zielkonformen, konsistenten und widerspruchsfreien Kennzahlensystems besteht darin, sich ausschließlich auf die Leistung der Gesamtorganisation zu konzentrieren und lokal orientierte Leistungsmessung und Kennzahlen nur am Constraint zuzulassen, weil nur an dieser Stelle globales und lokales Optimum zusammenfallen.

Ein einfaches, aber wirkungsvolles Set an Kennzahlen

Zunächst muss auf der Ebene der Gesamtorganisation ein einfaches, konsistentes und wirkungsvolles Kennzahlensystem bestimmt werden. Das im folgenden vorgestellte System beruht auf dem einfachen, aber wirkungsvollen und erprobten Kennzahlensystem der Theory of Constraints.

Durchsatz

Geht man vom Ziel der stetigen und nachhaltigen Gewinnsteigerung aus, liegt der entscheidende Hebel nicht im Senken der Kosten oder Ausgaben (dieses Potential ist notwendigerweise begrenzt und viele Unternehmen finden sich nach ausgeprägten Phasen der Kostensenkung in Situation wieder, die ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen), sondern im Steigern der Einnahmen, also der Umsätze des Unternehmens. Zieht man von den steigenden Umsätzen die tatsächlich umsatzvariablen Ausgaben ab (etwa für Rohmaterial oder andere Fremdbezüge), so erhält man den Gewinnbeitrag aus der Geschäftstätigkeit, der sich als finanzieller Durchsatz (T für Throughput) bezeichnen lässt. Steigender Durchsatz führt ceteris paribus notwendigerweise zu steigendem Nettogewinn. Weiterhin entspricht positiver Durchsatz einem Mittelzufluss.

Z.B. hat das Unternehmen U im vergangenen Jahr Waren im Wert von 500.000€ verkauft und für Rohstoffe und Kaufteile 60.000€ ausgegeben, alle weiteren Ausgaben standen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Absatz und wären auch so angefallen. Der Durchsatz betrug also 440.000€.

Bestände

Geldmittel als wertvolles Gut sollten nicht übermäßig in Beständen (I für Inventory oder Investment) gebunden sein sondern vielmehr zur Generierung von Durchsatz zur Verfügung stehen. Folglich ist es erforderlich, die Bestände auf ein optimales Niveau zu begrenzen. Dabei gehören zu den Beständen nicht nur Rohstoffe und Warenbestände, sondern allgemein alles, was das Unternehmen im Prinzip in Durchsatz verwandeln könnte, als auch Güter des Anlagevermögens wie Gebäude oder Fahrzeuge. Um auch bei den Beständen die Verbindung zu tatsächlich getätigten Ausgaben (negativem Cashflow) zu herzustellen, sollten die Bestände mit den jeweiligen Beschaffungskosten bewertet werden.

Zum Durchschnitt des Vorjahres verfügte U über Bestände an Rohstoffen im Einkaufswert von 20.000€, in vorhandene Fertig- und Halbfertigwaren wurden Rohstoffe und Kaufteile im Einkaufswert von 15.000€ verarbeitet. Außerdem belief sich der Zeitwert des Anlagevermögens auf 890.000€. Somit verfügte U über Bestände in Höhe von 925.000€.

Betrachtet man das Anlagevermögen als mittel- bis langfristig annähernd konstant oder soll es nicht näher betrachtet werden, können zu Analysezwecken in bestimmten Fällen auch nur die Bestände an Rohstoffen, Fertgig- und Halbfertigwaren betrachtet werden.

Betriebsausgaben

Die Betriebsausgaben oder Betriebskosten (OE für Operating Expenses) stellen alle weiteren Ausgaben oder Aufwendungen des Unternehmens dar, die nicht unter die umsatzvariablen Kosten fallen oder durch den beschriebenen Bestandsbegriff abgedeckt sind. Sie repräsentieren den Aufwand, den das Unternehmen betreibt, um aus Beständen Durchsatz zu generieren, indem etwa aus Rohstoffen fertige, verkaufte Produkte, Dienstleistungen erbracht oder nicht mehr erforderliche Gebäude verkauft werden. Andererseits können Betriebsausgaben bei steigendem Durchsatz zunehmen, beispielsweise weil zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden müssen.

Im vergangenen Jahr beliefen sich die Betriebsausgaben bei U auf 350.000€.

Abgeleitete Kennzahlen

Aus diesen drei Kennzahlen lassen sich weitere ableiten (einige werden im folgenden näher diskutiert):

- Nettogewinn (NP) NP = T – OE
- Return on Investment (ROI) ROI = NP / I
- Produktivität PY = T / OE
- Investitionsumlauf TO = T / I

Für das Beispielunternehmen U ergeben sich aus den vorgenannten Zahlen folgende abgeleitete Kennzahlen:

- Nettogewinn NP = T - OE 440.000€ - 350.000€ = 90.000€
- ROI ROI = NP / I 90.000€ / 925.000€ = 9,73%
- Produktivität PY = T / OE 440.000€ / 350.000€ = 1,26
- Investitionsumlauf TO = T / I 440.000€ / 90.000€ = 4,89

Die handlungsleitende Wirkung dieser drei Kennzahlen

Wendet man diese drei grundlegenden Kennzahlen auf das Ziel der nachhaltigen und stetigen Gewinnsteigerung an, so ergibt sich folgendes Bild:

  1. Oberste Priorität hat die Steigerung des Durchsatzes.
  2. Zweitens müssen die Bestände auf das erforderliche Maß begrenzt werden (unter Einsatz moderner Ansätze der Betriebsführung ist dieses Maß oft geringer als gedacht).
  3. Die Verringerung der Betriebsausgaben oder -kosten steht an dritter Stelle, weil ihr Potential zur Gewinnsteigerung im Vergleich zur Erhöhung des Durchsatzes begrenzt ist.

Unternehmen, die dieser Hierarchie konsequent folgen, sind in der Lage ihren Gewinn (auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten) nachhaltig und stetig zu steigern. So führt steigender Durchsatz selbst bei steigenden Betriebsausgaben (sofern diese sich unterproportional zum Durchsatz verhalten) noch zu Gewinnsteigerungen.

Folgende Vorteile ergeben sich aus diesem System:

  • (Produkt-)Kalkulationen können unter Berücksichtigung des Engpasses oder Constraints (der den Systemdurchsatz bestimmt) viel einfacher und schneller erstellt werden, als mit der klassischen (Produkt-)Kostenrechnung.
  • Alle Entscheidungen sind auf globale Optimierung des Systems ausgerichtet.
  • (Verbesserungs-) Aktivitäten können hinsichtlich ihrer globalen Auswirkung bewertet und priorisiert werden.
  • Anfragen / Angebote werden aufgrund der globalen Auswirkung des neuen Auftrages bewertet, entschieden und behandelt.

Folgt man der Erkenntnis, dass der primäre Hebel für die Verbesserung des Unternehmensergebnisses in der Steigerung des Durchsatzes liegt, so muss auch das gesamte Ziel- und Kennzahlensystem des Unternehmens darauf ausgerichtet sein, die nachhaltige und stetige Durchsatzsteigerung zu gewährleisten. Insbesondere darf es keine lokalen Kennzahlen geben, die Mitarbeiter zu Verhaltensweise motivieren, die der Durchsatzsteigerung entgegenwirken.

Beispiele zielkonformer Kennzahlen

Die konkrete Ausgestaltung des Kennzahlensystems richtet sich stets nach der individuellen Situation des betrachteten Unternehmens. Im folgenden sollen jedoch einige exemplarische Kennzahlen kurz diskutiert werden, die sich zum einen auf der globalen, also unternehmensweiten Ebene bewegen, zum anderen der Forderung nach lokaler Entscheidung und Bewertung Rechnung tragen.

Globale Handlungs- und Entscheidungsbewertung

Nicht bei jeder Entscheidung ist unmittelbar ersichtlich, wie sie Durchatz, Bestände und Betriebsausgaben mittel oder langfristig beeinflusst. Daher sind, um Entscheidungen auf lokaler Ebene zu ermöglichen, ohne jeweils den Effekt auf globale Kennzahlen berechnen zu müssen, einfache, unmittelbar bestimmbare Kennzahlen erforderlich, die dennoch mit dem Gesamtzielsystem konsistent sind.

Durchsatzwert-Tage und Bestandswert-Tage

Grundsätzlich lassen sich Handlungen dahingehend beurteilen, ob sie zielführend sind oder nicht. Geht man davon aus, dass sich zielführendes Verhalten darin äußert, dass es den Durchsatz bzw. den Gewinn einer Organisation verbessert, kann man umgekehrt schließen, dass nicht zielführendes oder schädigendes Verhalten den Durchsatz senkt und die Bestände erhöht. Nicht zielführendes Verhalten lässt sich wiederum in zwei Kategorien unterteilen:

  1. Unterlassungen (was man hätte tun sollen, aber nicht getan hat); jede Unterlassung bedeutet Unzuverlässigkeit; geringe Unterlassungen stehen also für hohe Zuverlässigkeit
  2. Verschwendung (was man nicht hätte tun sollen, aber trotzdem getan hat); geringe Verschwendung stehen also für hohe Effektivität
Zuverlässigkeit

Die Zuverlässigkeit lässt sich mit Durchsatzwerttagen (TDD für Throughput Dollar Days) bemessen: um wie viel Tage wurde Durchsatz in welcher Höhe verschoben: TDD = Summe [Durchsatz * (Tage verspätet)]. Offensichtlich sollte diese Kennzahl möglichst klein sein, im besten Fall ist sie Null, was höchste Zuverlässigkeit ausdrückt.

So verzögerte sich bei U eine Lieferung aufgrund von Fertigungsproblemen um 16 Tage, der Durchsatz der Lieferung betrug 5.000€, es entstanden somit ein Schaden durch Unzuverlässigkeit, der jeden Tag um 5.000€ anstieg, um am Ende der Verzögerung 5000€ * 16 Tage = 80.000 €Tage aszumachen.

Effektivität

Die Effektivität lässt sich mit Bestandswerttagen (IDD für Inventory Dollar Days) bemessen: für welchen Zeitraum wurde Bestände in welcher Höhe aufgebaut: IDD = Summe [Bestandswert * (Tage im Bestand)]. Offensichtlich sollte auch diese Kennzahl möglichst klein sein, sie wird aber niemals Null sein, weil das Unternehmen stets über einen gewissen Mindestbestand verfügen muss.

Für einen bestimmten, erwarteten Auftrag baute U in seinem Lager 10 Tage vor Verbrauch einen Bestand an Rohstoffen im Einkaufswert von 10.000€ auf. Einen Tag nach Rohstoffeingang beliefen sich die IDD auf 10.000€, am Tag 10 waren es bereits 100.000€.

Lokale Handlungs- und Entscheidungsbewertung

Die folgenden Beispiele stellen weitere in der unternehmerischen Praxis erprobte Kennzahlen für Einzelbereiche dar, die jedoch unter Umständen den Gegebenheiten des Einzelfalls anzupassen sind.

Preisbildung - Durchsatz je Zeiteinheit des Constraint

Der Constraint ist gewissermaßen die wichtigste Engstelle im Unternehmen. Seine Kapazität bestimmt die Kapazität des Gesamtsystems. Folglich stellt er die wertvollste Ressource dar und sollte bestmöglich genutzt werden, etwa indem die vorhandene Kapazität für diejenigen Produkte verwendet wird, die den höchsten Durchsatz ermöglichen. Die Preise für Produkte oder Dienstleistungen sollten also nicht aufgrund der auf den aufgewandten Kosten festgelegt werden, sondern vielmehr unter Berücksichtigung des höchsten Preises, den der Markt zu akzeptieren bereit ist (also aufgrund des größtmöglichen Durchsatzes). Während es hier von Unternehmen zu Unternehmen Unterschiede gibt, etwa im Hinblick auf Niedrigpreisstrategien oder auf die Intensität des Preiswettbewerbs, liegt der Schlüssel darin, die Preise unter keinen Umständen aufgrund von Produktkosten festzulegen.

Das Verhältnis zwischen Durchsatz und Zeitaufwand des Constraints bietet Hinweise darauf, ob der Preis eines Produktes oder einer Dienstleistung ändert werden sollte. Bei einem Produkt, dessen Durchsatz je Zeiteinheit des Constraints relativ gering ist, sollte überlegt werden, den Preis zu erhöhen, umso den Nettogewinn zu steigern. Produkte mit einem hohen Durchsatz je Zeiteinheit des Constraints sollten im Vertrieb besondere Aufmerksamkeit erfahren, weil auf diese Weise der höchstmögliche Gewinn erwirtschaftet werden kann. Produkte, die überhaupt keine Zeit des Constraints in Anspruch nehmen, sollten zu einem Preis angeboten werden, der dazu geeignet ist, vorhandene und derzeitig nicht genutzte Kapazität innerhalb des Produktionssystems auszulasten, ohne jedoch den Constraint zusätzlich zu belasten oder neue Engpässe zu schaffen.

Die Y GmbH bietet drei Produkte an (siehe unten). A und B werden selber produziert, C wird zugekauft und benötigt keine Zeit des Constraint.

Produkt Verkaufspreis Variable Kosten Durchsatz Zeitaufwand des Constraints Durchsatz je Zeiteinheit des Constraints
A 156 € 23 € 130 € 20 min 6,50 €/min
B 99 € 66 € 33 € 2 min 16,50 €/min
C 250 € 87 € 163 € 0 min ./.

Auf Grundlage dieser Analyse sollte die Y GmbH versuchen, den Preis von A zu erhöhen und die Verkaufsmengen von B zu steigern. Möglicherweise sollte der Preis von C gesenkt werden, sofern die zusätzlichen Verkaufszahlen zu einer Erhöhung des Gesamtdurchsatzes führen.

Vertriebsbewertung - Angebotsdurchsatz

In vielen Vertriebsabteilungen werden die Mitarbeiter anhand der Angebotswerte gemessen. Typischerweise wird dabei der Umsatz zugrunde gelegt. Auf diese Weise wird jedoch nicht berücksichtigt, ob die Umsätze ausreichen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen letztendlich Gewinn machen würde. Daher ist es sinnvoller, anstelle des Umsatzes im Durchsatz zu berücksichtigen. Auf diese Weise können auch effektivere Prämienmodelle für die Vertriebsmitarbeiter entwickelt werden, die Angebote mit hohem Durchsatz fördern. Andernfalls wären Verkäufer eher daran interessiert, diejenigen Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen, die sich einfach verkaufen lassen, unabhängig davon, welchen Durchsatz diese bringen.

Die Z AG verkauft Maschinen in unterschiedlichen Preissegmenten. Im Hochpreissegment ist der Durchsatz aufgrund der Konkurrenzsituation im Vergleich zum Niedrigpreissegment gering. Wenn die Z AG ihren Vertrieb anhand des Umsatzes bewertet, werden diese versuchen, vorrangig im Hochpreissegment zu verkaufen, ein Umstellen des Prämienmodells auf Durchsatz verlagert die Aufmerksamkeit des Vertriebs auf diejenigen Maschinen, die höhere Gewinnbeiträge (Durchsatz) liefern.

Effektivität des Vertriebs - Auftragseingangsrate

Um die Effektivität des Vertriebs zu messen, lässt sich der Angebotsdurchsatz mit dem Durchsatz der erteilten Aufträge vergleichen. Diese Auftragseingangsrate drückte die Fähigkeit aus, die Kunden zur Annahme eines Angebotes zu bewegen. Zusätzlich lässt sich diese Kennzahl danach unterscheiden, ob im Einzelfall konkurrierende Angebote vorgelegen haben oder nicht.

Auftragseingangsrate = Auftragsdurchsatz : Angebotsdurchsatz

Hat der Vertrieb der P KG in einem Zeitraum Angebote über einen Durchsatz von 156.000 € abgegeben, aber nur feste Aufträge mit einem Durchsatz von 98.000 € erhalten, beträgt die Auftragseingangsrate 98.000€ / 156.000€ = 62,8%.

Stillstand des Constraint - Wartungseffektivität

Der Constraint ist die wertvollste Ressource des Unternehmens. Er bestimmt die Leistung des Gesamtsystems. Daher ist es erforderlich, Stillstandszeiten des Constraint und ihre Gründe zu erfassen, so dass in der Folge Maßnahmen eingeleitet werden, die die maximale Ausnutzung des Constraint ermöglichen. Auch die notwendigen Wartungsarbeiten sollten auf diese Weise betrachtet werden. Die Effektivität der Wartung ist wichtiger als deren Effizienz. Beispielsweise sollten die Mitarbeiter in der Wartung des Constraints an ihrer Fähigkeit gemessen werden, den Constraint nach dem Eingriff mit möglichst wenig Unterbrechungszeit arbeiten zu lassen.

Um die Effektivität der Wartung zu ermitteln, vergleicht man die tatsächlich verfügbare Zeit des Constraint mit dem Zeitaufwand für die eigentliche Wartung.

Wartungseffektivität am Constraint = tatsächliche Betriebsdauer des Constraint / Ausfallzeit des Constraint durch Wartung

Der Constraint der Y GmbH befindet sich in der Verpackungsanlage. Diese wird 5 Tage in der Woche ununterbrochen betrieben, es stehen also theoretisch 5*24 = 120 Stunden pro Woche zur Verfügung. In der vergangenen Woche konnten die wöchentlichen Wartungsarbeiten nicht am Wochenende beendet werden, und am Montag wurde die Anlage erst mit 6-stündiger Verspätung in Betrieb genommen. Die Wartungseffektivität betrug somit (120h-6h)/ 6h = 114h/6h=19.

Offensichtlich sollte bei der Wartungseffektivität ein möglichst hoher Wert angestrebt werden.

Die Stillstandszeit kann allerdings nicht nur zeitlich bewertet werden, sondern auch anhand des Durchsatzes (des Gesamtsystems!), der in dieser Zeit hätte produziert werden können. Aufgrund der Verzögerung konnten 9 Stück des Produktes A und 90 Stück von Produkt B (siehe obige Tabelle) nicht verkauft werden. Es entstand also ein Verlust an Durchsatz in Höhe von 9*6,50€+90*16,50€=58,50€+1.485€=1.543,50€. Dieser Durchsatzverlust ist gleichbedeutend mit entgangenem Gewinn! Auch auf diese Weise wird deutlich, welchen Wert der Constraint für das Unternehmen darstellt.

Auslastung des Constraint

Der Constraint ist die einzige Stelle in einem Unternehmen, an der die lokale Effizienz gleich der globalen Effizienz ist. Daher ist nur hier die Messung und Maximierung der Effizienz oder des Auslastungsgrades sinnvoll: Constraintauslastung = tatsächliche Produktionszeit/Verfügbare Zeit des Constraint.

Die Verpackungsanlage der Y GmbH hätte im vergangenen Jahr an 225 Tagen jeweils für 24 Stunden betrieben werden können. Tatsächlich lief sie von den verfügbaren 5400 Stunden aber nur 5000 Stunden, woraus sich eine Auslastung von 92,59% ergibt. Dies entspricht gleichzeitig dem Auslastungsgrad des Unternehmens an sich. Auch in diesem Fall lässt sich der Verlust in Höhe von 7,41% der Kapazität in verlorenem Durchsatz (und damit entgangenem Gewinn) bewerten. Die Produkte A und B hätten im Verhältnis 2:3 gefertigt und verkauft werden können, so dass für A 9.600 Minuten und für B 14.400 Minuten zur Verfügung gestanden hätten. Der so entstandene Verlust beläuft sich also auf 9.600min * 6,5€/min + 14.400min * 16.5€/min = 62.400€ + 237.600€ = 300.000€.

Es gilt also die Regel, dass jede am Constraint verlorene Minute einen Verlust für das Gesamtsystem darstellt und nicht lediglich einen lokal begrenzten Schaden.

Die Auslastung des Constraint kann u.U. manipuliert werden, in dem Aufträge mit niedriger Priorität vorgezogen werden damit die Anlage läuft. Sollte dies der Fall sein, muss außerdem die Plantreue am Constraint gemessen werden. Eine andere Manipulationsmöglichkeit liegt in der zur Verfügung stehenden Zeit, hier muss genau begründet werden, falls weniger als 24h am Tag angesetzt werden sollen.

Plantreue am Constraint

Weil am Constraint die Auslastung durch das Verarbeiten niedrig priorisierter Aufträge künstlich gesteigert werden kann, ohne dass das Unternehmen tatsächlich Durchsatz generiert muss die Einhaltung des Bearbeitungsplans am Constraint überwacht werden. Eine einfache Kennzahl vergleicht die Zahl der bearbeiteten Aufträge mit den geplanten Aufträgen einer Periode.

Auslastung und Plantreue am Constraint stellen die besten Kennzahlen dar, anhand derer die für den Engpass verantwortliche Führungskraft bewertet werden kann.

Ausschuss nach Constraint

Ein guter Weg, um den Unternehmensdurchsatz zu steigern, besteht darin, Ausschuss hinter dem Constraint zu vermeiden. Ausschuss hinter dem Constraint hat bereits Kapazität der wertvollsten Ressource genutzt, die nicht wieder zurückgewonnen werden kann. Für diese Kennzahl wird der Durchsatzverlust aufgrund des Ausstoßes summiert. Monatlich muss die Y GmbH im Durchschnitt 400 Stück von Produkt A und 60 Stück von Produkt B nach dem Verpacken (Constraint) entsorgen, weil sie sich als defekt herausstellten. Der entgangene Durchsatz beläuft sich folglich auf 400 * 6,50€ + 60 * 16,50€= 3.590€

Produktivität und Effektivität

Obwohl sollte das Hauptaugenmerk auf der Steigerung des Durchsatzes liegen muss, müssen die Kosten kontrolliert werden. Dies kann etwa geschehen, indem der Durchsatz mit den gesamten Betriebsausgaben verglichen wird:

Produktivität = Durchatz / Betriebsausgaben

In ähnlicher Weise sollte der Fertigungsprozess anhand des Durchsatzes im Vergleich zur aufgewendeten Zeit am Engpass bewertet werden.

Auf diese Weise wird deutlich, wie jegliche Ausgaben und Aufwendungen des Unternehmens den Durchsatz beeinflussen. Diese Kennzahl kann auch bei der Bewertung von „Kosteneinsparungen“ helfen, indem die Auswirkungen von Einsparungen auf den Durchsatz beobachtet werden. In gleicher Weise kann der Effekt der Ausweitung von Betriebsausgaben auf den Durchsatz verfolgt und bewertet werden.

Der Betriebsleiter der Y GmbH überlegt, einige manuelle Tätigkeiten zu automatisieren und eine neue Anlage für 800.000€ zu erwerben. Eingesparten Personalkosten in Höhe von 100.000€ stünden dann höhere Abschreibungen und Betriebskosten der Anlage von 20.000 € gegenüber. Der Durchsatz bliebe unverändert.

Der Controller schlägt vor, einen Mitarbeiter einzustellen, der vor der Verpackungsanlage (dem Constraint) eine Qualitätskontrolle durchführt und außerdem die Mitarbeiter in der Wartung der Verpackungsanlage, im Fertigwarenlager und Versand besser zu qualifizieren, was allerdings auch eine höhere Entlohnung nach sich ziehen würde. Auf diese Weise könnte die Auslastung des Constraint auf 99% steigen und der Ausschuss nach Constraint auf ein Drittel gesenkt werden. Die Personalkosten stiegen allerdings um 60.000€.

Derzeit beträgt der maximal erreichbare Durchsatz bei 5400 Stunden 4,05 Mio €. Bei der aktuellen Auslastung des Constraints von 92,59% und unter Abzug des Ausschusses nach Constraint von 12 * 3.590€ = 43.080€ ergibt sich also ein Durchsatz von 3.706.920 €. Die Betriebsausgaben machen 3 Mio € aus. Folglich beläuft sich die Produktivität auf: PY = T / OE = 3.706.920€ / 3.000.000€ = 1,24.

Der Vorschlag des Betriebsleiters ergäbe eine Produktivität von: PY = T / OE = 3.706.920€ / (3.000.000€ -100.000€ + 20.000€) = 1,27.

Die Realisierung des Vorschlags des Controllers ergäbe eine Steigerung des Durchsatzes auf 99% der Kapazität. Vom Durchsatz von 4.009.500€ blieben nach Abzug des reduzierten Ausschusses nach Constraint (21.540€) noch 3.987.960€ übrig. Die Produktivität beliefe sich auf: PY = T / OE = 3.987.960€ / (3.000.000€ + 60.000€) = 1,30.

Während beide Maßnahmen die Produktivität steigern, ist der Hebel im Fall des Vorschlags des Controllers deutlich höher. Außerdem werden in diesem Fall die Bestände nicht ausgeweitet (die Maschine würde zum Anlagevermögen gehören). Daher ist dem Vorschlag des Controllers der Vorrang zu geben.

Auftragsdurchlaufzeit

Je schneller ein Unternehmen Aufträge durch sein Produktionssystem hindurchschleusen kann, desto mehr Durchsatz und Gewinn kann es realisieren. Obwohl die Gesamtmenge durch den Constraint begrenzt wird, können andere Prozessschritte verkürzt werden, um eine schnellere Durchlaufzeit zu erreichen. Kurze Durchlaufzeiten bedeuten Wettbewerbsvorteile, allerdings kann dadurch auch ein Auftragsrückstand ausgelöst werden. Die Durchlaufzeit berechnet sich aus der Zeitdifferenz zwischen Lieferdatum und Auftragseingang.

Bestandsumschlag

Wird der Lager- oder Bestandsumschlag vor dem Hintergrund der maximalen Ausnutzung einer begrenzten Ressource gemessen, besteht die Kernfrage darin, wie viel Bestand notwendig ist, um den Durchsatz zu maximieren. Dementsprechend wird der Bestandsumschlage wie folgt gemessen:

Bestandsumschlag = Durchsatz / Einstandskosten des Bestandes

Auf diese Weise lässt sich bestimmen, inwieweit weitere Investitionen in Bestände (nicht) erforderlich sind, um den Durchsatz zu maximieren. Beachten Sie, dass die Betriebsausgaben in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen, weil ihre Höhe nicht mit dem Durchsatz variiert. Ein Ergebnis kann sein, dass Bestände, die im Zusammenhang mit dem Durchsatz stehen, nicht gesenkt werden, während Bestände an anderen Stellen im Unternehmenssystem zurückgehen.

ROI

Für Zwecke der Renditeberechnung wird der Gewinn durch die Einstandskosten des Bestandes geteilt:

ROI = Gewinn / Bestand

Auf diese Weise kann verfolgt werden, wie sich die Entwicklung des Gewinns im Vergleich zu den Bestandsveränderungen verhält. Beispielsweise kann der Effekt eines Sicherheitsbestandes auf den Durchsatz bewertet werden.

Zusammenfassung

Um nachhaltig und langfristig stetig steigenden Gewinn erwirtschaften zu können, muss ein Unternehmen dieses Ziel in ein passendes, konfliktfreies Kennzahlensystem übertragen. Während die Kennzahlen Durchsatz, Bestände und Betriebsausgaben eine einfache, systemweite Bestandsaufnahme ermöglichen, erlauben es abgeleitete Kennzahlen, globale Ziele in lokale Handlungsanweisungen umzusetzen. Jede einzelne Entscheidung oder Handlung lässt sich in Bezug auf Zuverlässigkeit und Effektivität bewerten, weitere abgeleitete Kennzahlen ermöglichen eine einfache Steuerung an den strategisch relevanten Punkten auf operativer Ebene.

Ersteinstellender Autor

Christoph Lenhartz