Fair value accounting: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Im Gegensatz zu den US-GAAP besitzen die IFRS keinen einheitlichen Standard zur Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value). In den US-GAAP ist mit dem am 15. September 2006 veröffentlichten SFAS 157 ein einzelner Standard geschaffen worden, der verbesserte Leitlinien zur Bewertung von Vermögenswerten und Schulden mit dem beizu-legenden Zeitwert enthält. SFAS 157 führt keinesfalls neue Möglichkeiten zur Anwendung von beizulegenden Zeitwerten ein, sondern ist immer dann anzuwenden, wenn andere Standards die Bewertung mit dem fair value verlangen oder erlauben. Das IASB definiert den fair value in vielen Standards als den Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern (unter marktüblichen Bedingungen) ein Vermögenswert (asset) getauscht oder eine Schuld (liability) beglichen werden könnte. Aus dieser Definition lassen sich die folgenden Tatbestandsmerkmale des fair value ableiten: | ||
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+ | - Vertragswilligkeit der Geschäftspartner: Der Käufer möchte das Objekt aus eigenen Motiven erwerben und zahlt keinen höheren Preis als vom Markt gefordert. Der Verkäufer handelt ebenso wenig unter Zwang und versucht einen unter den gegebenen Marktbedingungen optimalen Verkaufspreis zu erzielen. | ||
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+ | - Unabhängigkeit der Geschäftspartner: Die Vertragsparteien sind gleichberechtigt und stehen in keiner besonderen Beziehung zueinander, die zu einem marktuntypischen Preis führen würde. | ||
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+ | - Sachverstand der Geschäftspartner: Die Vertragsparteien müssen zur Bewertung des Objekts alle benötigten Informationen über die Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten besitzen. | ||
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+ | Beim fair value handelt es sich also um einen marktorientierten, jedoch fiktiven Wertmaßstab, der somit keinen eigenständigen und einheitlichen Wertbegriff darstellt, vielmehr ist für die Ermittlung auf andere Wertansätze zurückzugreifen. Für die Ermittlung des fair value favorisiert das IASB die Ausprägung des beizulegenden Zeitwerts als exit price. Vermögenswerte sind demnach mit ihren Ausstiegspreisen und Schulden mit ihren Ablösebeträgen zu bewerten. Der Grundsatz der Unternehmensfortführung (going concern) nach F.23 und IAS 1.25 als grundlegende Annahme der IFRS-Rechnungslegung bleibt hiervon jedoch unberührt. Der exit price ist folglich nicht im Sinne einer tatsächlichen oder fingierten Unternehmenszerschlagung zu sehen, sondern als Einzelveräußerungspreis zu interpretieren, der aus einer Markttransaktion zwischen unabhängigen Dritten resultiert. Der fair value ist demzufolge strikt vom Nutzungswert (value in use) zu unterscheiden. | ||
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+ | ==Ziele des fair value accounting== | ||
+ | Ziel der Neuorientierung der internationalen Rechnungslegung ist es, Vermögen und Schulden im Rahmen eines fair value accounting möglichst zeitnah zu bewerten, da den aus Zeitwerten resultierenden Informationen eine höhere Relevanz zugeschrieben wird als solchen, die sich aus historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK) ergeben. Der Jahresabschluss soll durch den Ausweis von beizulegenden Zeitwerten sowohl aktuelle als auch zukünftige Kapitalgeber sowie andere Koalitionspartner bei ihrer Entscheidung unterstützen, ob ein Engagement als vorteilhaft anzusehen ist (decision usefulness). Für die Adressaten des Jahresabschlusses wird der fair value demzufolge als aussagekräftigerer Indikator für künftige Erfolge und als nützliche Grundlage für die Beurteilung zukünftiger Zahlungsströme angesehen. Das Konzept des beizulegenden Zeitwerts legt die Annahme zugrunde, dass ein Marktwert wichtige Anforderungen erfüllt: Zum einen soll der fair value beobachtbar sein und damit eine objektive Basis für den Bilanzansatz schaffen, zum anderen soll seine Interpretation als Veräußerungserlös eine realistische Handlungsalternative für das Unternehmen darstellen. | ||
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+ | ==Ermittlung des fair value== | ||
+ | Das Konzept des beizulegenden Zeitwerts geht bei der Bestimmung von einem hypothetischen Marktpreis und einer marktpreisgestützten Ermittlung aus. Liegt ein dem Anspruch der fair value-Definition genügender Marktpreis vor, ist dieser angesichts seiner größeren Objektivität grundsätzlich anderen Ermittlungsmethoden vorzuziehen. Da sich der fair value aber nicht immer direkt aus dem Markt ablesen lässt, erfolgt die Bestimmung auf Grundlage einer dreistufigen Ermittlungshierarchie, welche von abnehmender Objektivität bzw. Verlässlichkeit gekennzeich-net ist. In verschiedenen Standards findet sich zudem eine Objektivierungsschwelle (reliability exception), sodass alternative Informationen zu veröffentlichen sind bzw. auf eine kostenorientierte Bewertung zurückzugreifen ist, wenn der fair value auf Grundlage der dreistufigen Ermittlungshierarchie nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit bestimmt werden kann. | ||
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+ | Abbildung: Ermittlungshierarchie des fair value | ||
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+ | Auf der ersten Stufe wird überprüft, ob für den zu bewertenden Vermögenswert oder die zu bewertende Schuld ein Marktpreis existiert (mark-to-market). Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein eines aktiven Marktes. Lassen sich keine dem Anspruch der fair value-Definition genügende Marktpreise ermitteln, so ist auf der zweiten Stufe des mark-to-market zu prüfen, ob Preise für vergleichbare Positionen verfügbar sind und ob es möglich ist, diese in modifizierter Form als beizulegenden Zeitwert heranzuziehen. Erst wenn es auf den ersten beiden Stufen nicht möglich ist, einen beizulegenden Zeitwert zu bestimmen, erfolgt in letzter Instanz der Rückgriff auf die modellgestützte Ermittlung (mark-to-model). Ziel hierbei ist es, den Preisbildungsprozess für den entsprechenden Vermögenswert oder die entsprechende Schuld zu simulieren und den Preis zu ermitteln, der sich voraussichtlich eingestellt hätte. | ||
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+ | == Quellen == | ||
+ | Reinke, Jens: Impairment Test nach IAS 36: Grundlagen, Durchführung, abschlusspolitisches Potenzial, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2009 | ||
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+ | == Erstersteller == | ||
+ | Dr. Jens Reinke, Hamburg | ||
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+ | http://www.hsu-hh.de/abwl |
Version vom 14. März 2010, 17:35 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Begriff des fair value
Im Gegensatz zu den US-GAAP besitzen die IFRS keinen einheitlichen Standard zur Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value). In den US-GAAP ist mit dem am 15. September 2006 veröffentlichten SFAS 157 ein einzelner Standard geschaffen worden, der verbesserte Leitlinien zur Bewertung von Vermögenswerten und Schulden mit dem beizu-legenden Zeitwert enthält. SFAS 157 führt keinesfalls neue Möglichkeiten zur Anwendung von beizulegenden Zeitwerten ein, sondern ist immer dann anzuwenden, wenn andere Standards die Bewertung mit dem fair value verlangen oder erlauben. Das IASB definiert den fair value in vielen Standards als den Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern (unter marktüblichen Bedingungen) ein Vermögenswert (asset) getauscht oder eine Schuld (liability) beglichen werden könnte. Aus dieser Definition lassen sich die folgenden Tatbestandsmerkmale des fair value ableiten:
- Vertragswilligkeit der Geschäftspartner: Der Käufer möchte das Objekt aus eigenen Motiven erwerben und zahlt keinen höheren Preis als vom Markt gefordert. Der Verkäufer handelt ebenso wenig unter Zwang und versucht einen unter den gegebenen Marktbedingungen optimalen Verkaufspreis zu erzielen.
- Unabhängigkeit der Geschäftspartner: Die Vertragsparteien sind gleichberechtigt und stehen in keiner besonderen Beziehung zueinander, die zu einem marktuntypischen Preis führen würde.
- Sachverstand der Geschäftspartner: Die Vertragsparteien müssen zur Bewertung des Objekts alle benötigten Informationen über die Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten besitzen.
- aktueller Bewertungszeitpunkt: Die Transaktion bezieht sich nicht auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit, sondern auf einen aktuellen Bewertungszeitpunkt, an dem verkauft werden könnte. Ein Verkauf ist jedoch nicht vorgesehen und soll typischerweise auch nicht durchgeführt werden.
Beim fair value handelt es sich also um einen marktorientierten, jedoch fiktiven Wertmaßstab, der somit keinen eigenständigen und einheitlichen Wertbegriff darstellt, vielmehr ist für die Ermittlung auf andere Wertansätze zurückzugreifen. Für die Ermittlung des fair value favorisiert das IASB die Ausprägung des beizulegenden Zeitwerts als exit price. Vermögenswerte sind demnach mit ihren Ausstiegspreisen und Schulden mit ihren Ablösebeträgen zu bewerten. Der Grundsatz der Unternehmensfortführung (going concern) nach F.23 und IAS 1.25 als grundlegende Annahme der IFRS-Rechnungslegung bleibt hiervon jedoch unberührt. Der exit price ist folglich nicht im Sinne einer tatsächlichen oder fingierten Unternehmenszerschlagung zu sehen, sondern als Einzelveräußerungspreis zu interpretieren, der aus einer Markttransaktion zwischen unabhängigen Dritten resultiert. Der fair value ist demzufolge strikt vom Nutzungswert (value in use) zu unterscheiden.
Ziele des fair value accounting
Ziel der Neuorientierung der internationalen Rechnungslegung ist es, Vermögen und Schulden im Rahmen eines fair value accounting möglichst zeitnah zu bewerten, da den aus Zeitwerten resultierenden Informationen eine höhere Relevanz zugeschrieben wird als solchen, die sich aus historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK) ergeben. Der Jahresabschluss soll durch den Ausweis von beizulegenden Zeitwerten sowohl aktuelle als auch zukünftige Kapitalgeber sowie andere Koalitionspartner bei ihrer Entscheidung unterstützen, ob ein Engagement als vorteilhaft anzusehen ist (decision usefulness). Für die Adressaten des Jahresabschlusses wird der fair value demzufolge als aussagekräftigerer Indikator für künftige Erfolge und als nützliche Grundlage für die Beurteilung zukünftiger Zahlungsströme angesehen. Das Konzept des beizulegenden Zeitwerts legt die Annahme zugrunde, dass ein Marktwert wichtige Anforderungen erfüllt: Zum einen soll der fair value beobachtbar sein und damit eine objektive Basis für den Bilanzansatz schaffen, zum anderen soll seine Interpretation als Veräußerungserlös eine realistische Handlungsalternative für das Unternehmen darstellen.
Ermittlung des fair value
Das Konzept des beizulegenden Zeitwerts geht bei der Bestimmung von einem hypothetischen Marktpreis und einer marktpreisgestützten Ermittlung aus. Liegt ein dem Anspruch der fair value-Definition genügender Marktpreis vor, ist dieser angesichts seiner größeren Objektivität grundsätzlich anderen Ermittlungsmethoden vorzuziehen. Da sich der fair value aber nicht immer direkt aus dem Markt ablesen lässt, erfolgt die Bestimmung auf Grundlage einer dreistufigen Ermittlungshierarchie, welche von abnehmender Objektivität bzw. Verlässlichkeit gekennzeich-net ist. In verschiedenen Standards findet sich zudem eine Objektivierungsschwelle (reliability exception), sodass alternative Informationen zu veröffentlichen sind bzw. auf eine kostenorientierte Bewertung zurückzugreifen ist, wenn der fair value auf Grundlage der dreistufigen Ermittlungshierarchie nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit bestimmt werden kann.
Abbildung: Ermittlungshierarchie des fair value
Auf der ersten Stufe wird überprüft, ob für den zu bewertenden Vermögenswert oder die zu bewertende Schuld ein Marktpreis existiert (mark-to-market). Voraussetzung hierfür ist das Vorhandensein eines aktiven Marktes. Lassen sich keine dem Anspruch der fair value-Definition genügende Marktpreise ermitteln, so ist auf der zweiten Stufe des mark-to-market zu prüfen, ob Preise für vergleichbare Positionen verfügbar sind und ob es möglich ist, diese in modifizierter Form als beizulegenden Zeitwert heranzuziehen. Erst wenn es auf den ersten beiden Stufen nicht möglich ist, einen beizulegenden Zeitwert zu bestimmen, erfolgt in letzter Instanz der Rückgriff auf die modellgestützte Ermittlung (mark-to-model). Ziel hierbei ist es, den Preisbildungsprozess für den entsprechenden Vermögenswert oder die entsprechende Schuld zu simulieren und den Preis zu ermitteln, der sich voraussichtlich eingestellt hätte.
Quellen
Reinke, Jens: Impairment Test nach IAS 36: Grundlagen, Durchführung, abschlusspolitisches Potenzial, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2009
Erstersteller
Dr. Jens Reinke, Hamburg