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Komplexitätskosten: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 1. März 2010, 13:35 Uhr

Zusammenfassung

Komplexitätskosten stehen in einem kausalen Zusammenhang zur Vielschichtigkeit des Produktprogramms und der Produktionsprozesse. Sie umfassen Kosten, die sich mit der Vielfalt der im Unternehmen vorherrschender Produktprogramme und Wertschöpfungs-prozesse ändern. Zu unterscheiden ist dabei zwischen direkten, produktproportionalen (z.B. Konstruktion neuer Produktvarianten) und indirekten Komplexitätskosten (z.B. mit der der Ausweitung der Produktvielfalt einhergehende Opportunitätskosten auf Grund eines zusätzlichen Abstimmungs- und Koordinationsbedarfs). Eine Differenzierung der Komplexitätskosten kann in Form von prozessbezogenen Kosten und produktinduzierten Kosten erfolgen. Mit der Entstehung, Planung und Steuerung der durch Komplexität entstehenden Kosten beschäftigt sich das Komplexitätskostenmanagement. Das Ausmaß der Komplexität hat Einfluss auf die Kostenstruktur eines Unternehmens, wobei eine Reduzierung der einmal vorhandenen Komplexitätskosten nur zeitlich verzögert erfolgen kann (Kostenremanenz).

Komplexitätskosten – Ursachen und Treiber

In der heutigen Zeit wird Komplexität nicht mehr als betriebliche Begleiterscheinung betrachtet. Auf der Suche nach neuen und effizienten Strukturen sowie global ausgerichteten Steuerungsmechanismen rücken das Komplexitätsmanagement und somit auch die Komplexitätskosten immer mehr in den Fokus des Interesses. Eine Erhöhung der Kosten für die Leistungsbereitstellung sowie für administrative Aufwendungen ist auf eine steigende Produktvielfalt und produktionsnahe Prozesse bzw. Dienstleistungen zurückzuführen. Der Kostenanstieg ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf eine umfangreichere Planung, Steuerung und Kontrolle der korrespondierenden Aktivitäten zurückzuführen. Die gestiegene Zahl interner sowie externer Interaktionen verursacht einen erhöhten Koordinationsbedarf im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung und folglich ein höheres Maß an Komplexität. Die zusätzlichen Kosten für komplexe Vorgänge, die in fast allen Bereichen der internen Wertschöpfungsstufen anfallen können unter dem Begriff der Komplexitätskosten subsumiert werden. Sie können als Kosten definiert werden, die in allen Unternehmensbereichen über den gesamten Produktlebenszyklus auftreten können und vor allem die Planung und Steuerung von Prozessen betreffen. Dies bezieht sich vorwiegend auf die Gemeinkosten, die sich nicht eindeutig einem bestimmten Produkt zurechnen lassen. Bei zunehmender Komplexität ergibt sich ein steigender Fixkostenanteil, der entweder direkt oder mit zeitlichem Abstand wirken kann. Die Bezeichnung der Komplexitätskosten ist jedoch nicht mit Begriff der Vielfaltskosten gleichzusetzen. Im Rahmen der traditionellen Kostenrechnung ist eine verursachungsgerechte Verrechnung der mit der Fertigung steigenden Komplexitätskosten auf die Produktvarianten nicht möglich. Zudem erfolgt häufig ein Einsatz operativer Instrumente der Kostenrechnung, obwohl die Komplexitätskosten das Ergebnis strategischer Entscheidungen sind. Die durch Komplexität entstehenden Mehrkosten bergen ein immenses Risikopotential, da ihr Ausmaß in vielen Unternehmen nicht bekannt ist bzw. unterschätzt wird. Das Controlling muss daher Konzepte für die Ermittlung und Steuerung von Komplexitätskosten bereitstellen, um die Wirtschaftlichkeit der strategischen Entscheidungen und damit die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Die Aufgabe liegt dabei in der Fähigkeit die Auswirkungen von Komplexität sowie dessen Veränderungen innerhalb der Kostenstrukturen transparent zu gestalten. Die Prozesskostenrechnung stellt hierzu einen ersten Ansatz dar. Komplexitätskosten werden von unterschiedlichen Komplexitätstreibern beeinflusst, wie in Abbildung 1 dargestellt.


Beeinflussung der Komplexitätskosten.JPG

Abbildung1: Beeinflussung der Komplexitätskosten durch Komplexitätstreiber


Interne Komplexitätstreiber umfassen dabei sowohl strukturbezogene, als auch informations- und kommunikationsbezogene sowie personalbezogene Komplexitätstreiber. Externe Treiber, die einen Einfluss auf die Höhe und die Struktur der Komplexitätskosten haben zeichnen sich durch die Markt- und die Gesellschaftskomplexität ab.

Die externen Treiber repräsentieren die äußere Umweltkomplexität und beeinflussen die selbstgeschaffene innere Komplexität des Unternehmens zu einem gewissen Maß. Eine Abstimmung zwischen interner und externer Komplexität wird angestrebt, um den Veränderungen der exogenen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkungen der einzelnen Komplexitätstreiber ist ein durchgehendes Komplexitätsmanagement erforderlich.


Aufbau der Komplexitätskosten

Hinsichtlich der Struktur der Komplexitätskosten ist in erster Linie zwischen produktinduzierten und prozessbezogenen Kosten zu differenzieren. Zusätzlich kann zwischen direkten und indirekten (Opportunitäts-) Kosten der Komplexität unterschieden werden. Während erstere die Gemeinkosten produktproportional erhöhen, steigen die indirekten Kosten nicht linear, sondern exponentiell mit zunehmender Variantenvielfalt. Die direkten varianteninduzierten Kosten lassen sich darüber hinaus in einmalige Mehrkosten, die gewöhnlich im Entstehungszyklus anfallen, und in dauerhafte Kosten unterscheiden.


Struktur der Komplexitätskosten.JPG

Abbildung 2: Struktur der Komplexitätskosten


Die Kosten der Komplexität können auch nach verschiedenen Differenzierungskriterien geordnet werden, wie z.B. nach Koordinations- und Anpassungskosten, Planungs- und Steuerungskosten, Kommunikations- und Informationsaustauschkosten, Suchkosten und weiteren Komplexitätskostenarten. Es gilt festzuhalten, dass die Kostenwirkungen und Ursachen der Komplexität meist nur ex post zu bestimmen sind.


Quellen

Schuh, G. (2005), Produktkomplexität managen: Strategien - Methoden – Tools, 2. Auflage, München 2005

Ehrlenspiel, K., Kiewert, A., Lindemann, U. (2007), Kostengünstig Entwickeln und Konstruieren : Kostenmanagement bei der integrierten Produktentwicklung, 6. Auflage, Berlin, Heidelberg, 2007

Homburg, C., Daum, D. (1997), Wege aus der Komplexitätsfalle, in: ZWF, Nr. 7-8, 1997, S. 333-335

Wildemann, H. (2009), Komplexitätsmanagement: in Vertrieb, Beschaffung, Produkt, Entwicklung und Produktion, 10. Auflage, München 2009


Ersteinstellende Autoren

Dipl.-Kffr. Judith Hülle

Prof. Dr. Klaus Möller


Kontaktadresse: Controlling@uni-goettingen.de


Homepage: www.controlling.uni-goettingen.de