Strategie und Taktik: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 30. Dezember 2015, 12:21 Uhr
Zu den Begriffen „Strategie“ und „Taktik“ sowie ihrer Beziehungen zueinander sind eine Vielzahl von Definitionen in Gebrauch. Allgemein wird Strategie als das Übergeordnete betrachtet, Taktik als das Untergeordnete. Taktik ist das, was – unter Berücksichtigung der jeweils aktuellen Rahmenbedingungen – getan werden muss, um die Strategie zu realisieren. Vereinfacht ausgedrückt:
- Strategie ist die Antwort auf die Frage „Was (soll erreicht werden)?“
- Taktik ist die Antwort auf die Frage „Wie (soll es erreicht werden)?“
Strategie und Taktik sind aber nicht nur unmittelbar miteinander verbunden, sondern auch „ineinander verwoben“:
Um die „große Strategie“ zu realisieren, müssen „heruntergebrochen“ einzelne Ziele erreicht werden. Diese Ziele beantworten – in Bezug auf die „große Strategie“ – die Frage „Wie?“ und könnten daher als Taktik bezeichnet werden. Andererseits sind diese Ziele in Bezug auf weiter „heruntergebrochene“ Teilziele übergeordnet, beantworten in Bezug auf jene die Frage „Was?“ und könnten daher als Strategie bezeichnet werden.
Die folgende Abbildung soll dies illustrieren:
Abbildung 1
Ob etwas also als Strategie (Was soll erreicht werden?) oder als Taktik (Wie soll es erreicht werden?) zu bezeichnen ist, wäre demnach eine Frage des Betrachtungsrahmens. Anders formuliert: „Strategie“ und „Taktik“ existieren nicht unabhängig voneinander sondern immer nur in Verbindung miteinander.
Will man nun eine schlüssige „Strategie und Taktik“ für die Umsetzung einer „großen Strategie“ ausarbeiten, stellen sich auf jeder Ebene die folgenden Fragen:
Warum ist es nötig, etwas zu erreichen? (insbesondere unter Berücksichtigung der übergeordneten Strategie) | Notwendigkeits-Annahme(n) |
Was soll erreicht werden? | Strategie |
Welche „Facts of live“ sind zu berücksichtigen, wenn eine Taktik gefunden / definiert werden soll, die – würde sie umgesetzt werden – dazu führt, dass die Strategie realisiert wird. | Parallele Annahme(n) |
Wie soll es erreicht werden? | Taktik |
Was muss bei der Umsetzung der Taktik unbedingt berücksichtigt werden (während eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass es nicht berücksichtigt wird)? | Vollständigkeits-Annahme(n) |
Dazu ein Beispiel:
Die folgende Übersicht skizziert die drei obersten Level einer ausgearbeiteten „Strategie und Taktik“ für ein konkretes Unternehmen, das im Projektgeschäft tätig ist, d.h.: das Unternehmen verkauft Projekte (z.B. Produktionsanlagen, Internetportale, Infrastruktur-Systeme).
Abbildung 2
Auf Level 1 wurde herausgearbeitet:
Strategie | […] |
Parallele Annahme(n) | […] |
Taktik |
|
Vollständigkeits-Annahme(n) | Ein entscheidender Wettbewerbsvorsprung entsteht dadurch, dass signifikante Kundenbedürfnisse in einem Umfang befriedigt werden, den kein bedeutender Wettbewerber leisten kann. |
Abbildung 3
Beim Lesen dieser Taktik stellt sich nun zwangsläufig die Frage, worin dieser Wettbewerbsvorteil bestehen soll – und genau darauf muss die Ebene (Level) 2 eingehen:
In der Notwendigkeits-Annahme wird zunächst hergeleitet, worin für dieses Unternehmen der konkrete Wettbewerbsvorteil bestehen soll (er ist nötig aufgrund der übergeordneten Taktik und die an ihn zu stellenden Anforderungen ergeben sich aus der Vollständigkeits-Annahme):
Notwendigkeits-Annahme(n) | Wenn (in einem Markt) die Liefertreue der Lieferanten notorisch schlecht ist und späte Lieferung große Konsequenzen für den Kunden hat, dann ist Zuverlässigkeit ein wesentliches Kundenbedürfnis. |
Abbildung 4
In dem konkreten Markt ist die Liefertreue er Lieferanten tatsächlich notorisch schlecht; alle Kunden klagen darüber und es ist allgemein bekannt, dass (ursprünglich vereinbarte) Liefertermine so gut wie nie eingehalten werden.
In dem konkreten Markt bedeutet späte Lieferung für den Kunden immer, dass er erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, späte Lieferung hat also große Konsequenzen für den Kunden.
Beide Tatsachen zusammen ergeben, dass Zuverlässigkeit ein wesentliches Kundenbedürfnis ist.
Die Tatsache, dass die Liefertreue in dem Markt notorisch schlecht ist, weist außerdem darauf hin, dass kein bedeutender Wettbewerber dieses Kundenbedürfnis erfüllen kann (sonst hätte er es schon längst getan und die Marktsituation würde sich anders darstellen).
Sind diese Notwendigkeits-Annahmen geklärt und akzeptiert (ohne dass man dabei schon über die Strategie sprechen muss), ergibt sich die abgeleitete Strategie „von selbst“:
Strategie | Das Unternehmen verfügt über einen entscheidenden Wettbewerbsvorteils, der darin besteht, dass dem Markt – den (potenziellen) Kunden – bekannt ist, dass das Unternehmen bemerkenswert zuverlässig ist – bei gleichzeitiger Stabilität aller anderen Parameter. |
Parallele Annahme(n) | Versprechen allein erzeugen keinen Wettbewerbsvorteil. Versprechen mit Geld zu unterlegen (insbesondere wenn niemand sonst dazu bereit ist) ist überzeugend. |
Taktik |
|
Vollständigkeits-Annahme(n) | [..] |
Abbildung 5
Konkretisieren wir nun die Abbildung 2, ergibt sich – unter Berücksichtigung der vorangehenden Überlegungen – folgendes:
Abbildung 6: Strategie und Taktik auf den einzelnen Konkretisierungs-Ebenen
Auf welcher Ebene eine S&T-Paar angesiedelt ist, wäre dann nicht durch die Zuordnung zu einem allgemein gültigen Gliederungsschema bedingt, sondern nur durch die Konkretisierungstiefe. Es ist gleichgültig, ob in einem S&T-Paar die Kunden-, Finanz-, Prozess-, Mitarbeiter-, … -Perspektive (oder mehrere davon) angesprochen wird/werden.
Eine derart strukturierte Aufarbeitung der „Strategie und Taktik“ hilft nicht nur dabei, ihre Schlüssigkeit auf Herz und Nieren zu prüfen, sondern ist gleichzeitig ein hervorragendes Kommunikationsinstrument. Denn: WAS zu erreichen ist und WIE es erreicht werden soll, wird – in jedem einzelnen Fall – nicht als „verordnet“ sondern als Ergebnis logischer Überlegungen in Verbindung mit der Verifizierung von Annahmen erkannt.
Damit sollten auch die Widerstände gegen die „Strategie und Taktik“ selbst sowie gegen ihre stringente Umsetzung sinken.
Zusätzlich ermöglicht es diese Darstellung, den Realisierungsgrad der Gesamtstrategie mittels eines strukturiert angelegten Review-Verfahrens zu überprüfen.
Literatur
Faßnacht, K.: Ziel-Mittel-Schema und Planung, in: Kosiol, E., Chmielewicz, K., Schweitzer, M. (Hrsg.): Handwörterbuch des Rechnungswesens, 2. Auflage, Stuttgart 1981, Sp.2295-2301.)
Ersteinstellender Autor
Uwe Techt
uwe.techt@vistem.eu