Basel II-Rating: Unterschied zwischen den Versionen
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Basel II bezeichnet die Gesamtheit der Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in den letzten Jahren erarbeitet wurden. '''Diese Regeln müssen gemäß EU-Richtlinie seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angewendet werden.''' In der Praxis werden sie aber schon seit längerer Zeit von den Kreditinstituten umgesetzt. Basel II besteht aus '''drei sich gegenseitig ergänzenden Säulen''': | Basel II bezeichnet die Gesamtheit der Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in den letzten Jahren erarbeitet wurden. '''Diese Regeln müssen gemäß EU-Richtlinie seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angewendet werden.''' In der Praxis werden sie aber schon seit längerer Zeit von den Kreditinstituten umgesetzt. Basel II besteht aus '''drei sich gegenseitig ergänzenden Säulen''': | ||
Version vom 22. November 2011, 14:40 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Basel II bezeichnet die Gesamtheit der Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in den letzten Jahren erarbeitet wurden. Diese Regeln müssen gemäß EU-Richtlinie seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angewendet werden. In der Praxis werden sie aber schon seit längerer Zeit von den Kreditinstituten umgesetzt. Basel II besteht aus drei sich gegenseitig ergänzenden Säulen:
- Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken;
- Bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess;
- Erweiterte Offenlegung zur Stärkung der Marktdisziplin von Banken.
Basel II ist eine Reaktion auf die Kritik an der ursprünglichen Basler Eigenkapitalverordnung von 1988 („Basel I“). Danach sind Banken verpflichtet, je nach Risikogehalt ihrer Bilanzaktiva (= Kredite) ein Eigenkapital von mindestens 8% vorzuhalten (Grundsatz I Kreditwesengesetz). Konsequenz: Die Höhe des haftenden Eigenkapitals einer Bank bestimmt den Umfang des maximal zu gewährenden Kreditvolumens.
Beispiel: Ein unbesicherter Kredit in Höhe von 10 Mio. Euro erhielt einen Eigenkapitalunterlegungsfaktor (seitens der Bank!) von 8%. Dieser wurde mit einem für alle inländischen Unternehmen gültigen Gewichtungsfaktor von 100% multipliziert, so dass die Kredit gebende Bank für dieses Engagement Eigenkapital in Höhe von 800.000 Euro „vorhalten“ musste. Durch diesen pauschalen Ansatz werden „gute“ Kunden benachteiligt, „schlechte“ Kunden erhalten – gemessen an ihrem individuellen Ausfallrisiko – zu gute Konditionen (Quersubventionierung).
Nach Basel II gilt: Wie bisher sind Kredite an Unternehmen zu (mindestens) 8% mit Eigenkapital zu unterlegen. Jedoch erfolgt eine Differenzierung der Gewichtungsfaktoren nach der Qualität der Kreditnehmer, d.h. die Höhe der Eigenkapitalunterlegung orientiert sich an der individuellen Bonitätseinschätzung des Kunden. Hierzu ist ein sog. Rating vorzunehmen. Unter einem Rating versteht man die nach einem standardisierten Verfahren vorgenommene Beurteilung der zukünftigen Fähigkeit eines Unternehmens (Bank, öffentliche Hand ...) zur pünktlichen und vollständigen Bedienung seiner Zahlungsverpflichtungen. Das Rating soll alle bonitätsrelevanten Faktoren in möglichst objektiver und nachvollziehbarer Form erfassen. Konsequenz des Ratings ist die Clusterung der Kreditnehmer in verschiedene Risikoklassen. Jeder Risikoklasse kann damit eine mathematisch-statistische Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Dabei wird ein fester Zeitraum (z.B. 1 Jahr) zu Grunde gelegt.
Dadurch soll erreicht werden, dass die Banken für sehr gute Bonitäten nur noch etwa ein Fünftel des bisherigen Eigenkapitals vorhalten müssen. Für mittlere Bonitäten bleibt die Eigenkapital-Unterlegung in etwa gleich, für schlechte Bonitäten müssen Banken teilweise etwa das Vier- bis Sechsfache an Eigenkapital unterlegen, um die mit einem risikoreicheren Engagement verbundenen Adressausfallrisiken zu kompensieren. Zu beachten ist, dass für Gewerbetreibende sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU´s) eine Reihe von Erleichterungen beschlossen wurde.
Welche Veränderungen gab es durch Basel II bei den Kreditkonditionen?
Kalkulation für einen Kredit über 1 Mio. EURO (vereinfachtes Beispiel). Für das Beispiel gelten folgende Angaben:
- Refinanzierungskosten der Bank: 5%
- Bearbeitungskosten des Kredits („Standardstückkosten“): 3.000 €
- Ratingklasse des Kreditnehmers: BB (entspricht einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 1,60%)
- Verlustquote bei Ausfall: 50% (der Rest ist durch die Verwertung von Sicherheiten etc. abgedeckt)
- angestrebte Rentabilität der knappen Ressource Eigenkapital: 15% vor Steuern
Kalkulation gemäß Basel I:
- Refinanzierungskosten: 50.000 €
- Bearbeitungskosten: 3.000 €
- Standardrisikokosten: 1,60% x 50% x 1.000.000 € = 8.000 €
- vorzuhaltendes EK (8% x 100%): 80.000 €,
- darauf 15%: 12.000 €
Summe 73.000 €,also Mindestzins 7,3%.
Gemäß den Basel II-Regelungen wird dieser Kredit kalkuliert:
- Refinanzierungskosten: 50.000 €
- Bearbeitungskosten: 3.000 €
- Standardrisikokosten: 1,60% x 50% x 1.000.000 € = 8.000 €
- vorzuhaltendes EK (8% x 160%): 128.000 €,
- darauf 15%: 19.200 €
Summe 80.200 €, also Mindestzins 8,0%.
Durch den wegen der mäßigen Bonität erhöhten Gewichtungsfaktor verteuert sich dieser Kredit um 0,7%.
Internes vs. externes Rating
Die Vereinbarungen von Basel II lassen sowohl von einer Bank durchgeführte („interne“) als auch veröffentlichte („externe“) Ratings durch anerkannte Rating-Agenturen zu. Für die großen kapitalmarktorientierten Unternehmen ist ein externes Rating fast schon ein Pflichtstück, für kleinere und mittlere Unternehmen wird in der Praxis das interne Rating der Bank überwiegen.
Beiden Rating-Arten gemeinsam ist jedoch, dass nicht nur „harte“ Finanzkennzahlen wie Gesamtkapitalrendite, Zinsdeckung, Eigenkapitalquote etc. anzugeben sind, sondern auch weiche Faktoren wie z.B. Brancheneinschätzung, Markt- und Wettbewerbsbedingungen, Strategie.
Für den Controller bedeutsam ist die Tatsache, dass in ein Rating nicht nur Vergangenheitsdaten eingehen, sondern auch die Bilanz- und Ergebnisplanung berücksichtigt werden muss. Eine offene und zeitnahe Kommunikation mit den Banken erfordert aber zwangsläufig, dass im Unternehmen selbst eine hohe Transparenz bezüglich der zu liefernden Informationen besteht. Sämtliche Daten unter dem Röntgenlicht einer Bank (oder Agentur) offen zu legen, bedeutet zunächst sich selbst den Spiegel der ökonomischen Realität vorzuhalten. Eine tragende Rolle kommt hier dem Controller zu.
Quelle
Controller Handbuch, 6. Auflage neu geschrieben, Verlag für ControllingWissen AG, Offenburg, 2008
Ersteinstellende Autoren
Albrecht Deyhle, Controller Akademie
Gerhard Radinger, Controller Akademie