Werthaltigkeit (Kommunikationscontrolling): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. Mai 2017, 17:45 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Definition
Werthaltigkeit bezeichnet ein Maß für wirtschaftlich relevante Reputation, d.h. für die Stabilität der wechselseitigen Kooperations- und Zahlungsbereitschaft im Rahmen von Geschäftsbeziehungen. Das schließt alle direkten Stakeholder (Interessengruppen) ein, die in Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen eintreten (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Kooperationspartner, Investoren, Gesellschafter). Die Werthaltigkeit (W) wird aus drei Bestandteilen konstituiert:
1) Die Dauer (D) der Kooperationsbeziehungen, gemessen in einer angemessenen Zeiteinheit (Tage, Wochen, Monate, Jahre)
2) Die Intensität (I) der Zahlungsströme (Summe der bis zu einem bestimmten Stichtag oder in einer Periode geleisteten Zahlungen)
3) Die Zahlungsmoral Z (Das ist ein Abzinsungsfaktor. Mit zunehmender Dauer der offenen Posten sinkt die verfügbare Werthaltigkeit der Geschäftsbeziehungen, weil Zahlungen über diese Zeitspanne ausbleiben.)
Die Werthaltigkeit kann für jede Stakeholdergruppe gesondert oder als kumulatives Ergebnis für das Unternehmen ermittelt werden. Die Angaben können in ihrer täglichen Entwicklung oder für eine Periode angegeben und ausgewertet werden. Sie ermöglicht, die konkrete Arbeit mit den Stakeholdern an das Management der Zahlungsströme anzupassen.
Datenbeschaffung/Aufbereitung
Die erforderlichen Daten stehen den meisten Unternehmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Buchhaltung tagesaktuell zur Verfügung. In Deutschland sind diese Daten gemäß gesetzlicher Vorschriften mindestens zehn Jahre zu archivieren. Das erlaubt fundierte rückwirkende Analysen als Basis für konkrete Zielstellungen, Planungen und Steuerungsmaßnahmen.
In den Debitoren findet ein Unternehmen für jeden Kunden das Anfangsdatum der Geschäftsbeziehung, die geleisteten Zahlungen und die Einhaltung der Zahlungsziele (Zahlungsmoral). Im Einzelhandel trifft das nur teilweise zu. Dort sind die Kunden insoweit einzeln dokumentiert, als sie durch identifizierbare elektronische Zahlungsmittel erfasst werden. Für einen weiteren Teil der Kunden lassen sich Gruppen bilden, sofern geeignete Angaben aus einem CRM-System (z.B. Kundenkarte) vorhanden sind. Der verbleibende Teil kann als Gruppe behandelt werden. Sie bezahlt bar – d.h. die Zahlungsmoral liegt bei 100%. Die Zahlungsintensität ist am Volumen des Bargeldverkehrs ablesbar. Und die Dauer der Geschäftsbeziehungen beginnt mit der ersten Kassenabrechnung.
Die übrigen primären Stakeholder sind in den Buchungsdaten des Einzelhandels wie bei allen anderen Unternehmen erfasst. In den Kreditoren werden die analogen Daten für Lieferanten und Kooperationspartner dokumentiert. Die Personalkonten verzeichnen alle erforderlichen Angaben für die festen und freien Mitarbeiter. Die Informationen zu den Investoren werden in den Kreditkonten erfasst und jene für die Gesellschafter in den Gesellschafterkonten.
Interpretation
Jedes Unternehmen (der Einfachheit halber wird hier durchgängig von Unternehmen gesprochen. Die Aussagen treffen jedoch gleichermaßen auf Organisationen und Institutionen zu, sofern sie in wirtschaftlichen Kontexten (z.B. im Zusammenhang mit Budgets) tätig sind.), das nachhaltig auf seinen Märkten (Absatz-, Einkaufs-, Kapital-, Arbeits- und Bildungsmarkt) bestehen will, muss seine Wertschöpfung in einer Weise gestalten, dass es seine Ausgaben für Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Kooperationspartner, Investoren und Gesellschafter durch adäquate Einnahmen decken kann. Dazu muss es seine Produkte und Leistungen als von Anderen begehrte Güter anbieten, die entsprechende Preise und Absatzvolumina realisieren. Es benötigt zu seinem Geschäftsmodell passende verkaufsvorbereitende und -begleitende Maßnahmen (z.B. Marketing, Vertrieb).
Darüber hinaus muss es seine Ressourcen in einer Qualität und zu Preisen beziehen, die seine Kernkompetenz, Einzigartigkeit und Rentabilität stärken. Gleichzeitig muss es Mitarbeiter an sich binden können, die zu seinem Geschäftsmodell passen und bereit sind, sich für ein adäquates Volumen an Lohn, Gehalt und sonstigen personalbezogenen Leistungen für das Unternehmen zu engagieren. Und schließlich muss es beachten, dass seine Ausgaben bei den entsprechenden Stakeholdern direkt oder indirekt zu persönlichen Einkommen führen. Die damit verbundenen widersprüchlichen Interessen sind in einer für das Unternehmen und alle Beteiligten vorteilhaften Balance zu halten.
Der Dreiklang aus Einnahmen, Ausgaben und Einkommen kennzeichnet die Facetten der Wert-Realisierung. In diesem Kontext erscheint der Wert als eine Kooperationsbeziehung zwischen Menschen, die Güter und Leistungen miteinander tauschen. Dabei ist vorausgesetzt, dass beide Kooperationspartner Gut bzw. Leistung des jeweils anderen ohne Tausch nicht erlangen können.
Beispiel: Wenn wir auf einer Bergwanderung Wasser aus einem Bach trinken, werden wir nicht auf die Idee kommen, dafür Geld zu bezahlen. Auf der Berghütte angekommen zahlen wir selbstverständlich für ein kühles Radler, weil es uns ohne den Tausch gegen Geld nicht zur Verfügung steht.
Solange der Tausch nicht stattfindet, haben die Tauschobjekte (in unserem Beispiel Radler und Geld) sowohl für den Wirt als auch den Wanderer nur einen fiktiven Wert. Der Wirt kalkuliert den Preis für das Radler, hat aber noch kein Geld. Der Wanderer kalkuliert die Kaufkraft seines Geldes, hat aber noch kein Radler. Wenn sich beide in einem der Situation angemessenen Zielbereich einigen können, kommt es zum Tausch und damit zur Realisierung des Wertes – d.h. der Kooperations- und Zahlungs-Beziehung zwischen Wirt und Wanderer. Wert-Realisierung ist also an jeweils einzigartige und einmalige Tauschvorgänge gebunden. Unser Hüttenwirt z.B. kann darauf setzen, dass zufällig immer andere Wanderer vorbeikommen und ihm sein Radler abkaufen. Dann bleibt die Wert-Realisierung zufällig.
Er kann aber auch darauf setzen, dass seine Hütte auf den Wanderkarten verzeichnet ist, dass sich sein freundlicher Service und die tolle Lage der Hütte herumspricht etc. Wenn er damit erfolgreich ist, kommen Menschen zum Teil wegen seiner Reputation auf die Hütte. Es kommt zum Aufbau stabiler, längerfristiger Beziehungen mit der Intention, mehrfache Tauschgeschäfte zu realisieren. Das verstetigt die Chancen für Hüttenwirt und Wanderer, miteinander ins Geschäft zu kommen. Das Verhältnis greift über den einzelnen Vorgang hinaus. Die Beziehungen halten länger – es entsteht „Wert-Haltigkeit“. Auf diese Werthaltigkeit kommt es für den Hüttenwirt auch in seinen Beziehungen zu den Lieferanten und zu seinen Angestellten und gegebenenfalls auch zu seinen Geldgebern an. Und je besser es dem Hüttenwirt gelingt, Werthaltigkeit und Wertrealisierung zu verbinden, umso dauerhafter wird das gegenseitige Geschäft. Wertschöpfung beruht auf dieser Verbindung.
Reputation steht im Zentrum aller Bemühungen zu Entwicklung von Werthaltigkeit. Im Kern geht es um die Entwicklung stabiler Beziehungen mit allen Stakeholdern, mit denen das Unternehmen Geschäfte abwickeln will. Es geht um die Stabilität der wechselseitigen Kooperations- und Zahlungsbereitschaft. Im Unterschied zur Rentabilität der Wertrealisierung bezeichnen wir diese spezifisch ökonomischen Beziehungen der Werthaltigkeit als wirtschaftlich relevante Reputation(Dieser Begriff wurde im Fachkreis Kommunikations-Controlling des Internationalen Controller Vereins entwickelt.) Jede wirtschaftende Organisation muss Mehrwert für alle Gruppen schaffen, deren Ressourcen bzw. Fähigkeiten sie braucht, um ihre Ziele zu erreichen. Nicht nur die Kapitalgeber, sondern alle Stakeholder könnten sich schließlich auch anderweitig engagieren. Worin der Mehrwert konkret besteht, ergibt sich aus den Interessen der jeweiligen Interessengruppe. Deren Kooperationsbereitschaft beruht auf Zielen, sofern und soweit sie mit den Zielen des Unternehmens vereinbar sind. Die daraus resultierenden Interessengemeinschaften begründen soziale Beziehungen, deren Bestand davon abhängig ist, sowohl vom Unternehmen als auch von den Stakeholdern als zweckdienlich wahrgenommen zu werden.
Um wirtschaftlich relevante Reputation praktisch steuern zu können hat der Fachkreis Kommunikations-Controlling des ICV 2009 gemeinsam mit der Deutschen PR-Gesellschaft ein inzwischen international beachtetes und anerkanntes Wirkungsstufenmodell erarbeitet und zu einem Grundmodell für Kommunikations-Controlling entwickelt (Vgl. Storck, C. / Schmidt, W. (2009). Sonderstellung aufgeben. Pressesprecher 6 (5), 30-32; Stobbe, R. et.al. (2010): Grundmodell für Kommunikations-Controlling; Statement des Internationalen Controller Vereins). Es erlaubt, ausgehend von zu vereinbarenden Zielen für die Werthaltigkeit (Dauer und Intensität der in Geschäftsbeziehungen stehenden Stakeholder-Beziehungen sowie der Zahlungsmoral) die Entwicklung der Reputation ebenso wie die Zielrealisierung zu steuern.
Entsprechend unserem Grundmodell soll die Werthaltigkeit nicht isoliert betrachtet sondern in eine Kette aufeinander abgestimmter Maßnahmen gestellt werden:
1. Werthaltigkeit (Outflow) Im ersten Schritt wird aus der Unternehmensstrategie abgeleitet, wie sich die wirtschaftliche relevante Reputation bezüglich der Interessengruppen entwickeln soll, mit denen das Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhält bzw. aufnehmen will. Welche bestehenden Geschäftsbeziehungen mit welchen Interessengruppen sollen in welchem Maße nach Dauer und Intensität ausgeweitet, verringert oder beendet werden? Welche neuen Geschäftsbeziehungen wollen wir mit wem entwickeln und was streben wir dabei an. Wie wollen wir zukünftig die Geschäfts-Konditionen gestalten? Im Controlling werden solche Betrachtungen auch im Rahmen z.B. von ABC-Analysen durchgeführt. Das erfolgt aber zumeist außerhalb quantifizierter Zielsetzungs-, Planungs- und Steuerungsprozesse sowie weitgehend isoliert voreinander. Die Gestaltung der Werthaltigkeit systematisiert derartige Analysen, führt sie im Rahmen einer einheitlichen Struktur zusammen und bietet dem Reputations-Management in allen Bereichen des Unternehmens Ausgangspunkt und Orientierung. Außerdem erfolgt im Rahmen des Outflows die Verzahnung von Reputations-Management mit dem Management der Zahlungsströme und deren Rentabilität. Die Werthaltigkeit kann daher als ein aggregiertes wirtschaftliches Maß für den Erfolg der strategischen Arbeit eingesetzt werden, während die Rentabilität als bewährtes Maß für den operativen Erfolg dient.
2. Verhalten & Einstellung (indirekter Outcome)
Im zweiten Schritt geht es darum, welche Unterstützungspotenziale abgerufen werden sollen, um das zu erreichen. Welche Stakeholdergruppen müssen unbedingt mitwirken, und was sollen sie tun? Welche gemeinsamen Interessen soll das Unternehmen mit diesen Gruppen entwickeln? Durch welche Aktivitäten kann das gewünschte Verhalten und die dem zugrunde liegenden Einstellungen der relevanten Interessengruppen beeinflusst bzw. gefördert werden? Was könnte diese Gruppen davon abhalten, mit dem Unternehmen zu kooperieren und wie kann man sich darauf vorbereiten bzw. dem vorbeugen?
In diesem Schritt erweitert sich der Kreis der relevanten Stakeholder: Neben jene Interessengruppen, mit denen das Unternehmen direkte Geschäftsbeziehungen unterhält bzw. anstrebt (primäre Stakeholder), treten die Vertreter gesellschaftlicher Ansprüche, die zwar selbst keine unmittelbare Rolle bei der Wertschöpfung spielen, aber die Stabilität der Kooperations- und Zahlungsbereitschaft der oberen Gruppe oder die Rahmenbedingungen beeinflussen können, innerhalb derer ein Unternehmen wirtschaftet (sekundäre Stakeholder, z.B. Abgeordnete, Regierungsvertreter und Aufsichtsbehörden sowie Verbände, Körperschaften und Lobbyisten (politische Akteure), aber auch Sozialpartner wie Gewerkschaften oder Anwohner und Nichtregierungsorganisationen; vgl. auch Freeman, R.E. (2010). Strategic Management: A Stakeholder Approach. Cambridge, 45 f..).
Daraus ergibt sich der Kreis der einzubeziehenden Personen. Er wird sowohl aus den Interessengruppen des Unternehmens selbst als auch aus externen relevanten Stakeholdern bestimmt. Für das Reputations-Management gilt es festzulegen, wer welche Rollen wahrnehmen und dementsprechende Aufgaben erfüllen soll. Das reicht von der Geschäftsführung über die Führungskräfte der einzelnen Bereiche bis hin zu den Mitarbeitern und externen Partnern. Dazu gehören neben einer geeigneten Aufbau- und Prozessorganisation auch die inhaltliche Ausprägung von Ausbildung und Training sowie die Bereitstellung adäquater Ressourcen und Kapazitäten, damit die Menschen ihrer Rolle gerecht werden können.
3. Wahrnehmung & Wissen (direkter Outcome)
Der dritte Schritt befasst sich mit den direkten und indirekten Erlebnissen, die das Unternehmen vermitteln will, um seine relevanten Stakeholder zu der angestrebten Kooperation zu bewegen. Welche Bilder gilt es zu zeichnen und wie sollen sie sich abrufbar bei den jeweiligen Interessengruppen einprägen? Welche Erfahrungen sollen die Stakeholder untereinander austauschen? Welche Informationen sollen dabei eine Rolle spielen? Stehen andere Wahrnehmungen den angestrebten Bildern möglicherweise entgegen?
Hier steht die unmittelbare Wahrnehmung der verschiedenen Interessengruppen bezüglich des unternehmerischen Produkt- und Leistungsportfolios im Zentrum der Aufmerksamkeit und der Anstrengungen. Den Kunden soll das Portfolio als Bündel begehrenswerter Güter erscheinen. Die Mitarbeiter sollen Produkte und Leistungen sowie den Prozess ihrer Entstehung und Vermarktung als positive Herausforderung erleben, für die sich persönlicher Einsatz lohnt. Für die Lieferanten und Partner sollen sich eigene Entwicklungsperspektiven abzeichnen. Die Investoren und Gesellschafter sollen das Portfolio als Garant für eine stabile und nachhaltig rentable Entwicklung des Unternehmens ansehen. Und die Vertreter gesellschaftlicher Interessen sollen angeregt werden, im Sinne des Unternehmens aktiv zu sein, weil sie sich davon sozialen Nutzen versprechen. Dafür sind konkrete Orientierungen zu formulieren und adäquate Maßnahmen abzuleiten.
4. Vermittlung (externer Output)
Im vierten Schritt geht es darum, welche Berührungspunkte mit den Stakeholdern zu nutzen sind, um das gewünschte Bild des Unternehmens aufbauen, bewahren und weiterentwickeln zu können. Welche Gesprächsanlässe brauchen wir? Über welche Plattformen und Kontaktstellen verfügen wir bereits? Welche können wir darüber hinaus durch Kooperation erschließen? Welche müssen wir erst noch schaffen bzw. einkaufen? Welche Dritten könnten als Vermittler (z.B. Journalisten, Finanzanalysten, Meinungsführer) unseren Botschaften größere Reichweite oder Glaubwürdigkeit verleihen? Wie reagieren wir auf unerwartete Gesprächsanlässe im positiven wie im negativen Kontext?
An diesem Punkt erfolgt der unmittelbare Übergang des Produkt- und Leistungsportfolios an die jeweiligen Stakeholder. Die Angebote werden verfügbar. Die Art der Angebote hängt von der Stakeholdergruppe ab, die jeweils angesprochen werden soll: Bei Kunden und Lieferanten sind das Waren und Leistungsversprechen, die an einen Preis gebunden sind. Darauf beruhen einzigartige Tausch-Beziehungen, die als einmaliges Ereignis Wert realisieren. Die Angebote an die sekundären Stakeholder zielen dagegen nicht auf unmittelbare Geschäftsbeziehungen. Hier geht es um Zielsetzungen und Verhaltensweisen, die dazu beitragen sollen, die Unterstützung jener Akteure zu gewinnen, die den nachhaltigen Erfolg der Geschäftsaktivitäten positiv oder negativ beeinflussen können.
Mit dem Produkt- und Leistungsübergang ist jedoch mehr verbunden. Die Erlebnisse in diesem Prozess der Anbahnung und Verhandlungen sowie der Abschlüsse und ihrer Realisierung erzeugen bereits eine Vorprägung der folgenden Wahrnehmungen. Das gilt im Grundsatz für alle Geschäftspartner, auch wenn sich die konkreten Einzelheiten bei Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und Investoren bzw. Gesellschaftern unterscheiden. Und es trifft auch für die Vermittler und Beeinflusser zu.
Hier verfügen Unternehmen über ein nicht zu unterschätzendes Potenzial für die Verbesserung der wirtschaftlich relevanten Reputation. In allen Bereichen sollten daher einfach handhabbare Ziele entwickelt werden, auf deren Grundlage der nicht im Rechnungswesen dokumentierte Übergang an die Stakeholder geplant und gesteuert werden kann.
5. Produktion (direkter Output)
Der fünfte Schritt befasst sich mit der internen Produkt- und Leistungserstellung und dem dabei entstehenden Zusammenspiel der verschiedenen Bereiche, Abteilungen und Gruppen des Unternehmens. Durch welche Parameter sind die Produkte und Leistungen charakterisiert? Welche Mengen sollen zu welchem Zeitpunkt für wen und an welchem Ort zur Verfügung stehen? Was sollen die damit verbundenen Kernbotschaften sein (z.B. bezüglich Zuverlässigkeit, Flexibilität oder Kooperationsfähigkeit)? Wie können wir diese belegen und dauerhaft untermauern?
Erfolgreiche Unternehmen haben in diesem Zusammenhang gute Erfahrungen gesammelt, das Zusammenspiel der internen Produkt- und Leistungserstellung mit Hilfe von gegenseitigen Vereinbarungen und Verrechnungspreisen zu gestalten. Auf dieser Grundlage kann eine weitgehend transparente interne Bewertung sowie eine entsprechende Zielsetzung, Planung und Steuerung gestaltet werden. Sofern keine Verrechnungspreise zum Einsatz kommen, bedarf es detaillierter Vereinbarungen über konkrete Produkt- und Leistungsparameter (Service Level Agreements). Erfolgt auch das nicht oder nur sehr eingeschränkt, verliert der interne Output jegliche Transparenz. Die Praxis handhabt dieses Problem selbst innerhalb eines Unternehmens sehr differenziert. Dadurch verbleibt erhebliches Leistungspotenzial im Dunkeln und steht einer systematischen Hebung nicht zur Verfügung.
6. Ressourcen & Mitarbeiter (Input)
Im sechsten Schritt werden die benötigten Ressourcen und Kapazitäten vereinbart. Wie viele Mitarbeiter mit welchen Fähigkeiten benötigen wir? Wie viele interne Reserven können wir erschließen? Sind Einstellungen erforderlich? Welcher Weiterbildungsbedarf entsteht? Welche Produkte und Dienstleistungen müssen wir einkaufen?
Für diesen Schritt ist es hilfreich, wenn alle in die Leistungssteuerung einbezogenen Bereiche, Abteilungen und Gruppen mit adäquaten Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern arbeiten und das Unternehmen über ein stufenweises Deckungsbeitrags-Management verfügt. Sofern gegenseitige Vereinbarungen mit internen Verrechnungspreisen praktiziert werden, kann das System relativ einfach gehalten werden. Je komplexer die Kostenstrukturen aufgebaut und je intransparenter die internen Leistungsbeziehungen ausgestaltet sind, umso ineffizienter wird der Prozess der Zielsetzung, Planung und Steuerung. Meist reduziert er sich dann auf die Verteilung von Budgets. Doch Budgets, die nicht auf einer mittelfristigen Planung beruhen, sind planlos. Planungen, die nicht auf Zielen beruhen, sind ziellos. Und Ziele, die keinen Sinn vermitteln, sind sinnlos. Zum Schluss besteht die Gefahr, dass Unternehmen mit plan-, ziel- und sinnlosen Budgets arbeiten.
Deshalb erscheint es zweckmäßig, die Schritte eins bis fünf zu gehen, bevor der sechste Schritt in Angriff genommen wird. Dann steht eine valide Basis zur Verfügung, auf der ein effizientes Monitoring (Schritte sieben bis zwölf) des Reputations-Managements aufgebaut werden kann.
7. Ressourcen & Mitarbeiter (Input)
Mit Schritt sieben beginnt der sogenannte „Knetprozess“ im Rahmen der Zielsetzung, Planung und Steuerung wirtschaftlich relevanter Reputation.
Der Input wird darauf geprüft, inwieweit er bezüglich der geforderten Ziel-Realisierung adäquat dimensioniert ist. Welche strukturellen Anpassungen erscheinen sinnvoll? Welche Prozesse lassen sich wie verbessern? Können wir mit den verfügbaren Mitarbeitern und Dienstleistern mehr erreichen, wenn wir diese anders einsetzen?
Das gehört zur erprobten Controller-Praxis. Insofern braucht es keine weiteren Erklärungen.
8. Produktion (direkter Output)
Im achten Schritt erfolgt das Monitoring der internen Leistungserstellung (interner Output). Inwiefern entsprechen die internen Angebote den Anforderungen der leistungsbeziehenden Unternehmenseinheit an Parameter, Menge, Kosten und Termin? Woran soll erkennbar sein, inwieweit das Angebot als nachhaltig und effizient bewertet werden kann?
Wenn im fünften Schritt klare und konkrete Zielstellungen vereinbart wurden, fällt das Monitoring im achten Schritt nicht schwer. Dann finden sich auch geeignete Kennzahlen.
9. Vermittlung (externer Output)
Der neunte Schritt fokussiert auf die Beobachtung und Messung des Produkt- und Leistungsübergangs. Sofern es sich um unmittelbare Geschäftsbeziehungen handelt, kommen wie auch immer geartete Verträge zustande, die mit Zahlungen bzw. Forderungen oder Verbindlichkeiten verbunden sind und in den Buchungsunterlagen dokumentiert werden. Dann können die gelegten bzw. empfangenen Rechnungen als Maßstab dienen. Bei ordnungsgemäßer Buchführung besteht ausreichende Klarheit und Transparenz über jeden einzelnen Geschäftsvorfall.
Das ist jedoch nur die „halbe Wahrheit“. Wie beim vierten Schritt bereits erläutert, werden in der Buchhaltung die Erlebnisse während des Übergangsprozesses genauso wenig dokumentiert wie die Übergänge auf all jene Stakeholder, zu denen das Unternehmen keine direkten Geschäftsbeziehungen unterhält (sekundäre Stakeholder). Wie kann der Erfolg dieser Leistungen und ihrer vorprägenden Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Produkt- und Leistungsportfolios gemessen und bewertet werden? Wie verfügbar sind die „nicht unmittelbar kommerziellen“ Angebote für die Adressaten und wie kann ihre Reichweite ermittelt werden?
Für die Anbahnungs- und Verhandlungsvorgänge mit Kunden lassen sich diese Fragen mit Hilfe des Customer Relations Managements (CRM) beantworten, sofern dieses strategisch betrieben wird. Für die Lieferantenbeziehungen dürften in der Einkaufsabteilung sowie der Kreditorenbuchhaltung aussagekräftige Daten zu finden sein. Auch hier hängt die Qualität der Antworten wesentlich von der Qualität der Zielsetzungen ab, die im vierten Schritt vereinbart wurden. Dies gilt besonders für die Angebote in Richtung der sekundären Stakeholder. Ohne ausreichende Klärung der notwendigen Unterstützungspotenziale sowie der Schritte zu deren Realisierung lässt sich sonst nur die Verfügbarkeit kommunikativer Angebote mittels relevanter medialer Plattformen messen.
10. Wahrnehmung & Wissen (direkter Outcome)
Beim zehnten Schritt geht es um geeignete Maße für die Wahrnehmung der Angebote des Unternehmens durch die relevanten Stakeholder. Es geht um die Organisation des Informationsflusses von den Zielgruppen zum Unternehmen. Woran ist zu erkennen, ob und inwieweit die Stakeholder die beabsichtigten Wirkungen des Produkt- und Leistungsportfolios in ihrer Praxis erleben und als solche wahrnehmen? Wie lässt sich feststellen, in welcher Weise dadurch das Bild des Unternehmens zum Vorteil oder zum Nachteil verändert wird?
Unternehmen, die erfolgreiches Zielkosten-Management (Target Costing) oder die anforderungsgerechte Verteilung der Qualitätsfunktionen (Quality Function Deployment) betreiben, kennen die Problematik aus praktischem Erleben. Diese Aufgabe ist kein Kennzahlen-Problem sondern eine Frage der Kooperation und Kommunikation mit den relevanten Stakeholdern. Denn erst die dadurch gewonnenen Informationen ermöglichen eine halbwegs realistische Einschätzung der Wahrnehmung. Um die Anforderungen an den Informationsfluss nicht ins Unermessliche zu steigern, erscheint es hilfreich, im dritten Schritt wenige aber substanzielle Ziele der Kooperation mit den jeweiligen Interessengruppen abzustimmen. Dann kann der zehnte Schritt gelingen.
Alternativen bzw. Ergänzungen bieten z.B. Analysen sozialer Medien, wenn sie zielgerichtet, aber nicht vordergründig auf derartige Zwecke ausgerichtet werden. Aufwändige Befragungen und Studien sollten im Vorfeld auf ihre Aussagekraft und ihre Nutzbarkeit für die Zielsetzung, Planung und Steuerung der Wahrnehmung geprüft werden. Das Erfordernis solcher Erhebungen weist darauf hin, dass ein Unternehmen den Kontakt zu seinen Stakeholdern verloren hat bzw. dass das in der Organisation vorhandene Wissen über deren Erwartungen für die Geschäftsführung nicht ausreichend verfügbar ist.
11. Verhalten & Einstellung (indirekter Outcome)
Der elfte Schritt soll Erkenntnisse darüber verschaffen, ob das Unternehmen im Verhältnis zu seinen relevanten Stakeholdern die angestrebten Verhaltens- und Einstellungsänderungen erreicht. Wie entdecken wir die für Stakeholder handlungsleitenden Reputationsaspekte? Wie identifizieren wir Stellschrauben für zieldienliches Verhalten der Stakeholder? Wie erkennen und bewerten wir mögliche Reputationsrisiken?
Etablierte Ansätze in diese Richtung praktizieren Unternehmen insbesondere im Automobil- und Maschinebau sowie der Software-Industrie mit der Bewertung von Lebenszyklen. Diese Informationen erhält man ebenfalls durch unmittelbare Kooperation mit den involvierten Interessengruppen. Aber im Unterschied zum zehnten Schritt reicht das nicht aus. Um die Entwicklung von Einstellungen und Verhaltensweisen zu bewerten braucht es darüber hinaus langfristige, systematische Beobachtungen und Studien. Das können 360°-Bewertungen von Führungskräften ebenso sein wie Kulturstudien für das Unternehmen und sein unmittelbares Umfeld oder Trendforschungen sowohl im Konsumenten- als auch im Technologie-Bereich. Dezidierte Befragungen von Interessengruppen gehören ebenso dazu.
Diese Studien sind aufwändig und werden deshalb in der Praxis nur in größeren Zeitabständen durchgeführt. In diesem Gebiet ist das jedoch angemessen, weil Änderungen in den Einstellungen und Verhaltensweisen ebenfalls größere Zeiträume und kontinuierliche sowie zugleich konsequente Maßnahmen und Begleitung durch eigene Verhaltensänderungen bedürfen.
Für kleinere Unternehmen empfiehlt es sich, Feedbackprozesse zu institutionalisieren, die das in den Bereichen und Funktionen der Organisation verfügbare Stakeholder-Wissen systematisieren und zugänglich machen. Gemeinschaften (z.B. Benchmarkgruppen) zu bilden bzw. Branchenverbände, Innungen oder ähnliche Interessenvertretungen zu nutzen, reduziert zwar die Aufwendungen für Reputationsstudien, bringt aber die Gefahr mit sich, Antworten zu liefern, die für das eigene Unternehmen von begrenzter Aussagekraft sind oder sogar in die Irre führen.
Damit das gelingen kann, ohne die Möglichkeiten eines Unternehmens zu überdehnen, sollte im zweiten Schritt eine maßvolle Auswahl der relevanten Stakeholder erfolgen. Dabei können eine Rang- und Reihenfolge sowie eine Fokussierung auf wenige Ziele hilfreich sein. Erst dann lassen sich sinnvolle Untersuchungen und darauf aufbauende Kennzahlen ableiten.
12. Werthaltigkeit (Outflow)
Mit dem zwölften Schritt kehren wir zum Ausgangspunkt des Reputationsmanagements zurück: der Werthaltigkeit, verstanden als Ergebnis stabiler, längerfristiger Beziehungen mit der Intention, mehrfache Tauschgeschäfte zu realisieren. Anhand der im ersten Schritt dafür vereinbarten Ziele lässt sich ermessen, inwieweit das Zusammenspiel der Bereiche, Abteilungen und Gruppen des Unternehmens, dessen Reputation in wirtschaftlich relevanter Weise beeinflusst hat. Hat das Unternehmen seine strategischen Ziele erreicht? Wurden die angestrebten internen und externen Veränderungen verwirklicht?
Dabei wird erkenntlich, dass die Werthaltigkeit eine integrale Kennzahl darstellt. Die Aufteilung in strategische und operative Aufgabenstellungen für die einzelnen Struktureinheiten erfolgt erst im zweiten Schritt. Aus diesem Grunde endet das Monitoring der Maßnahmen im Rahmen des Reputations-Managements für die einzelnen Struktureinheiten mit dem elften Schritt. Der zwölfte Schritt führt die Ergebnisse aller Aktivitäten zusammen. Erst dann ergibt sich ein Bild für das Unternehmen. Daraus kann abgeleitet werden, ob die Aufteilung im zweiten Schritt sinnvoll war und welche Veränderungen vorgenommen werden sollten. Reputations-Management ist eine kooperative Angelegenheit. Insofern ist auch die Werthaltigkeit eine kooperative Kennzahl.
Literatur
Friedag, H. / Schmidt, W. (2012). Controlling in volatilen Zeiten. Teil 4. Controller Magazin, 37 (6), 46-53.
Kleinhietpaß, G. / Hanken, J. / Lagarden, (2016): Verrechnungspreise, Haufe
Stobbe, R. et.al. (2010): Grundmodell für Kommunikations-Controlling; Statement des Internationalen Controller Vereins
Freeman, R. Edward (2010): Strategic management. A stakeholder approach. Cambridge: Cambridge University Press
Ersteinstellende Autoren
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Prof. Dr. Christopher Storck, Köln [2], Tel.: +49 173 266 6821