Ermessensspielräume: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 11. März 2013, 13:39 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Ermessensspielräume
Im Gegensatz zu expliziten Wahlrechten stellen Ermessensspielräume hinsichtlich Ansatz und Bewertung von bestimmten Sachverhalten keine gewollten und in den einzelnen Gesetzen kodifizierten Freiräume im Rahmen der Darstellungsgestaltung dar. Ermessensspielräume ergeben sich immer dann, wenn dem Bilanzierenden
- für bestimmte Sachverhalte keine entsprechenden Regelungen zu Ansatz und Bewertung vorgegeben werden,
- zwar Regelungen für bestimmte Sachverhalte in den Standards festgeschrieben, aber aufgrund der notwendigen Allgemeingültigkeit so un-scharf formuliert sind, dass im Endeffekt dennoch Ermessensspielräume verbleiben,
- eigenes Ermessen in den Regelungen unvermeidbar ist und folglich abschlusspolitisches Potenzial bietet.
Im letzten Fall sind Ansatz und Bewertung eines bestimmten Sachverhalts hinreichend geregelt, jedoch die zur Bestimmung notwendigen Methoden bzw. Voraussetzungen nicht. Vielfalt und Komplexität ökonomischer Sachverhalte führen dazu, dass der Bilanzierende zur Abbildung von unternehmensindividuellen Sachverhalten in vielen Fällen Ermessensspielräume braucht, da eine vollständige Normierung der ökonomischen Realität praktisch unmöglich ist. Für den Bilanzierenden ergibt sich so eine Bandbreite zulässiger Wertansätze, aus denen derjenige zu wählen ist, der den unternehmensspezifischen Gegebenheiten und damit der wirtschaftlichen Realität am ehesten entspricht. Ermessensspielräume lassen sich dabei in Verfahrens- und Individualspielräume unterscheiden.
Verfahrensspielräume
Verfahrensspielräume ergeben sich im Gegensatz zu expliziten Wahl-rechten nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern aus fehlenden Detailregelungen. Der Bilanzierende wird in diesen Fällen gezwungen, ein bestimmtes – in Kommentierung und Praxis für zulässig erachtetes – Verfahren aufgrund seiner besseren Sachkenntnis der unternehmensindividuellen Gegebenheiten auszuwählen. Dabei ist zu beachten, dass dieses Verfahren den Anforderungen der zugrunde liegenden Rechnungslegung gerecht wird. Für unbestimmte Rechtsbegriffe und bei weit gefassten Bilanzierungsnormen ergeben sich dem Bilanzierenden so verschiedene – abschlusspolitisch nutzbare – Auslegungsalternativen, welche durch die mangelnde Überprüfbarkeit für einen externen Abschlussadressaten üblicherweise nicht mehr nach-vollziehbar sind.
Individualspielräume
Individualspielräume resultieren daraus, dass viele unternehmensindividuelle Sachverhalte aufgrund der mit Geschäftstätigkeiten verbundenen Unsicherheiten nicht präzise bewertet, sondern nur auf der Grundlage von zuletzt verfügbaren und verlässlichen Informationen geschätzt werden können. Individualspielräume sind demzufolge nicht als Entscheidungssituationen zwischen unterscheidbaren Alternativen anzusehen, vielmehr ergeben sie sich aus den subjektiven Entscheidungen des Bilanzierenden, der dabei alle relevanten Umstände zu beachten hat. Aus diesem Grund führen unvollkommene Informationen oder bestehende Unsicherheit über zukünftige Ereignisse seitens der Unternehmensleitung zu Schätzungen und Prognosen, die neben objektiv nachprüfbaren Vergangenheitswerten für vergleichbare Geschäftsvorfälle auch verschiedene subjektive Annahmen berücksichtigen.
Quellen
Reinke, Jens: Impairment Test nach IAS 36: Grundlagen, Durchführung, abschlusspolitisches Potenzial, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2009
Ersteinstellender Autor
Dr. Jens Reinke, Hamburg